Neunter Auftritt.

[45] Argan. Herr Diafoirus. Thomas Diafoirus.


ARGAN. Das ist eine Frau! Gott, liebt mich die Frau! Es ist gar nicht zu glauben!

HERR DIAFOIRUS. Wir wollen uns Euch empfehlen, Herr Argan.

ARGAN. Ich bitte Euch, werter Herr, mir doch erst ein wenig zu sagen, wie Ihr mich findet.

HERR DIAFOIRUS. Jetzt frisch, Thomas, nimm Herrn Argans andern Arm und laß mich hören, ob du ein richtiges Urteil über seinen Puls formulieren wirst. Beide fühlen ihm den Puls. Quid dicis?

THOMAS DIAFOIRUS. Dico, daß Herrn Argans Puls der Puls eines Mannes ist, der sich nicht wohl befindet.

HERR DIAFOIRUS. Gut!

THOMAS DIAFOIRUS. Daß dieser Puls duriusculus ist, um nicht zu sagen durus.

HERR DIAFOIRUS. Sehr gut.

THOMAS DIAFOIRUS. Stoßend!

HERR DIAFOIRUS. Bene.

THOMAS DIAFOIRUS. Ja sogar ein wenig bockend.

HERR DIAFOIRUS. Optime!

THOMAS DIAFOIRUS. Was denn auf eine Überfüllung in dem parenchymo splenico, will sagen der Milz, hindeutet.[45]

HERR DIAFOIRUS. Sehr gut.

ARGAN. Nein, Herr Diafoirus; Herr Doktor Purgon behauptet, ich leide an der Leber.

HERR DIAFOIRUS. Nun ja: wer parenchymum sagt, sagt beides, wegen der innigen Sympathie, welche sie beide vermittels des vas breve, des pylori und mitunter auch des meatus cholidochi miteinander haben. Er verordnet Euch ohne Zweifel, hauptsächlich Gebratenes zu essen?

ARGAN. Nein, nichts als Gekochtes.

HERR DIAFOIRUS. Nun ja; Gebratenes oder Gekochtes, gleichviel. Er ist ganz auf dem rechten Wege, und Ihr konntet nicht in bessere Hände fallen.

ARGAN. Herr Doktor, wieviel Salzkörner muß ich in ein Ei tun?

HERR DIAFOIRUS. Sechs, acht oder zehn, immer nach geraden Zahlen; gleichwie bei Medikamenten nach ungeraden.

ARGAN. Auf Wiedersehen, mein Herr.


Quelle:
Molière: Der eingebildete Kranke. Leipzig 1945, S. 45-46.
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