XVIII.

28OWie ist die barmhertzigkeit des HERRN so gros / vnd lesset sich gnedig finden / denen so sich zu jm bekeren. 29Denn was kan doch ein Mensch sein /Sintemal er nicht vnsterblich ist? 30Was ist heller denn die Sonne? Noch mus sie vergehen / Vnd was fleisch vnd blut dichtet / das ist ja böse ding. 31Er sihet die vnmessige höhe des Himels / Aber alle Menschen sind erden vnd staub.

1DEr da aber ewig lebet / alles was der macht / das ist volkomen. 2Der HERR ist allein Gerecht / Niemand kan seine Werck aussprechen / Wer kan [187a] sein grosse Wunder begreiffen? 3Wer kan seine grosse macht messen? 4Wer kan seine grosse barmhertzigkeit erzelen? 5Man kan sie weder wehren noch mehren / vnd kan seine grosse Wunder nicht begreiffen.

6ABer ein Mensch / wenn er gleich sein bestes gethan hat / so ists noch kaum angefangen / Vnd wenn er meinet / er habs volendet / So feilet es noch weit. 7Denn was ist der Mensch? Wo zu taug er? Was kan er fromen oder schaden thun? 8Wenn er lange lebet /so lebet er hundert jar. Gleich wie ein Tröpfflin wassers gegen das Meer / vnd wie ein Körnlin / gegen dem sand am Meer / So geringe sind seine jare gegen die Ewigkeit.

9DArumb hat Gott gedult mit jnen / vnd schüt seine Barmhertzigkeit aus vber sie. 10Er sihet vnd weis wol / wie sie alle des Todes sein müssen / 11Darumb erbarmet er sich deste reichlicher vber sie. 12Eins Menschen barmhertzigkeit / gehet allein vber seinen Nehesten / Aber Gottes barmhertzigkeit / gehet vber alle Welt. 13Er straffet vnd züchtiget / Er leret vnd pfleget / wie ein Hirte seiner herde. 14Er erbarmet sich aller / die sich ziehen lassen / vnd vleissig Gottes wort hören.


15MEin Kind / Wenn du jemand guts thust / So mache dich nicht vnnütz / Vnd wenn du etwas gibst /So betrübe jn nicht mit harten worten. 16Der Thaw kület die Hitze / Also ist ein gut wort besser denn die Gabe / 17Ja ein wort ist offt angenemer / denn ein grosse gabe / Vnd ein holdseliger Mensch gibt sie alle beide. 18Ein Narr aber rückts einem vnhöflich auff /Vnd ein vnfreundliche Gabe ist verdrieslich.

19LErne vor selbs / ehe du ander lerest. 20Hilff dir vor selber / ehe du andere artzneiest. 21Straffe dich vor selbs / ehe du andere vrteilst / So wirstu gnad finden / wenn andere gestrafft werden.

22SPare deine Busse nicht / bis du kranck werdest / Sondern bessere dich / weil du noch sündigen kanst. Verzeuch nicht from zu werden / vnd harre nicht mit besserung deines Lebens / bis in den Tod.

23VNd wiltu Gott dienen / so las dirs ernst sein /auff das du Gott nicht versuchest / 24Gedenck an den zorn / der am ende komen wird / vnd an die rache /wenn du dauon must. 25Denn wenn mansat ist / Sol man gleich wol dencken / das man wider hungern kan / Vnd wenn man reich ist / Sol man dencken / das man wider arm werden kan. 26Denn es kan vor abends wol anders werden / weder es am morgen war / Vnd solchs alles geschicht bald fur Gott.

27EJn weiser Mensch / ist in diesem allem sorgfeltig / vnd hütet sich fur sünden / weil er noch sündigen kan. 28Wer verstendig ist / der nimpt solche Weisheit an / Vnd wer sie kriegt / der lobet sie. 29Wer solche Lere gelernet hat / der kan sich weislich halten / vnd wol dauon reden zur besserung.


Quelle:
Martin Luther: Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. 2 Bände, München 1972.
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