2.

[746] Aufgeschmückt ist der Freudensaal.

Lichterhell, bunt, in laulicher Sommernacht

Stehet das offene Gartengezelte.

Säulengleich steigen, gepaart,

Grün-umranket, eherne Schlangen,

Zwölf, mit verschlungenen Hälsen,

Tragend und stützend das

Leicht gegitterte Dach.


Aber die Braut noch wartet verborgen

In dem Kämmerlein ihres Hauses.

Endlich bewegt sich der Zug der Hochzeit,

Fackeln tragend,

Feierlich stumm.

Und in der Mitte,[746]

Mich an der rechten Hand,

Schwarz gekleidet, geht einfach die Braut;

Schöngefaltet ein Scharlachtuch

Liegt um den zierlichen Kopf geschlagen.

Lächelnd geht sie dahin; das Mahl schon duftet.


Später im Lärmen des Fests

Stahlen wir seitwärts uns beide

Weg, nach den Schatten des Gartens wandelnd,

Wo im Gebüsche die Rosen brannten,

Wo der Mondstrahl um Lilien zuckte,

Wo die Weymouthsfichte mit schwarzem Haar

Den Spiegel des Teiches halb verhängt.


Auf seidnem Rasen dort, ach, Herz am Herzen,

Wie verschlangen, erstickten meine Küsse den scheueren Kuß!

Indes der Springquell, unteilnehmend

An überschwenglicher Liebe Geflüster,

Sich ewig des eigenen Plätscherns freute;

Uns aber neckten von fern und lockten

Freundliche Stimmen,

Flöten und Saiten umsonst.


Ermüdet lag, zu bald für mein Verlangen,

Das leichte, liebe Haupt auf meinem Schoß.

Spielender Weise mein Aug auf ihres drückend

Fühlt ich ein Weilchen die langen Wimpern,

Bis der Schlaf sie stellte,

Wie Schmetterlingsgefieder auf und nieder gehn.


Eh das Frührot schien,

Eh das Lämpchen erlosch im Brautgemache,

Weckt ich die Schläferin,

Führte das seltsame Kind in mein Haus ein.


Quelle:
Eduard Mörike: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1967, S. 746-747.
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