II.

[278] Am andern Vormittage sitzt der Herr Rentier August Hildebrandt an seinem Geldschranke und – – schreibt keine Nummern. Das ist eine ganz außergewöhnliche Erscheinung, die ihren Grund in dem Verdrusse hat, den ihm die Abwesenheit des Dieners bereitet.

Wie soll er es anfangen, einen neuen zu bekommen, wenn Christian nicht zurückkehrt? Nach Wiesenburg gehen, nachdem er so viele Jahre sich in der Stadt nicht hatte sehen lassen? Oder – nein, er will sich jetzt nicht weiter sorgen, sondern ruhig abwarten, ob der abtrünnige Diener sich nicht sehen lassen werde. Das Nöthigste ist ja vorhanden und das Uebrige muß sich ja später finden.

»An dem Allen ist Niemand schuld als sie, wegen der mein Leben ein so einsames geworden ist. Sie mußte wissen, daß ich mir unsre Entzweiung so tief in das Gemüth nehmen würde.«

Er stößt den Hund, welcher ihn liebkosend umstreicht, unwirsch[278] von sich, ein Fall, der außerordentlich zu nennen ist, und greift nach der Photographie.

»Was würde ich wohl thun, wenn ich ihr einmal begegnete? Und wie würde sie sich wohl dabei verhalten? Ich würde sie nicht sehen, sie nicht kennen, sie gar nicht bemerken. Diese schönen Züge konnten so schmählich täuschen und das vergebe ich ihnen nie, nie, nie! Ich hasse sie, hasse sie wie ihre Katzen, diese gleißenden, sanften Thiere, deren Krallen und Zähne doch so spitz und scharf sind!«

Es klingelt am Entrée, welches er von innen verriegelt hat. Er horcht auf. Sollte es Christian sein? Als er öffnet, sieht er sich einem weiblichen Wesen gegenüber, welches ihn mit prüfenden Blicken betrachtet.

»Was wollen Sie?«

»Entschuldigen Sie, sind Sie Herr Hildebrandt?«

»Ja.«

»So erlauben Sie, daß ich eintrete. Ich habe eine wichtige Botschaft zu bringen.«

Er geht mit ihr in das Zimmer und blickt ihrer Mittheilung erwartungsvoll entgegen. Sie sieht sich in dem Raume um und bemerkt dabei das Bild. Bei dem Anblicke desselben zieht sie ihr Taschentuch hervor und bricht in Thränen aus.

»Was weinen Sie?«

»Warum ich weine?« antwortete sie schluchzend. »Ach ja, Sie können es ja nicht wissen, daß sie gestorben ist!«

»Wer ist gestorben?«

»Wer anders als meine liebe, meine gute Herrin. Sie müssen sie ja gekannt haben, denn dort sehe ich ihr Bild und sie hat Sie ja auch zum Universalerben eingesetzt!«

»Wer ist – Auguste – – Fräulein Hildebrandt in Wiesenberg ist gestorben?« ruft er, indem sich eine tiefe Blässe über sein Gesicht breitet. »Wann denn?«

»Vor vier Tagen. Sie hat keine besondere Krankheit gehabt, sondern sich langsam abgehärmt und ist dann eingeschlafen. Ich habe sie gepflegt bis zum letzten Augenblicke und will nun ihren letzten Befehl erfüllen.«

»Welchen?«

»Sie sagte mir kurz vor ihrem Tode: Laß mich begraben und dann gehst Du nach Wiesenburg zu meinem Cousin. Er ist mein einziger Erbe und soll dasselbe sofort antreten.«

Er hört kaum, was sie sagt. Es flimmert ihm vor den Augen; es schwirrt ihm um die Ohren; die Nachricht, daß seine Feindin gestorben sei, hat ihn mehr angegriffen, als es bei feindseligen Gefühlen zu geschehen pflegt. Er steht da und starrt auf das Bild, ohne zu bemerken, daß die Botin sich leise entfernt hat. Er gewahrt es erst, als er sich von seiner Bestürzung erholt hat und nun weiter fragen will.

