Fünfter Auftritt.

[48] Die Vorigen. Lieschen.


LIESCHEN. Ach Vatter! alles Unglick trifft heint zesamme!

CAPITAIN. No?

LIESCHEN. Der Weigenand, ach! der hot sich den ganze Ahrm kriminal verbrennt.

CAPITAIN. No! dem wern ich e Plaster verrothe.

LIESCHEN. Un Ängstlich. un –

CAPITAIN. No! un?[48]

LIESCHEN. Ach! die Gretche! –

CAPITAIN. No! eraus dermit –

LIESCHEN. Ach Vatter! erschrecke se awwer net.

CAPITAIN. Geb's von der!

LIESCHEN. Ach! die Gretche is fort – schond seit gestert Awend – Ach! un wahrscheinlich mit dem Offizier.

CAPITAIN. Dorchgange?

LIESCHEN. Ja! Uff ihr'm Dischi hot se den Brief leye losse; er is an Ihne. Gibt ihm den Brief.

CAPITAIN. Ach, was e Schand for uns! Liest. An Herrn Zape – Zape – Kabbedehn Kimmelmeyer. Erbricht den Brief und liest ferner.


Liebster Herr Onkel!

»Verschiedene Beweggründe haben mich bewogen Sie zu verlassen; besonders aber die Liebe: die Liebe, ach die Liebe hat mich so weit gebracht!« –


Do hammersch, des kimmt all von dem verfluchte Komedi laafe – do ewens lerne se die Lumbereye! Fährt fort zu lesen.


»Der Herr Lieutenant von Daxowitz besitzt mein ganzes Herz. Nur in seinen Armen werde ich glücklich, werde ich die Gattin und Mutter, wie sie sein sollte, sein.

Von seiner Liebe, von seiner Treue bin ich überzeugt; deswegen wagt ich diesen Schritt. Ich widme ihm mein ganzes Leben, er widmet mir sein ganzes Leben.

Für alles Gute was ich in Ihrem Hause empfing, werde ich Ihnen ewig dankbar sein. Auch als Frau von Daxowitz werde ich mich zuweilen Ihrer Familie erinnern.«


Canaille! werschtde?


»Alle weiteren Nachforschungen nach mir sind vergebens – denn ich bin in sichern Händen.«

Margerethe, Maria Catharina

Kimmelmeier.
[49]

LIESCHEN. Den Brief hot er gewiß der Daxowitz diktirt.

CAPITAIN. Der Lump, der Verfihrer!

LIESCHEN. Sie sin gewiß noch net weit, wann mer se verleicht noch einhole kennt?

CAPITAIN. Du host recht, Liesi, awwer wie mache mersch – die Haaptsach is, daß die Sach verdukkelt werd, dann die Schand iwwerleb' ich net!

LIESCHEN. Wann mer nor wißt, wo se enaus wehrn?

MILLER. Laafe se uff die Post, Herr Kabbedehn, do kenne ses gewiß erfahrn.

CAPITAIN. Nor daß nix unner die Leit kimmt.

LIESCHEN. Ja Vatter, laafe se uff die Post.

CAPITAIN. Es is net annerschter, uff die Post! Miller, mein Hut, mein Stock! – Wahrt Osemädge, wann ich der uff die Spur komme; dich un dein lumbige Baron werd der –! Miller, komm er!


Capitain und Miller ab.


Quelle:
Carl Malß: Volkstheater in Frankfurter Mundart. Frankfurt a.M. 31884, S. 48-51.
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