5. Zur »Reform« der Prostitution
Die Lüge der »platonischen« Bekämpfung der Prostitution – Der angebliche Ersatz der Prostitution durch Ethik, Vegetarianismus, Drucksorten, Zander-Gymnastik und Familienleben – Entbehrlichmachung der Prostitution – Ein denkbarer Weg – Noch einmal das »Spiel der Martier« – Noch einmal »erotische Freundschaft« – Der offizielle Flirt der englischen Gesellschaft, ein Anfang – Der Reformator als Mittler zwischen den Schmerzen der Gegenwart und dem Stern des Ideals.

[204] Daß auch für die Vorgänge der Prostitution eine Reform, welche ihren Vorgängen einen menschenwürdigeren Verlauf sichert, nicht unmöglich sei, können wir teils aus der Vergangenheit schließen, welche ja zeitweilig eine heilige und hochkultivierte Prostitution kannte, teils aus Formen der Prostitution, wie sie auch in der Gegenwart bei manchen Völkern bestehen. So schildert Robert[204] Hessen die Prostitution in Japan44 als ein »zweckmäßig hygienisch eingerichtetes Institut zur Gesunderhaltung eines kräftigen Volkes, das die Vorzüge der Askese vor der Ästhetik nicht einsieht, weil es niemals durch die kränkelnd idealisierende Vorstellung von der ›Abtötung des Fleisches‹ aufgeregt und um alle Freude an der Natur gebracht worden war«. Auf Grund freier Kontrakte vermieten sich in Japan junge Mädchen den Freudenhäusern, ohne deswegen zum »Abschaum der Menschheit«, ohne aus dem Rahmen der Gesellschaft herausgedrängt zu werden. Durch die Verhinderung ihrer Ausplünderung von seiten der Inhaber der Freudenhäuser gelangen sie schon nach wenigen Jahren in den Besitz von Vermögen, so daß es ihnen schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit – und dies ist der springende Punkt! – möglich ist, sich zurückzuziehen, worauf sie gewöhnlich heiraten, »da kein sozialer Makel ihnen anhaftet«. Die Mädchen bleiben also nicht ihr Leben lang bei diesem »Dienst«, auch dürfen sie in keiner Weise auf die viehische Art in Anspruch genommen werden, wie bei uns zulande. Während also bei uns die Dirne unbedingt vertieren muß und ihr Herausfall aus dem Rahmen der Gesellschaft dadurch fast selbstverständlich wird, ist dies in Japan ganz und gar nicht der Fall. Die Geisha verliert nicht ihre Frische, nicht ihre geistige Persönlichkeit, denn sie ist nicht »überbürdet«, nicht bis zum Blödsinn ausgenützt. Die europäische Dirne erzielt, auch wenn sie nicht kaserniert ist, keine nennenswerten Einnahmen, trotz der hohen Preise, die sie unter Umständen erhält. Denn durch die heuchlerische Verbietung der Prostitution liegt sie in Erpresserhänden, und alles, was sie errackert, wird ihr von der Wirtin oder dem Zuhälter abgenommen. Das heuchlerische Lügenspiel[205] des »offiziellen« Verbietens der Prostitution und des »geheimen« Duldens auf der anderen Seite hat die gräßlichen Bestimmungen gegen »Kuppelei« zur Folge, und diese Bestimmungen wieder schaffen das Heer von Ausbeutern, denen das arme junge Weibmaterial, das zur Prostitution kommt, zum Opfer fällt. Die japanische Prostituierte kann nicht so ausgebeutet werden, denn niemand vergeht sich um ihretwillen gegen gefährliche Gesetzesparagraphen. Auch ist dieser Mädchen eine große Anzahl da, und sie brauchen sich nicht zu »überarbeiten«, finden dabei doch ein besseres Auskommen als die europäischen Prostituierten, da sie bedeutend »billiger« sein können, weil das Zuhältertum und das Kupplertum ihnen nicht auf den Schultern lasten. »Sie haben Zeit für Putz, Flirt (!), Gesang und Tanz und zwitschern aneinander gereiht auf ihren Balkonen, wie Schwälbchen, die auf einem Telegraphendraht sitzen. Alles hat Stil, Grazie, nichts Gemeines, Aufdringliches verletzt den Geschmack. Die Hauptstraße von Yoschivara in ihrer feenhaften Farbenglut bildet allabendlich die Hauptanziehung für Einheimische und Fremde«45. Außerdem sind Freudenhäuser in Japan, wie Hessen sehr richtig hervorhebt, Teehäuser, d.h. es fehlen die Bacchusopfer und ihre Wirkungen auf die Brunst der Männer.