»Sie ist fort. Sie hat keine Zeit und will vielleicht mit dem nächsten Zuge zurückkehren. Ich hätte sie anders empfangen und auch bewirthen sollen, aber Christian ist nicht da, und mich hat die Nachricht so angegriffen, daß ich gar nicht weiß, an was ich gedacht habe. Hier ist auch gar keine Zeit sich Gedan ken zu machen, ich muß nach Wiesenberg und das auf der Stelle!«

Er kleidet sich um, schließt die Hunde ein, denen er erst die nöthige Fütterung vorlegt und steht schon im Begriff, das Haus zu verlassen, als ihn die Schlüssel, welche er abgezogen hat, in Verlegenheit bringen.

»Wo thu' ich sie hin? Mitnehmen? Nein, das inkommodirt. Ich lege sie auf den Kassenschrank, der Hausschlüssel kommt auf das Fenster neben der Thür, welches ich nur anlege, und das Gitter bleibt unverschlossen, damit Christian herein kann, wenn er kommt!«

So geschieht es, und dann schreitet er der Straße zu, welche nach der Haltestelle führt. Die Botin ist dort nicht zu sehen, doch kümmert ihn das nicht. Er besteigt ein Coupé des bald anlangenden Zuges und steht nach einigen Stunden vor dem gothischen Häuschen seiner einstigen Geliebten. Er hat es zwar noch nicht gesehen, aber davon gehört; die Aehnlichkeit mit dem seinen kann ihn also nicht überraschen.

Das Gitterthor steht offen. Er schreitet über den Hof und klingelt am Entrée. Alles bleibt still. Da probirt er das nächste Fenster, mehr unwillkürlich als mit einer besondern Erwartung. Es läßt sich aufstoßen, und er fühlt mit der Hand den Schlüssel liegen. Die Thür wird geöffnet, auch die Zimmerthür, welche unverschlossen ist, und nun sieht er sich in dem Raume um, wo sie sich »langsam abgehärmt hat,« gewiß nur um seinetwillen.

Auf dem Sekretär liegen sämmtliche Schlüssel. Er nimmt sie und öffnet einen Raum nach dem andern. Es ist ihm, als befinde er sich in den geheiligten Hallen eines Tempels, sein Herz klopft ganz anders als bisher, so weich und nachgiebig, und als er dann in das Wohnzimmer zurückkehrt und, den Sekretär öffnend, in der Nische desselben sein eigenes Bild und dann in einem Fache alle jene nur der Liebe wichtigen Kleinigkeiten bemerkt, welche Auguste einst von ihm empfangen hat, da tritt es ihm feucht und warm in die Augen und er muß sich niederlassen, um auszuruhen, nicht von dem heut zurückgelegten Wege, sondern von der inneren Qual so langer, langer Jahre.

So sitzt er da. Viertelstunde um Viertelstunde vergeht; er merkt es nicht. Endlich weckt ihn ein lautes Kreischen in den obern Räumen des Hauses. Er steigt die Treppe empor, öffnet eine Thür und sieht die hier gefangen gehaltenen Lieblinge der Todten. Freundlich schnurrend und katzbuckelnd streichen sie ihm um die Beine; er kann nicht anders, er muß sich bücken, um einer nach der andern über das seidenweiche Fell zu streicheln.

»Euch hat ihre Hand wohl tausendmal berührt; Ihr sollt nicht verwaist sein! Ich nehme Euch mit zu mir!«

Er schließt wieder zu und steigt hinab. Die »falschen, heimtückischen« Thiere sind ihm plötzlich theuer geworden.

Kaum weiß er, was er jetzt beginnen soll. Zurück nach Wiesenburg muß er, das ist sicher, und doch kommt auch die Botin nicht, welche er hier bis auf Weiteres zurücklassen könnte. Er, der Menschenscheue, geht in die Stadt, sich einen Fuhrmann zu holen, der die Katzen nach der Station bringen soll. Es gelingt ihm auch, einen solchen zu finden. Wäsch- und Deckelkörbe sind zur Genüge da, und so schwer das Verladen der widerspänstigen Thiere fällt, es gelingt doch und der Wagen geht ab. Nun legt er alles Geld und die sämmtlichen Werthobjekte in eine vorgefundene Reisetasche, verschließt das Haus ganz in der Weise wie er es vorgefunden hat, und wandert der Haltestelle wieder zu.

