9.

[58] Von Jugend ist die Red' allhie

Wie plauderhaft und närrisch die.


Darnach kam Jugend, und mir däucht

Daß ihr das Antlitz glänzt und leucht't.

Ich wähn', daß sie nicht älter war,

Bei alle dem, als wie zwölf Jahr'.

Sie ist gar einfach und sie ist

Ganz ohne Arg' und ohne List,

Doch heiter war und lustig sie.

Ein junges Ding das grämt sich nie

Als um sein Spiel, das glaubet mir.

Ihr Freund war so vertraut mit ihr,

Daß er sie bei dem Führen küßt,

So oft es ihm gefällig ist,

Daß es der vorige Reigen sah,

Und Keinem war's zum Aerger da;

Denn da sie noch nicht reif zur Zeit,

Sah ohne Arg' mau alle Beid'[59]

Sich küssen als ein Taubenpaar.

Gar schön und jung; der Bube war,

Von gleichem Alter immerhin,

Als die Geliebt', von gleichem Sinn.

Also nun tanzten hin und her

Die Leutchen da, und And're mehr;

Die ihnen folgeten zur Zeit,

Gar wohl gezog'ne hübsche Leut',

Und Leute fein, und wohl entstammt

War'n eben, auch sie insgesammt.


Quelle:
Guillaume de Lorris: Das Gedicht von der Rose. Berlin 1839, S. 58-60.
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