Auch der Pariser Grisette wird ein schärfer ausgeprägtes Gefühl für Menschenwürde nachgesagt. Michels46 berichtet von ihr: »Die im höchsten Grade widerliche ›Liebesspezies‹ in drei Tempi, jener Matrosentypus der Sinnesliebe, wie er in Deutschland noch so häufig anzutreffen sein soll: Anrede – Fortschleppen – Geschlechtsakt, gilt der Pariserin – immer die allerunterste Schicht der Venuspriesterinnen abgerechnet – als gemein.[206] Nie würde sie mit einem unbekannten Mann, mit dem sie nicht vorher in kameradschaftliche Berührung geraten, von dem sie nicht vorher auf die eine oder die andere Weise erfahren, wes Geistes Kind er sei, was er treibe usw., zusammengehen. Sie verlangt gebieterisch die préambules der Liebe, die Möglichkeit einer bis zu einem gewissen Grade gehenden körperlichen Sympathie, seelischen Anpassung. Häufig bemißt sie, auch Reichen gegenüber, nach diesem Grade auch die Höhe ihres Kaufpreises.« Auch leben diese Pariser Dirnchen nicht so ausschließlich wie die deutschen in sexuellen Verhältnissen mit Männern. »Es gibt viele Pariser Mädchen, die scharf unterscheiden zwischen den Herren, mit denen sie geschlechtlich zu verkehren gezwungen sind, und den Freunden, den ›copains‹, zumeist Studenten, mit denen sie gesellig verkehren, in einem Restaurant zu Mittag speisen, Karten spielen, im Louxembourg spazieren gehen, auch Ausflüge machen, mit denen sie aber nur ›als Freunde‹ leben. Von diesen verlangen sie nichts als Kameradschaftlichkeit, und diese zahlen sie auch mit der gleichen Münze zurück. Der Verkehr zwischen beiden steht auf dem Fuße gänzlicher gesellschaftlicher Gleichberechtigung, völlig außerhalb des métiers der Mädchen, und diese beanspruchen und erhalten ohne weiteres, daß man ihnen mit der Achtung, die man vollwertig Gleichgestellten gegenüber besitzt, entgegenkommt.« Auch von dem amant de coeur, den diese Mädchen gewöhnlich haben, wird uns berichtet, und zwar legen sie bei solchen Beziehungen nicht selten ihren Stolz darein – sie platonisch zu erhalten. Eine Prostituierte erzählt von ihrem Verhältnis zu ihrem Herzensfreund, einem Artillerieoffizier, mit dem sie ein platonisches Verhältnis verbindet: »Er hat das, was kein anderer von mir so leicht haben kann – meine Keuschheit.«[207]

Was Amerika betrifft, so erfahren wir von der Existenz der sogenannten assignation houses. In diesen Häusern können Pärchen, die sich da treffen, zusammenkommen, ohne irgendwie ausgeplündert zu werden, weder durch Trinkzwang, noch durch übermäßige Miete. Außerdem sind die Zimmer dieser Häuser durchaus hygienisch eingerichtet. Dieses fortwährende Verleugnen der Notwendigkeit hygienischer Vorkehrungen dem freien Geschlechtsleben gegenüber ist die gefährlichste Folge der pharisäischen Gesinnung unserer Gesellschaft. »Kindisch, dreckig und pharisäisch« nennt Robert Hessen dieses ganze System, demzufolge das illegitime Geschlechtsleben mit »Ethik anstatt mit Sublimat« behandelt wird. – Es ist in der Tat eine unfaßbare Vogelstraußpolitik, die da getrieben wird, notwendiges Geschehen wird mit harter Faust in schmutzige und finstere Winkel gedrückt, in denen erst seine gefährlichen Folgen gesät werden. Man drückt die Augen zu, wo man sie weit aufreißen sollte, man übt Druck und Gewalt aus, wo sorgsamste Pflege notwendig wäre. Die Lüge der pharisäischen Bekämpfung, mit welcher der Prostitution – anstatt mit nüchternsten hygienischen Tendenzen – begegnet wird, beherrscht unsere Kultur und zeitigt so schmähliche Folgen.

