Siebenter Auftritt.

[52] Die Vorigen ohne Chor, dann Bombardon und Chor.


COLAS. Da hast du's! Sapperment! Stellt meine Courage nicht noch länger auf die Probe! Es ist auch eine kuriose Zumutung, sich für einen andern totschießen zu lassen, um dann zu heiraten! Ferner Trommelschlag. Basta! Das zweite Trommelzeichen! Die Kompagnie rangiert sich. Mein Reisebündel, meinen Abschiedskuß – noch einen Abschiedskuß! Küßt erst Therese, dann Christine. Christine, Schwester, auch einen Abschiedskuß – ach, da kommt der Sergeant, mich zu holen. – Vorwärts, Sergeant, die große Armee ist bereit.

Chor der jungen Mädchen mit Bombardon über den Hügel; sie bleiben im Hintergrunde stehen.


BOMBARDON auf dem Hügel. Halt!

COLAS. Was halt – wenn die Kompagnie marschiert?

BOMBARDON vorkommend. Die Kompagnie wird ohne ihn marschieren.

ALLE DREI. Was soll das bedeuten?

BOMBARDON. Einen Auftrag an Sie, schöne Demoiselle, liebevolle Schwester. Lassen Sie mich aus Ihren Händen das goldene Kreuz empfangen, das Sie jenem zusagt, der sich für Ihren Bruder als Ersatz bietet! Der Ersatzmann hat sich gestellt!

Allgemeine Bewegung.

Nr. 7. Finale.


CHRISTINE.

Ist's möglich! O Himmel,

Erhört ist mein Flehn!

THERESE.

Du bleibst mir, mein Männchen,

Du brauchst nicht zu gehn![52]

COLAS.

Kaum fass' ich's, kaum glaub' ich's;

Wie ist das geschehn?

CHRISTINE.

Ich bitt' Euch, lieber Sergeant,

Ihr habt den Retter nicht genannt.

O sprecht, :|: o sprecht, :|: zu seinen Füßen

Soll ihn mein heißer Dank begrüßen.

BOMBARDON.

Er ist Euch Freund.

Den Namen muß ich Euch verschweigen.

Kehrt er einst aus dem Krieg zurück,

So wird dies Kreuz ihn Euch bezeigen.

THERESE.

O welch ein Glück, o welch ein Glück!

Nun bist du heute noch mein eigen.

CHRISTINE.

Verbirgt er sich auch meinem Blick,

Mein Herz ist doch dem Edlen eigen.

COLAS.

Dem Fremden weihst du dein Geschick?

CHRISTINE.

Wie, sollt' ich zögern, sollt' ich fragen?

Kann er – wo keine Liebe beut,

Kann er für mich sein Leben wagen,

Sei auch das meine ihm geweiht.


Zu Bombardon, mit Begeisterung.


Nehmt hin das Kreuz, in seine Hand

Legt es als meines Schwures Pfand;

Beschütz ihn Gott – kehrt er zurück,

So teil' ich freudig sein Geschick!

BOMBARDON.

In seinem Namen nehm' ich's an!

Und seid getrost – er ist ein Ehrenmann.

Und nun seid lustig, liebe Leute,

Und feiert eure Hochzeit heute!

Die Mädchen kommen nach vorn. Einige winken, worauf der ganze Bauernchor auftritt. Während des Chorgesanges der Mädchen wird der Braut der Kranz aufgesetzt und das Bukett überreicht.


THERESE.

:|: Herbei, ihr Mädchen, all' herbei!

Vernehmt mein Glück – Colas ist frei!

Geschwind den Strauß, den Hochzeitskranz,

Ihr Mädchen, schlingt den Hochzeitstanz![53]

CHOR DER MÄDCHEN.

Herbei, ihr Leutchen, all' herbei,

Therese freit, Colas ist frei!

Geschwind den Strauß, den Hochzeitskranz,

Und fliegt zum lust'gen Hochzeitstanz! :|:

Tanzmusik. Dann Trommelwirbel.


BOMBARDON.

Ich kann die Braut nicht engagieren,

Die Trommel ruft, ich muß marschieren,

Doch fordr' ich als verdienten Lohn,

Pardon!

Den Abschiedskuß für Bombardon.