Die Zeit hat ihm nicht erlaubt, das Grab der Todten zu besuchen, Visiten zu machen und die sonst nöthigen Förmlichkeiten zu erfüllen; er kommt ja morgen wieder, wo er das Dienstmädchen ganz sicher antreffen und alles Versäumte einbringen wird. An der Bahn holt er den Fuhrmann ein und besorgt, ohne überflüssige Worte mit ihm zu wechseln, die Expedition seiner wunderlichen Fracht, welche sich in ihr Schicksal gefunden hat und nicht das mindeste Geräusch von sich giebt. – –

An demselben Vormittage sitzt die Rentière Fräulein Auguste Hildebrandt vor ihrem Sekretär und – – zählt keine Thalerstücke. Der Grund zu dieser Unterlassungssünde ist die verdrießliche Lage, in welche sie sich durch die übereilte Ablohnung ihrer Dienerin gebracht hat.

Was soll sie thun, um die Fortgegangene zu ersetzen? Etwa in die Stadt gehen und nach einem Mädchen hausiren, sie, die vor vielen Jahren den Ort zum letzten Male betreten hat? Nein; jedenfalls kommt Christine wieder; so ist es stets gewesen und so wird es auch heut wieder sein. Was für heut gebraucht wird, ist vorhanden, und das Uebrige muß man eben ruhig abzuwarten suchen.[279]

»An dieser Verlegenheit ist wieder kein Anderer Schuld als er, dem ich alles Unangenehme zu verdanken habe. Er wußte, wie schwer ich unter seinem Verrathe leiden würde!«

Sie wirft die Katze, die soeben in ihren Schooß gesprungen ist, wieder hinab, ein Fall, der sonst gar nicht denkbar war, und greift nach seinem Bilde.

»Wie lieb ich ihn gehabt habe, den Treulosen! Ich sehe es jetzt täglich an der Größe meines Hasses. Ich kann viel, ich kann Alles vergeben, aber dies nie, niemals. Und wenn er mir zu Füßen läge und unter tausend Thränen um Gnade und Erbarmen flehte, ich stieß ihn von mir und würdigte ihn keines einzigen Wortes. Er hat es nicht anders verdient; er hat kein Zartgefühl, er ist rücksichtslos und ungeleckt wie seine Hunde, von denen er nichts Bessers lernen kann!«

Die Klingel wird gezogen.

»Das ist Christine. Gut, daß sie kommt!«

Sie öffnet und erstaunt, einen vollständig fremden Mann vor sich zu sehen.

»Wer sind Sie?«

»Ich bin der Diener des Herrn Rentier Hildebrandt in Wiesenburg und komme – – –«

»Nein,« fällt sie ihm rasch in die Rede, »Sie kommen nicht, sondern Sie gehen, und zwar sogleich!«

»Verzeihen Sie, Fräulein! Ich habe Ihnen – – –«

»Wollen Sie sofort diesen Ort verlassen, oder soll ich nach der Bedienung rufen?«

Der Mann blickt ihr lächelnd in das Gesicht.

»Ihre Bedienung ist nicht anwesend, ich brauche also keine Angst zu haben und sehe vielmehr, daß Sie vor mir sich fürchten. Darum will ich Ihnen nicht länger zur Last fallen, sondern Ihnen kurz meine Botschaft ausrichten. Mein Herr ist gestorben und gestern begraben worden. Sie sind seine Universalerbin, und er trug mir kurz vor seinem Tode auf, nach dem Begräbnisse zu Ihnen zu gehen, damit Sie sich darnach richten könnten. Adieu!«

Er geht. Sie hat die Thür erfaßt und lehnt an derselben, kaum fähig, sich aufrecht zu erhalten. Sie ist nicht im Stande, ein Wort auszusprechen, um den Mann zurückzurufen; sie zittert am ganzen Körper, und ihr Athem stockt unter dem Schreck, den die Botschaft ihr verursacht hat.