Am deutlichsten wird diese offizielle Lüge, die einer dem anderen weismacht – das wahre Bedürfnis hehlend – an den »Vorschlägen«, deren Ausführung dazu dienen soll, die Prostitution zu umgehen. Die sonderbarsten »Wege des Heils« werden da empfohlen. Der eine sieht in der Abkehr von Fleischnahrung, der andere gar in der besonderen Heilkraft des Hirsebreies, der dritte in der Vermeidung von Alkohol zureichende Möglichkeiten zum Geschlechtsverzicht. Daß man gegen den Alkohol auftritt, daß man sportliche Betätigung mehr und mehr anstrebt und scharfgewürzte Kost vermeidet, sind gewiß[208] lobenswerte Bestrebungen, aber weder durch diese Reformen in der Lebensweise, noch durch Zandergymnastik des Unterleibes, noch durch Anschluß an ein fremdes »Familienleben«, noch durch ethische Drucksorten wird dieser Geschlechtsverzicht wirklich erzielt werden. Die Prostitution ist heute ein Bedürfnis, daher wird sie weder durch Moraltraktate, noch durch Polizeimaßregeln verschwinden, denn eine Institution, die einem Bedürfnis entsprach, ist noch niemals verschwunden. Nicht darum kann es sich handeln, es »abzuschaffen«, sondern nur darum, es entbehrlich zu machen. Das wollen ja auch schließlich die oben angedeuteten, von uns ironisierten Vorschläge. Der Grund, warum wir sie ironisieren, liegt darin, daß sie ein Ding ersetzen wollen durch ein gänzlich anderes, daß sie für ein vitales Bedürfnis Surrogate aufstellen, die mit dem Wesen und der Natur des Bedürfnisses nicht das geringste zu schaffen haben. Aber es ist sonderbar, wie selbst radikale Schriftsteller, die zu dem Thema das Wort nehmen, sich immer wieder »drücken«, wenn es zum entscheidenden Punkt kommt, zur entscheidenden Wendung des Themas: zur Resolution, die aus der Bloßlegung der gegebenen Zustände unerbittlich zu ziehen ist. Sie ziehen diese Resolution nicht, sie empfehlen sich mit einer etwas jähen Verbeugung, murmeln schnell noch ein paar Phrasen von »Forderungen der Ethik« und »sozialer Hygiene«, »menschlicher Gesinnung«, »Vertiefung der Beziehungen der Geschlechter« in den Bart, und weg sind sie. Hier aber müßte es heißen: stehe still, stehe Rede! Hast du das Wesen des Dinges zu besehen, zu untersuchen die Kühnheit gehabt, so drücke dich nicht, wo es gilt, die Folgerungen zu ziehen. Und weißt du keinen Weg, die Schäden des Dinges zu mildern, so hättest du dir die ganze Untersuchung ersparen können![209]

Der Ursprung der Prostitution war, wie wir erfahren haben, kein schmählicher. Sowohl in dem Zeremoniell der religiösen als der kultivierten Prostitution, wie sie begünstigte Zeiten ermöglichten, kam der Gedanke zum Ausdruck, daß es sich um eine freundliche Hingabe handle, die es ermöglichte, daß Menschen ein paar Stunden voraussetzungslos und unbeschwert von erdrückenden Verpflichtungen miteinander in Schönheit verbrachten. – Und der Kult, der mit den Frauen, die sich dem Manne auf diese Art hingaben, zu gewissen Zeiten getrieben wurde, ist sehr begreiflich. Denn es ist besonders für den Mann ein großes Glück und eine große Befreiung, Heiterkeit, Schönheit, erotische Lust durchkosten zu dürfen, ohne daß ihm Forderungen weitgehendster sozialer Natur als Bleigewichte an die Sinne gebunden werden (freilich ist dabei an den gesunden, den normalen Mann gedacht, der überhaupt noch imstande ist, heitere erotische Vorgänge zu genießen). Mit der christlichen Verachtung der Lust tritt an Stelle der freien freudigen Freundin, die die Hetäre gewesen war, die schmierige Dirne auf den Plan. – Denn der erotische Trieb blieb durch alle Zeiten, ihn zu befriedigen galt aber als schmachvoll, und die sich dazu »hergaben«, verfielen der Ächtung. Daher nur die niedrigsten weiblichen Schichten diese Ächtung auf sich nahmen, das ganze Niveau des »Freudenmädchens« – (was für ein wunderbarer transzendenter Gedanke liegt doch hinter diesem Wort verborgen!) – gedrückt wurde, während die anderen Frauen Begierdelosigkeit logen. Die sexuelle Lüge wurde Ehrensache. Der Moraleffekt war, daß die Schönheit und Freudigkeit, die Gehobenheit der Stimmung, die das sexuelle Erlebnis bei gutem Gewissen mit sich bringt, und die der Quell aller Arbeitselastizität ist, schwand und, mit der nazarenischen Auffassung dieser Vorgänge, die Gemeinheit an ihre Stelle trat. An diesem[210] Wendepunkt in der Sexualgeschichte der Menschheit wurde der Grundstein zu dem Tempel der Lüge gelegt, dessen stärkster Pfeiler die doppelte Moral ist. Das Zwischenglied zwischen den beiden Moralwelten des Mannes und der »anständigen« Frau ist die Dirne. Die doppelte Moral ruht auf der Schildbürgeridee, als ob die Moral des einen Geschlechts ohne dieselbe Moral des anderen Geschlechts überhaupt durchführbar wäre. Da der Mann die Freiheiten, die ihm seine Geschlechtsmoral gestattete, allein nicht durchführen konnte, so mußte diese Moral die Dirne als Zwischenglied zwischen den Mann und die Gesellschaft einschieben. Sie hat ein Wesen, das Menschenantlitz trägt, dazu benutzt, systematisch und berufsmäßig »Reservoir« zu sein – gemietete Auffängerin der natürlichen Begier des Mannes, die des natürlichen Ziels – im Schoße der geliebten Frau – entbehrt. Durch diese Moral wurde aber nicht nur das Weib (innerhalb und außerhalb der Gesellschaft) an der Wurzel seines Geschlechtes gefährdet, nein, auch der Mann selbst wurde durch diese Schiebung der Dinge mit dem Fluche der Dürre und des Ekels geschlagen. Denn der Lapsus, der der verlorenen Idee zugrunde lag, mußte seine einzelnen Teile so zusammenschließen, daß aus ihnen ein Verlies auch für den Mann wurde: nur einem Geschlecht die Freiheit auf erotische Hingabe zuzugestehen, heißt in Wahrheit, sie keinem Geschlecht gewähren. Denn der Mann findet, wenn die Frau durch freie Hingabe gefährdet ist – eben keine Frau, die sich ihm in Freiheit und dabei mit jener Heiterkeit, die das allein seligmachende Begleitmoment der Geschlechtsvorgänge ist, hingeben kann, sondern nur jenes »Zwischenglied«, jenes Instrument, das sein Menschenantlitz wie eine erborgte Maske trägt, die Dirne.
[211]