Er küßt Therese. Dann zu Christine, salutierend.


Mademoiselle – ich grüße Sie.

CHRISTINE.

Bringt meinen Gruß dem unbekannten Retter,

Sagt ihm, ins wilde Schlachtenwetter

Begleite ihn Christinens Segensflehn.

CHOR DER SOLDATEN hinter der Szene.

Plan, plan, rataplan.

BOMBARDON.

Horch, schon marschiert die Kompagnie!

Marsch! Kehrt! Lebt wohl, auf Wiedersehn!

Die Rekruten, in Blusen mit Soldatenmützen, Ränzel auf dem Rücken, Stöcke in der Hand, treten im Marschtempo auf, ein Tambour voran, zwei Soldaten in der Uniform Bombardons mit den Gewehren auf der Schulter als Eskorte. Rekruten und Soldaten stellen sich im Hintergrunde auf.


CHOR DER SOLDATEN.

:|: Auf zum Kampf! Auf zum Sieg!

Frohen Muts

Ziehn wir in den Krieg! :|:

Nur wer im Kampfe mutig stritt,

Der bringt des Sieges Lorbeer mit.

Auf zum Kampf usw.

BOMBARDON auf dem Hügel.

Lebt wohl, ihr Mädchen hold und fein,

Leb wohl, du Braut im Hochzeitskranze,

:|: Und wird der Sieg errungen sein,

Dann kommen auch wir zum Tanze. :|:

Plan, plan, plan, rataplan!

[54] CHRISTINE.

Könnt' ich ihn sehen,

Ach, ihn erspähen,

:|: Mein heißes Flehen

Folgt ihm zum Streit. :|:

THERESE.

Rasch, liebe Gäste,

Zum Hochzeitsfeste,

:|: Es wartet der Maire schon,

's ist höchste Zeit. :|:

COLAS.

Rasch, liebe Gäste,

Zum Hochzeitsfeste,

Du, teure Schwester,

Hast mich befreit.

THERESE.

Dir danken wir den Festesglanz,

Auf, schmücke dich zum Hochzeitstanz.

Bombardon stellt sich an die Spitze des Zuges und marschiert mit ihm ab. – Gleich darauf treten die Dorfmusikanten – ein Geiger, ein Bassist, ein Flötist, ein Klarinettist usw., hinter ihnen ein Zug Tänzer und Tänzerinnen auf. Die Musikanten stellen sich rechts auf Tischen und Stühlen auf. Allgemeiner Tanz; Christine lehnt jede Teilnahme daran ab. Es ist inzwischen dunkel geworden, mit Abendrotbeleuchtung. Sobald die Walzermelodie zum letztenmal ertönt, geht alles ab, zuerst die Musikanten, dann die Hälfte der Brautjungfern, das Brautpaar, die andere Hälfte der Brautjungfern, Ballett und Chor. Christine bleibt allein zurück.


CHOR DER SOLDATEN in der Ferne verklingend.

Plan, :|: plan, plan, :|: rataplan.

CHOR.

Auf zum Tanz!

:|: Die Flöte tönt, der Brummbaß klingt,

Es klingen froh die Geigen. :|:

:|: Ihr Bursche auf, die Mädchen schwingt,

Tanzt frisch zum Hochzeitsreigen. :|:

CHOR DER SOLDATEN hinter der Szene.

Plan, plan, rataplan.

GONTRAN hinter der Szene.

Vaterland, Heimatland –

CHRISTINE.

Horch![55]

GONTRAN.

Du siehst mich scheiden,

Grab meiner Leiden,

Wiege der Freuden,

:|: Fahr wohl, fahr wohl! :|:

CHRISTINE niederkniend.

Leb wohl! leb wohl!

Der Vorhang fällt langsam.


Quelle:
Ignaz Brüll: Das goldene Kreuz, nach dem Französischen von H.S. von Mosenthal, Leipzig [o. J.], S. 52-56.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Meine Erinnerungen an Grillparzer

Meine Erinnerungen an Grillparzer

Autobiografisches aus dem besonderen Verhältnis der Autorin zu Franz Grillparzer, der sie vor ihrem großen Erfolg immerwieder zum weiteren Schreiben ermutigt hatte.

40 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon