Dritter Auftritt.

[29] Harpagon. Cleanthe.


HARPAGON. Du bist's, der sich durch so lästerliches Borgen ruinieren will?

CLEANTHE. Ihr seid's, der Euch durch so verbrecherischen Wucher bereichert?

HARPAGON. Wagst du noch nach dem allen mir unter die Augen zu treten?

CLEANTHE. Wagt Ihr noch nach dem allen Euch der Welt zu zeigen?

HARPAGON. Schämst du dich nicht, sage mir, deine heillose[29] Wirtschaft so weit getrieben zu haben? – Dich in so schreckliche Ausgaben zu stürzen und das Vermögen, das deine Eltern mit Schweiß und Mühe zusammenbrachten, so schändlich zu vergeuden?

CLEANTHE. Und Ihr, errötet Ihr nicht, Euren Stand durch solche schmutzige Prellereien zu entehren; Euren Ruf und guten Namen der unersättlichen Begierde, Taler auf Taler zusammenzuscharren, zum Opfer zu bringen und die nichtswürdigsten Kniffe, die je von den berüchtigtsten Wucherern ersonnen sind, noch zu überbieten?

HARPAGON. Fort, aus meinen Augen, du Schurke! Fort, aus meinen Augen!

CLEANTHE. Wer handelt unwürdiger, sagt selbst, derjenige, der Geld kauft, weil er es nötig hat, oder der, der Geld stiehlt, das er nicht brauchen kann?

HARPAGON. Geh, sage ich dir, und mache mir den Kopf nicht warm. Allein. Im Grunde ist mir die Geschichte gar nicht leid; sie soll mir eine Warnung sein, mehr als je auf alle seine Schritte achtzuhaben.


Quelle:
Molière: Der Geizige. Leipzig [o. J.], S. 29-30.
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