»Mein Gott,« haucht sie endlich, »ist das denn nur möglich! Er ist todt und ich habe ihn nicht zuvor gesehen; er ist schon begraben und ich bin nicht dabei gewesen? Welch eine Beruhigung wäre es für mich gewesen, mit eigenen Augen zu sehen, daß mein Todfeind keine Macht mehr über mich hat!«

Sie ahnt nicht, daß ihr mit diesen Worten ein unbewachtes Geständniß entschlüpft; auch zeigt sie in diesem Augenblicke nicht die geringste Spur von Beruhigung, und als sie nun in das Zimmer zurückkehrt, liegt eine beinahe leichenhafte Blässe auf ihrem Angesicht, und ihre Augen suchen wie angstvoll nach dem Bilde, als könne sie es mit dem Originale auch verloren haben.

»Was ist nun zu thun? Ich kann nicht fort und muß doch fort. Daß auch Christine gestern gehen mußte!«

Sie schreitet wie fieberhaft aus einem Raume in den andern; sie sinnt und sinnt, was sie beginnen solle und bemerkt nicht, daß sie sich dabei zur Reise ankleidet. Endlich lockt sie die Katzen, welche sie in einem der oberen Zimmer einschließt, steckt das nöthige Geld zu sich und sieht sich auch jetzt noch rathlos dem so plötzlich über sie hereingebrochenen Ereignisse gegenüber.

»Was thue ich nur mit den Schlüsseln? Ich mache es wie früher, als wir noch in Wiesenthal wohnten und ich täglich mit ihm promeniren ging, ich lege die Schlüssel auf den Sekretär, laß das Zimmer unverschlossen und plazire den Entréeschlüssel hinter das herangezogene Parterrefenster. Ein Fremder findet sie nicht, und wenn Christine zurückkehrt, kann sie in das Haus.«

Sie führt diesen Vorsatz aus und wandert dann der Haltestelle zu. Dort braucht sie nicht lange auf den nächsten Zug zu warten. Sie steigt ein, erreicht die kleine Station und setzt hier ihre Wanderung fort, bis sie am Hause des Verstorbenen steht. Es ist ihr, als sei sie in der Heimath angelangt. Sie geht durch das offene Gitterthor und klingelt. Kein Mensch läßt sich hören. Da stößt sie das Fenster auf und findet den Schlüssel. Sie öffnet und tritt aus dem Flur in das Zimmer.

Hier weht es sie an wie Geisterhauch; es ist ihr, als webten die zurückgelassenen Grüße des Todten in der lautlosen Stille, und sie sinkt erschüttert in einen Sessel.

Hier hat er gelebt und geathmet. Mit einem Fluche auf den Lippen oder mit einem segnenden Worte für sie? Gewiß hat er wenigstens an seinem Ende ihrer freundlich gedacht, sonst hätte er ihr nicht ein so reiches Erbe hinterlassen. Und welche zarte Schonung von ihm, daß er sie seinen Tod erst nach der aufreibenden Beerdigung hat wissen lassen! Hat sie das Alles an ihm verdient? Die Vergangenheit geht an ihr vorüber, und zum ersten Male kommt ihr die Erkenntniß, daß sie gefehlt, unverantwortlich gefehlt habe. Sie denkt der einsamen Jahre, die sie vertrauert hat, an ihren Haß gegen ihn, der so wenig ächte Weiblichkeit und Demuth bei ihr gefunden, und sie möchte Alles hingeben für einen einzigen jener glücklichen Tage der Liebe, möchte hinauseilen auf den Kirchhof und ihn mit den Händen aus der Erde scharren, wenn er dadurch wieder lebendig werden könnte.