Auch hier ist vielleicht etwas wie eine Reform denkbar. Das Bedürfnis nach Sexualgenuß ohne weitläufige Präliminarien und weitgehende Konsequenzen wird nie schwinden. Die Forderung der Sinne ist so gebieterisch wie der Hunger nach Nahrung, und beim normalen Mann ebenso wie bei der normalen Frau. Nur solange die Frau die »Gebrauchte« ist, ist sie auch meist die Mißbrauchte und so lange ist jede Möglichkeit der Freude für sie bei erotischen Vorgängen ausgeschlossen.

Das Wesen aller Reform besteht darin, daß man in einen neuen Zustand das Gute hineinträgt, das dem alten zu eigen war, das Üble und Schmutzige des alten Zustandes aber entfernt. Was ist nun das Gute, das die Prostitution heute dem Manne bietet? Es ist die Erleichterung von sexueller Bedrängnis auf unverbindliche Art. Es ist die Möglichkeit schnellen Kontaktes mit dem anderen Geschlecht, welcher auf eine Art gewonnen werden kann, die nicht den Umsturz der ganzen sozialen Existenz eines Menschen bedingt und dessen Zustandekommen nicht von tausend Schwierigkeiten abhängt, wie etwa die Ehe. Das üble dieses Vorganges liegt vor allem in der Defamierung des Weibes, welches als »Gebrauchte« zum Opfer wird, der Gefahr der Verseuchung (hervorgerufen durch mangelhaftes Interesse jenes Opfers, ihre Mißbraucher davor zu bewahren) und der moralischen Depravierung von Mann, Weib und sozialem Bewußtsein.

Resolution: Ersteres – das Gute – muß bleiben ohne letzteres – das Üble – wenn von einer Reform des freien Geschlechtslebens die Rede sein soll. Dies ist aber nur möglich, wenn dieses freie Geschlechtsleben, welches, wie wir gesehen haben, viel des Befreienden bietet, aufhört, ein »Erwerb« einer bestimmten Frauenschicht zu sein und eine gesellschaftliche Einrichtung wird wie jede andere, die der Erholung dient. Diese Einrichtung kann[212] daher nicht durch eine Schicht Frauen, die davon »lebt« (und daran stirbt) repräsentiert werden, sie ist kein »spezialisierter Beruf«, sondern ihr Publikum bilden – alle Männer und alle Frauen, die vereinsamt leben. Statt käuflicher Prostitution – freiwillige Hingabe freier Menschen untereinander.

