[67] WACHTMEISTER. Wie ist heunt die Wache bestellt gewesen?
SOLDAT. Schlecht genug. Wenn wir ins Feindes Lande gelegen wären / so hätte ich vor Angst nicht gewust / wo ich bleiben solte.
WACHTMEISTER. Wie so denn? bist du nicht behertzter / als so?
SOLDAT. Die neugeworbenen Soldaten gehen lieber zu den Huren / als auf die Wache. Ariophilus hat heunt dergleichen gethan. Giebt vor / er habe sich nicht deswegen[67] in den Krieg begeben / daß er Schildwacht halten / sondern daß er ein General werden wolle. Vnd also pflegen andere mehr zu thun. Es begehrt sich keiner nach der alten Soldaten Exempel zu richten.
WACHTMEISTER. Was sagt aber die Ronde darzu?
SOLDAT. Ich habe etliche Nacht keine Ronde gemerket.
WACHTMEISTER. Da müsse Bley drein schlagen. Gehe straks / sag Ariophilus, der Bärenheuter / soll herkommen.
SOLDAT. Jetzt gehe ich gleich zu ihm.
WACHTMEISTER alleine. Was wolte das werden / wenn es künfftig in Portugal nicht anders hergehen solte? Wie bald würden uns die Rebellen die Hälse brechen? Ich weiß nicht / ob Ariophilus ein Narr ist / oder ob er einer werden will? Geschossen ist er / und zwar mit Hasenschrot. Der General steckt ihm dermassen im Kopfe / daß er nicht heraus zu bringen ist. Doch will ich ietzo versuchen / ob ich ihn mit diesem Rohrstabe heraus schlagen könne. Vnd siehe / da kommt er gleich angetrollt. Du Leicht fertiger / pflichtvergessener Vogel.
Hebt den Rohrstab auf.
ARIOPHILUS. Weiß denn der Herr nicht / daß ich noch ein General[68] will werden? Wie kann er mich denn mit so ehrenrührigen Worten anlassen?
WACHTMEISTER. Soltest du umb einer Huren willen die Wache verseumen? Hast du nicht verdienet, daß man dich an den nechsten Baum henkete? Aber weil du in Kriegs-Sachen noch nicht recht erfahren bist / so schone ich vor dies mal deiner. Damit du iedoch dran denken mögest / so nim ietzo mit dieser Prügelsuppen verlieb.
Drauf schlägt er ihn. Gehet ab.
ARIOPHILUS alleine. Ich muß zwar ietzo diese Pillen mit Gedult und Stillschweigen verschlukken / ob sie gleich weder vergüldet / noch verzukkert waren. Wenn ich aber künfftig ein General seyn werde / so will ich diesen Schindhund zehen mahl ärger durch den Stekkenknecht abprügeln lassen.
MORIO springt auf. Bons dîs, Herr General, wie schmekkt E. Exc. dies Brühlein?
ARIOPHILUS. Nicht beym besten.
MORIO. Darff aber ein Vnter-Officirer einen General prügeln? Aber siehe! was kommt da vor ein Vngeheuer?
CONSCIENTIA ARIOPHILI in einem zwar weissen / aber mit viel Blut besudelten Hemde.[69] Ach du unbesonnener / du armer / verderbter Mensch / wilst du denn noch nicht erkennen / in was vor Jammer / Noht und Gefahr deiner armen Seelen du dich gestürtzet habest? Du fühlest nun / daß dir der Bukkel wohl abgeschmieret / und du von iederman verachtet seyst / auch binnen wenig Tagen die Bettelstükken werdest fressen müssen; und bildest dir nichts desto minder einen General ein. O der Blindheit! O der harten Verstokkung deines Hertzens! Jederman / auch der Narr selber / hält dich vor einen Ertznarren / und du hörest doch nicht auf / dir güldene Berge einzubilden. O Thorheit! O Narrheit! Wache doch einmahl auf / und werde nüchtern von den Strikken des Satans / darinnen er dich / nach seinem Gefallen / und zu deinem höchsten Verderben herum führet. Ist es nicht genug / daß du schon zeitlich verdorben bist? Wilst du denn auch ewig verderben / in deinen unerkanten Sünden sterben / und samt allen Teufeln ewig verlohren werden? Ach! daß du doch auch endlich bedächtest / was zu deinem Friede dienete! Aber nun ist es vor deinen Augen verborgen / als welche Satan gantz verblendet hat. Erwäge doch einmahl / was deine lieben Eltern von Kindesbeinen auf dich gewendet. Bedenke doch einmahl / wie du ihnen dafür gelohnet habest. Hast du denn ihre bittren Threnen / die sie über und wider dich so mildiglich vergossen / gantz auß der Acht gelassen? Hast du denn nicht mehr im Gedächtnis /[70] wie tief und schmertzlich sie seufzeten / als sie sahen / daß alle Väter- und Mütterliche Liebe gegen dich erzeiget / verlohren wäre? Ist dir denn entfallen / was sie dir prognosticiret und geweissaget haben? Kommet dir nicht alles Haares klein an ietzo zu Hause und zu Hofe? Gehet nicht die Erfüllung ihrer Weissagung albereit gutes theils im schwange? Betrachte doch / was es auf sich habe / der Eltern Seufzen / Threnen und Fluch wider sich erwekken! Ach du armer General! wo denkest du doch hinaus? Meinest du denn / daß kein Gott im Himmel sey / der über seinem Worte und unwandelbahren Wahrheit halten werde? Hältest du dafür / daß ich / dein Gewissen / ewig schlaffen werde? Ach Nein / Nein. Ich bin einmahl aufgewachet / und werde dich quälen / weil du lebest. Die Göttliche Rache hat sich auch schon aufgemachet / ihre Peitsche in die Hand gefasset / und wird sich bald von dir sehen lassen.
ARIOPHILUS. Ach! ich elender Mensch! was soll ich vornehmen? Mir ist so bange / daß ich nicht sehen und erblicken kan / wo ich mich lassen soll.
Gehet ab.
Conscientia peitschet auff ihn zu.
Moriones kommen.