Fünfter Auftritt.


[59] Robert hat eine Flinte umhängen. Kathrine.


KATHRINE. Wie schauerlich das hier ist! Wir sind schon so weit vom Schlosse. Wo sind wir nur, Herr Robert?

ROBERT. Im Heimlichen Grund, Kathrine.

KATHRINE. Im Heimlichen Grund? Wo's so unsicher ist? Wo immer die Wilddiebe aus dem Herzoglichen –? Sieht sich ängstlich um.

ROBERT. Ohne Sorgen, Kleine; wir haben einen sichern Begleiter bei uns. An sein Gewehr schlagend. Siehst du dort?

KATHRINE. Etwas schimmern wie eine weiße Wand und dunkle Laden daran –

ROBERT. Das ist das Jägerhaus.[59]

KATHRINE. Wirklich? Ja, Gott sei Dank! Jetzt seh' ich das Hirschgeweih oben am Forst gegen den Abendhimmel.

ROBERT. Hier ist der Brief. Aber so frei in der Hand darfst du ihn nicht tragen. – Hast du auch einen Vorwand? Wenn der Alte dir begegnen sollte?

KATHRINE verschämt und selbstzufrieden lächelnd. Ach, Herr Robert, sollte ein Mädchen so dumm sein? Da machen Sie sich keine Sorge. Meine kleinen Schwestern lernen stricken und nähn bei der Mamsell – da.

ROBERT macht den Brief zusammen, in den er sah. Nun hier, Kathrine. Aber nur in Mariens oder ihrer Mutter Hände gibst du den Brief, niemandem sonst, auch Andres und Wilhelm nicht. Nur in ihre eigenen oder in ihrer Mutter Hände. –

KATHRINE. Aber so weit soll ich noch allein?

ROBERT. Kaum zwei Büchsenschüsse weit. Mich darf niemand in der Nähe des Jägerhauses sehn. – Heimwärts gehst du die Straße. Nur wenn du den Brief nicht hast anbringen können, kommst du hierher zurück.

KATHRINE. Aber daß Sie auch nicht fortgehn.

ROBERT. Nein, Kathrine. Hier bleib' ich.


Kathrine ab.


Quelle:
Otto Ludwig: Werke. Leipzig und Wien [1898], S. 59-60.
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