Freilich müssen, damit dies möglich werde, nicht nur gewisse soziale Voraussetzungen erfüllt sein, sondern vor allem die Gehirnvoraussetzungen dazu bestehen. Solange das geringste Odium diesem Vorgang der freiwilligen Hingabe der Frauen, zwecks Ermöglichung unbeschwerter erotischer Erlebnisse, anhaftet, solange ihnen im geringsten soziale Schädigung daraus erwachsen kann, so lange ist dieses Geschehen ausgeschlossen. Aber wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, wenn die Gehirne so weit reformiert sind, einen derartigen Zustand als hohen Vorteil gegenüber dem käuflichen Geschlechtsleben zu empfinden, dann würde manche gute Folge nicht ausbleiben. Vor allem würde die ganze Kaste der Prostitution überflüssig oder doch sehr vermindert werden, und nur wenn sie überflüssig ist, in des Wortes engster Bedeutung, kann sie schwinden. Der Geschlechtsvorgang würde nicht mehr Mann und Weib in den Sumpf der Erniedrigung ziehen, wie es heute in der Prostitution geschieht. Wenn es einen menschenwürdigen Ausweg für die Bedrängnis der Sinne, die kein Ehrlicher leugnen kann, geben würde, würde auch so manche übereilte legitime Verbindung, die jetzt aus sexueller Not geschlossen wird, nicht stattfinden. Die Geschlechtsseuchen dürften an Ausbreitung verlieren, wenn beide Partner ein Interesse an der Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit haben.

Und die psychologischen Voraussetzungen dieses Vorgangs? Wir haben schon im zweiten Kapitel dieses Buches, in dem wir von den Formen und Folgen der Umgehung[213] der Ehe sprachen, das Wort »erotische Freundschaft« ausgesprochen. Wir haben im fünften Kapitel das Wort und den Begriff des »Liebesspiels« gegeben. Auf diesen beiden psychologischen Möglichkeiten würden auch jene Vorgänge zu basieren haben, durch welche die Prostitution überflüssig gemacht werden könnte. Wem das »Spiel« ein zu geringer psychischer Einsatz bei den Vorgängen der Liebe scheint, der bedenke, was heute bei den Vorgängen der Prostitution vor sich geht! Er bedenke dies und vergleiche es mit dem, was wir von dem Liebesspiel der Martier gehört haben und was uns für die Menschheit so heilsam erschiene, da nun einmal ein Geschlechtsverzicht von ihr nicht zu verlangen ist. Man vergleiche die Momente der Anmut der Freiwilligkeit der Hingabe, losgelöst von allen Geldinteressen47, mit dem gräßlichen »Geschäft«, das der Geschlechtsakt in der Prostitution für Mann und Weib bedeutet. Und man wird, wenn man ehrlich prüft und frei ist von Moralheuchelei und sexueller Lüge, keinen Grund auffinden können, warum dieser entlastende Ausweg einer reifen Kulturmenschheit nicht gegönnt sein sollte. Anstatt ein schmählicher Handel, anstatt Ankauf oder »Miete« eines Körpers zwecks viehischer Benützung, tritt die freiwillige Hingabe aus Freundschaft, Herzlichkeit, Sympathie. Und die Grenzen dieser Gefühle der Liebe gegenüber sind ja keine starren, so daß ein Hinaufschwellen bis zu hohen Gefühlen bei beiderseitiger freiwilliger Hingabe wohl möglich erscheint.

Daß die volle Beherrschung der Sexualhygiene und des Präventivverkehrs Voraussetzungen bilden, ist selbstverständlich. Aber alle Sozialreformer und Hygieniker fordern die bewußten Vorkehrungen gegenüber den Folgen der Liebe einschränkungslos und einstimmig heute[214] schon und in jedem Geschlechtsverhältnis, auch in der Ehe. Und nicht nur die schmähliche äußere Folge der Prostitution, auch die inneren Qualen des erzwungenen Zölibates von Menschen, deren Ekel vor der Prostitution zu groß ist, würde durch eine solche Möglichkeit behoben. Wir haben auch die ethische Folge betrachtet, die die Übung des »Liebesspiels« auf kultivierte Menschen haben muß. Wir haben gehört, daß eine höhere Art von Altruismus aus diesem »Spiel« erwachsen kann, weil auf die fremde Persönlichkeit, der man sich nicht durch fraglose Harmonie, nur durch Sympathie verbunden fühlt, und mit der man sich zum freundlichen Genusse einer voraussetzungslosen Stunde verbindet, Bedacht genommen werden muß. »Das ›Spiel‹, von Edlen gehandhabt, wird zum Erzieher zur Güte, Nachsicht und Demut.«

