Das Jubelfest.

[90] Der festliche Tag war nun da; man läutete die Glocken – die benachbarten Dorfschaften hatten sich versammlet – die Menge der Zuhörer fand in der Kirche nicht Platz. –

Der Grobschmidt Kersting war bei diesem Jubelfeste verreißt. –

Musik und Rede sollten nun vereint auf die Zuhörer wirken.

Vokal- und Instrumentalmusik war beisammen, denn aus dem nächsten Städchen waren die Chorschüler zu diesem Fest geladen, und der adjungirte Kantor aus eben diesem Städtchen dirigirte die Musik.

Die Musik sollte sich mit einem vollstimmigen Hallelujah schließen, und Hartknopfs Rede mit einem Hallelujah in die Musik einfallen.[91]

Welcher Genius ihn auf diesen sonderbaren spielenden Einfall brachte, ist mir noch jetzt ein Räthsel.

Wie nun ein Unglück selten allein kömmt, so war die alte Emporkirche, auf der die kleine Orgel stand, lange nicht so gedrückt und erschüttert worden, als jetzt durch die Bewegungen der Sänger und Saitenspieler, und vorzüglich durch den Fußtritt des adjungjrten Kantors, welcher den Takt trat.

Nun stand aber oben auf der Orgel, gerade der Kanzel gegen über, mit losen Füßen, wie schwebend, ein großer vergoldeter Engel. – Dieser fieng zuerst allmählig an zu nicken, so wie der Kantor mit dem Fuß auftrat – und nachdem er verschiedenemale vorwärts genickt hatte, stürzte er auf einmal mit gewaltigem Sturze mitten unter die Sänger, die ihm Platz machten, und unbeschädigt aber erstaunt und erschrocken um ihn her standen.

Der mächtige Fußtritt des Kantors machte, daß die Musik noch wieder in Takt kam.

Hartknopf trat auf die Kanzel, und das bedeutende Hallelujah, womit das Chor sich schliessen,[92] und die Predigt sich anfangen sollte, wälzte sich nun erst durch eine Anzahl Fugen hindurch – wo der Alt, nach einer Pause immer einfiel, mit Ha! – Ha! – so daß die letzte Silbe von Hallelujah, und dieses Ha! zusammen trafen, um den abgebrochenen Freudenschrei desto vollkommner nachzubilden; in welchen denn Hartknopfs Hallelujah von der Kanzel einfallen sollte.

Nun hatte der herabgestürzte Engel zwar einige Unordnung erregt – aber alles gieng doch noch gut, bis auf den Altisten, neben welchen er dicht niedergestürzt war, und der sich noch nicht von seinem Schreck erhohlet, und in der Angst unrecht pausirt hatte, so daß er nun auf einmal, da die ganze Musik vorbei war, mit seinem Ha! – Ha! aus vollem Halse nachkam, und dieses nachgebliebene Ha! Ha! mit Hartknopfs feierlichem Hallelujah von der Kanzel gerade zusammen traf, welches den lächerlichsten Kontrast machte, den man sich denken kann.

Quelle:
Karl Philipp Moritz: Andreas Hartkopf. Prediger Jahre, Berlin: Johann Friedrich Unger, 1790. , S. 90-93.
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