Erster Auftritt.

[66] Harpagon. Ein Kommissar.


DER KOMMISSAR. Laßt mich nur machen, ich verstehe, Gott sei Dank, mein Handwerk. Es ist nicht das erstemal, daß ich mich damit befasse, Diebstählen auf die Spur zu kommen, und ich wollte nur, ich hätte so viel Säcke, jeden von tausend Franken, als ich schon Delinquenten an den Galgen gebracht habe.

HARPAGON. Alle Behörden müssen sich schon von Rechts wegen der Sache annehmen; und wenn man mir mein Geld nicht wieder schafft, so fordere ich die Gerichte vor Gericht.[66]

DER KOMMISSAR. Wir müssen alle erforderlichen Nachforschungen anstellen. Wieviel, sagtet Ihr, befand sich in der Schatulle?

HARPAGON. Zehntausend Taler, richtig gezählt.

DER KOMMISSAR. Zehntausend Taler!

HARPAGON. Zehntausend Taler!

DER KOMMISSAR. Ein namhafter Diebstahl!

HARPAGON. Keine Marter ist groß genug für die Entsetzlichkeit dieses Verbrechens; und wenn es unbestraft bleibt, wird das Heiligste nicht mehr sicher sein.

DER KOMMISSAR. Aus welchen Sorten bestand die Summe?

HARPAGON. Aus lauter guten Louisdoren und vollwichtigen Pistolen.

DER KOMMISSAR. Wen habt Ihr in Verdacht?

HARPAGON. Die ganze Welt, und ich verlange, daß Ihr mir die Stadt und alle Vorstädte arretiert.

DER KOMMISSAR. Wir müssen, wenn ich Euch raten soll, die Leute nicht gleich kopfscheu machen und in der Stille einige Beweise zu erlangen suchen, um dann hernach mit aller Strenge verfahren und Euch die gestohlenen Füchse wiederschaffen zu können.


Quelle:
Molière: Der Geizige. Leipzig [o. J.], S. 66-67.
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