Endlich ist die Haltung der Frauen dieser Möglichkeit gegenüber zu untersuchen. Daß die geschlechtliche Not der Frauen eine ebenso große und eine größere ist als die der Männer, wissen wir. Daß es undenkbar ist, daß sie eine etwa entstehende »männliche Prostitution« jemals benützen würden – wir rechnen mit normalen Frauen, d.h. weder mit frigiden noch mit sexuell defekten oder messalinischen – ist ebenfalls sicher. Ein Wesen, das sein Geschlecht prostituiert, mag als Weib, als Dirne noch irgendwie annehmbar erscheinen, weil es möglicherweise von seiner Schwäche so weit gebracht wurde; als Mann erregt es einem normalen Menschen Ekel und Grauen und ist wieder nur für die Dirne, in Gestalt des Zuhälters, denkbar. Die Benützung einer männlichen Prostitution wäre also, auch wenn das sexuelle Elend der Frauen noch höher steigt, von seiten normaler Frauen unmöglich.

Nicht unmöglich aber ist es, daß sich gesunde, normale und gut veranlagte Frauen einem Freund, den sie[215] sich frei erwählen, wie er sie wählt, ohne weitere, beiden erwachsende Verbindlichkeiten erotisch hingeben. Der ganze Rattenkönig der doppelten Moral würde durch die Simplizität dieses Vorganges endlich einmal auf den Kopf geschlagen. Die doppelte Moral läßt nur ein einseitiges Bedürfnis gelten, zwecks dessen Befriedigung die andere Seite, die weibliche, in Schmach und Jammer gestürzt werden muß. Die Anerkennung des zweiseitigen Bedürfnisses, wie es tatsächlich besteht, macht eine zweifache Moralwertung hinfällig, erleichtert beide Teile und stürzt niemanden in Schmach und Not. Aber es ist, wohlgemerkt, eben die Anerkennung, die offizielle, lügenbefreite Anerkennung dieses Bedürfnisses, um die es sich handelt. Denn freies erotisches Leben haben wir ja heute schon, aber es ist verknüpft mit Lug und Trug und Mißbrauch, weil es hinter den Rücken der Gesellschaft gedrängt wird. Gerade weil den Frauen die erlaubte Möglichkeit eines Ausweges in geschlechtlicher Bedrängnis fehlt, taumeln sie in alle möglichen gefahrvollen Abenteuer, deren eines, nicht zum geringsten gefahrvolles, unter Umständen eine Ehe sein kann. Die erotischen Verhältnisse außerhalb der Ehe, welche Frauen und Männer heute schon knüpfen, sind nicht das, was hier gemeint ist. Heute ist die Frau in so einem Verhältnis vollkommen dem betreffenden Manne ausgeliefert, äußerlich dadurch tausendmal bedrohter, innerlich tausendfach abhängiger als in der Ehe. Und wie diese Verhältnisse abzulaufen pflegen, haben wir im zweiten Kapitel dieses Buches geschildert. Auch besteht eben die Voraussetzung der rein erotischen Erlebnismöglichkeit, ohne die »große Liebe« einerseits oder der Gefahr der Verachtung andererseits, heute nicht für sie. Nur durch Anerkennung dieser rein erotischen Erlebnismöglichkeit, unabhängig vom sozialen Bündnisse der beiden Partner und losgelöst von allen Schrecken drohender[216] Schande und nur durch eine hochkultivierte Art, diese Möglichkeit zur Entfaltung zu bringen, wäre nach und nach ein Zustand erotischer Befreiung zu schaffen, der beide Geschlechter von hemmenden sexuellen Spannungen erlöst, ihnen alle Freiheit läßt und die Prostitution entbehrlich macht. Nicht das wilde erotische Verhältnis, das heute hinter dem Rücken der Gesellschaft sein Wesen treibt, von äußerer Ächtung und inneren Katastrophen bedroht ist, kann von der Notwendigkeit der Prostitution befreien. Nur das reformierte, freie erotische Verhältnis ist dazu imstande. Weder seinem inneren Gehalt, noch seinen äußeren Formen nach dürfte es die leiseste Ähnlichkeit mit den Vorgängen der Prostitution besitzen. Auf die brutale Form, in der heute in der Prostitution der Geschlechtsakt geübt wird (die »Liebe in drei Tempi«) müßte selbstverständlich verzichtet werden. Wir sind weit entfernt davon, zu glauben, daß feinfühlige Frauen jemals, ohne daß sich eine persönliche Beziehung entspinnt, am Sexualakt Befriedigung finden könnten. Es handelt sich nur darum, eine offizielle Voraussetzung zu schaffen dafür, daß die Möglichkeit solcher erotischer Erlebnisse überhaupt bestehen kann. Es ist nicht ausgeschlossen, daß durch diese Möglichkeit und unter dieser offiziellen Voraussetzung Menschen sich gerade noch anders als erotisch – etwa nur in geistiger Zärtlichkeit – finden und verbinden würden. Alle Möglichkeiten tiefer gehender Beziehungen eines Paares wären damit angebahnt, rein gesellschaftliche und rein kameradschaftliche Beziehungen könnten sich entwickeln und dürften, dann erst – wenn auch die erotische Erfüllung nicht ausgeschlossen erscheint und der Anspruch darauf niemanden beleidigt und schädigt – wirklich ein Surrogat für das sexuelle Erlebnis selbst bieten, das sie heute, wo es verfemt ist, nicht bieten; auch der richtige Dauergenosse, dem man sich nicht im »Spiel«,[217] sondern im Ernst und für immer hingibt, könnte durch solche Möglichkeiten vertraulichen Kontaktes eher gefunden werden als heute.