So sitzt sie da und klagt sich an, giebt sich allein die Schuld, bis sie durch ein dumpfes Heulen aus ihrem Sinnen geweckt wird. Sie erhebt sich und geht hinaus, um den Verschlag zu öffnen, aus welchem die Töne kommen. Es fehlt ihr der Schlüssel. Sie kehrt zurück und sucht, bis sie das Gesuchte auf dem Schranke findet. Als sie öffnet, springen ihr seine Lieblinge dankbar freudig entgegen. Er hat sie gepflegt, sie sind seine einzigen Freunde gewesen, und so läßt sie sich ihr zutrauliches Schmeicheln gefallen und findet, daß es gar keine so schlimmen »Bestien« sind, wie sie sich immer eingebildet hat.

»Ihr habt den Herrn verloren,« tröstete sie, als könnten sie ihre Worte verstehen, »und Ihr sollt eine gute Herrin an mir finden. Ich nehme Euch mit nach Hause.«

Sie sucht in der Küche nach Eßbarem, und als sie es gefunden hat, füttert sie einen nach dem andern, und es ist ihr, als erweise sie damit dem Hingeschiedenen selbst eine Liebe.

Nun geht sie an das Durchsuchen der Zimmer. Ihr geübter Blick erkennt zwar sofort, daß hier eine weibliche Hand gefehlt habe, aber sie sieht doch Alles in einer anmuthenden Nettigkeit, für welche sie dem so Verhaßten gar keinen Sinn zugetraut hätte. Als sie den Geldschrank öffnet, findet sie aus den sorgfältig geführten Büchern den Beweis, daß sie ihn mit ihrer höheren Steuerklasse doch nicht ausgestochen habe. Sie zieht jedes Fach hervor und sieht nun auch ihre Photographie unter einer Menge von Andenken, die sich nur auf ihre Person beziehen. Alles zeugt davon, daß er sie oft hervorgezogen und betrachtet habe.

»Er hat mich lieb behalten, und ich – – o ich undankbares, treuloses Geschöpf!«

Sie schlägt die Hände vor die Augen und weint, weint bitterlich über ihre Verblendung, so daß die Hunde sie ganz verwundert anblicken und ihr herzzerreißendes Schluchzen mit keinem Laute unterbrechen. Sie küßt die Bücher, in denen seine Augen geruht und über welche seine Hände geglitten; sie nimmt sein Brustbild von der Wand und drückt es inbrünstig an ihr Herz, als ob es der Todte selber sei; sie muß Alles in die Hände nehmen, was er berührt und getragen hat, und immer ruft sie aufs Neue:

»Wie wollte ich jetzt ganz anders sein, wenn ich ihn noch lebend sehen könnte!«

So vergeht die Zeit. Sie denkt an keine der Formalitäten, die sie zu erfüllen hat; sie weiß ja auch nur Wenig oder gar Nichts von ihnen und denkt erst an den Aufbruch, als ihr keine Frist mehr übrig bleibt.

»Jetzt muß ich fort; aber morgen komme ich wieder!«

Sie nimmt alle Papiere und Sachen von Werth an sich, ruft die Hunde und verschließt das Haus gerade so, wie sie das Ihrige verschlossen hat. Freudig umsprungen von den vierbeinigen Gefährten, die froh sind, ihre Freiheit wieder erlangt zu haben und ihr willig folgen, schreitet sie durch die Abenddämmerung der Haltestelle zu. Sie ahnt nicht, daß diese Willigkeit der Thiere durch die Spur zu erklären ist, die sie von ihrem Herrn gefunden haben. Sie läßt sich auch nicht beirren durch die verwunderten Blicke, welche man ihr wegen einer so zahlreichen und seltenen Begleitung zuwirft. Sie löst für dieselben die nöthigen Billets und steigt, als der Zug kommt, mit einem Gefühle ein, als sei sie durch den Schmerz um den Verstorbenen und die Reue über ihre Fehler von einem Drucke befreit, dem sie im Laufe der Zeit ganz sicher noch erlegen wäre. –[292]

Quelle:
Die Universalerben. Eine rachgierige Geschichte von Karl Hohenthal. In: All-Deutschland! 3. Jg. Stuttgart (1879). Nr. 19, S. 292-293.
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