Freiere sexuelle Erlebnismöglichkeiten scheinen für die Frau fast besonders nötig, damit ihre Auslieferung an die erotischen Launen des Mannes aufgehoben werde. Sie verdirbt an Gesundheit, Geist und Gemüt, wenn es ihm beliebt, »Spannungen« in ihr anzuhäufen, ohne sie zu lösen, wie er sehr gut kann, da er sich Auslösung holen kann, wo er mag, sie aber angewiesen ist auf ihn allein. Darum das entwürdigende Sich-Klammern und Hängen der Frau an den betreffenden Mann, selbst wenn sie wer weiß wieviel Schlimmes durch ihn erfährt. Denn er bedeutet für sie die einzige oder doch schwer zu ersetzende Möglichkeit der Erlösung aus sexueller Vereinsamung, die betreffende Frau aber für ihn nur eine Möglichkeit von vielen. Die Freiheit der Frau in diesem Punkt würde ihr ein gut Teil der im verkehrten Werbekampf verlorenen Würde wiedergeben, sie würde in ihrer Haltung dem Manne gegenüber ruhiger und darum in ihrer Persönlichkeit gesicherter werden. Selbstverständlich ist eine freiwillige erotische Hingabe nur von seiten selbständiger, vollkommen reifer, innerlich gesicherter Frauen denkbar und wünschenswert. Die vollkommene Voraussetzungslosigkeit auch in bezug auf die heute üblichen inneren und äußeren »Forderungen« der Liebe wäre Bedingung, und bei der Abzüchtung der sexuellen Lüge, in der heute die Frauen großgezogen werden, und bei unzerstört bleibender sozialer Konjunktur sehr gut denkbar, und die Frauen ihrer durchaus fähig. Man würde nichts voneinander erwarten, geschweige denn fordern, als was die freieste Sympathie freiwillig gibt. Man würde lernen, sein Herz dabei in der Hand zu behalten, wenigstens insoweit, daß es dem anderen wohl Glück zu spenden, aber ihn niemals zu belästigen[218] vermöchte, wie heute so häufig der Fall, wo nach dem ersten Kuß gleich das ganze kompakte Herz dem anderen aufgedrängt wird, einerlei ob er danach verlangt oder nicht. Und man würde lernen, eine höhere Art von Keuschheit zu üben: nämlich – dieses sein Herz und sein ganzes Ich nur »hinzugeben«, wenn der Ernst begehrt wird – der letzte, heiligste Ernst, der als Möglichkeit hinter jedem »Spiel« der Liebe steht und vor dem auch die Martier gern und willig kapitulieren. Nur um des höchsten Ernstes willen dürfte der hohe Einsatz der vollkommenen Persönlichkeit, den heute jeder lüsterne Fant und jede verliebte Halbjungfrau zu begehren wagen, gefordert und würde er gegeben werden. Im »Spiel« aber würde nur die Anmut und Güte, deren die gutgeartete Individualität fähig ist, wenn sie sympathisch empfindet – nur die heiterste und darum für den anderen erlösendste Seite der eigenen Natur hingegeben. Man würde vielleicht durch solches »Spiel« von der verhängnisvollen Ichsucht abzukommen lernen, die sich heute in jedem erotischen Verhältnis, angefangen von der verstohlensten Liebelei bis zum breitspurigen Besitzgefühl der Legitimität, sofort ausbreitet und beide Partner sofort mit einem Heer von Forderungen einander gegenüberstehen macht. Dieser schamlose Einbruch in die andere Person würde durch das kultivierte Liebesspiel vielleicht aufgehoben und als das barbarische Rudiment – wahrscheinlich auch von »affenähnlichen Ahnen« ererbt – erkannt werden, das es in Wahrheit ist. So würde durch das so »leicht« aussehende »Spiel« der Altruismus der beteiligten Personen geschult und dadurch auch ein Erfolg ethischer Natur gesichert werden.

Wir sind weit entfernt, zur Anwendung solcher reformierter Liebesformen etwa zu »raten«, solange, wie gesagt, die reformierte Voraussetzung in den Gehirnen nicht besteht, die einzig und allein geeignet ist, jedem[219] derartigen Verhältnis einen gesicherten Boden zu verschaffen. Und gerade die Frau muß sich vielmehr, unter den unveränderten Gehirnverhältnissen heute, entschließen, eher die Resignation und das Zölibat zu akzeptieren, als Gefahr zu laufen, ihre Selbstachtung zu verlieren durch Konflikte mit der Umwelt. Hier wird, das sei ausdrücklich betont, nicht pro domo gesprochen, sondern pro futuro.

Die Möglichkeiten freien erotischen Verkehrs, der die Prostitution überflüssig machen soll, bedürfen geradeso wie alle anderen Reformen unserer Sexualordnung der vollkommensten, offensten gesellschaftlichen Akkreditierung. Nicht wieder »hinter dem Rücken«, nicht wieder in Schmutz, Heimlichkeit, Erpresserhänden und »Sünde« taugen sie etwas. Nein. Diese Möglichkeiten bedürfen der Anerkennung als gesellschaftlich notwendige und einzig menschenwürdige Form des freien Geschlechtsverkehrs, der, darüber sind alle Ehrlichen einig, für die, denen eine glückliche Dauergemeinschaft versagt bleibt, unentbehrlich ist. Sie bedürfen, von seiten der sie Übenden, der höchsten Kulturusancen, auf denen sie zu basieren haben.

Im »Flirt« der englischen Nation liegt schon so etwas wie eine Ahnung dieser Möglichkeiten und Notwendigkeiten. Der Flirt – das ist der gesellschaftliche Verkehr jugendlicher Menschen sozusagen mit unterlegten »erotischen Möglichkeiten« – genießt die vollkommene gesellschaftliche Anerkennung und wird in allen Schichten der Gebildeten geübt. Seine letzten Konsequenzen liegen zwar noch unter dem Schleier der Heimlichkeit, seiner »Idee« nach ist er aber mit dem, was wir unter Liebesspiel und erotischer Freundschaft verstehen, identisch.

Die Forderung vollkommener Ausschaltung des materiellen Momentes, welches wir beim Liebesspiel zur[220] Bedingung machen, soll es die Prostitution in ihrem Wesen vernichten und überflüssig machen, ist kein Widerspruch zu unseren im vorigen Abschnitt über den Geldpunkt geäußerten Anschauungen. Denn die Verknüpfung der ökonomischen Interessen eines Paares hat nur dann Berechtigung, wenn es sich um eine Dauergemeinschaft handelt.


Unsere »Ordnungen«, Gesetze und Moralen rechnen mit lauter Extremen: mit lauter Idealen und eudämonistischen Höhepunkten auf der einen, mit dem ödesten Nichts, dem vollkommensten Verzicht auf der anderen Seite. Die menschliche Natur, ihr Wesen und Bedürfen ist aber so »unbotmäßig«, mittendurch zu laufen zwischen diesen beiden Polen. Und jede Reform muß, wenn sie praktisch wirksam sein soll, mittelnd einsetzen. Sie muß mitteln zwischen dem Idol in reinster Gestalt, das auf einer Seite errichtet und nicht erreicht ist, und zwischen dem anarchischen Chaos, in dem die ungelösten Probleme und unerfüllten Bedürfnisse der Gesellschaft gestaltlos umhertreiben. Darum kann kein Reformvorschlag den Anspruch machen, den einheitlichen und geschlossenen Zustand des Glückes in sich zu bergen und ermöglichen zu wollen. Aber mitteln kann er, mitteln zwischen dem Glücksidol, das unerreicht und unerreichbar als Gestirn über der suchenden Menschheit strahlt, und der Wüste und Öde der Zustände, in denen ihr Streben Gestalt findet. Der ehrliche Brückenbauer, der Mittler und nichts anderes, das ist der Reformator – dem ein besonderes Elend seiner Zeit die Seele zernagt – für die Menschheit.[221]

44

Zeitschrift »Die neue Generation«, Organ des »Bundes für Mutterschutz«, Jahrgang 1908.

45

Hessen: »Japanische Prostitution«.

46

Erotische Streifzüge, Zeitschrift »Die neue Generation«, 1908.

47

Warum diese Forderung gestellt wird, soll noch erörtert werden.

Quelle:
Grete Meisel-Hess: Die sexuelle Krise. Jena 1909, S. 204-222.
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