Zwölfter Auftritt

[29] Die Vorigen. Herr Fluth. Herr Reich. Dr. Cajus. Junker Spärlich. Bürger, Frauen.


FRAU FLUTH.

Da sind die Jäger wieder

Und haben nichts gejagt.

FRAU REICH heimlich zu ihr.

Nun setz dich weinend nieder

Und stell dich recht verzagt!

FLUTH zu einigen Männern.

Nichts? ...

DIE MÄNNER.

Nichts! ...

Frau Fluth hat sich weinend in einen Sessel geworfen.


FRAU REICH mit Frau Fluth beschäfligt, unterstützt sie.

So sagt doch, was Euch fehlet?

FRAU FLUTH weinend.

Ich sterb' vor Gram und Schmerz!

FRAU REICH zu Fluth mit Vorwurf.

Ihr habt sie so gequälet,

Das arme treue Herz!

Da schaut die Ärmste an, Tyrann!

ALLE zu Fluth.

Tyrann, Tyrann!

FRAU FLUTH aufstehend.

Ach, ach, ach,

Ach, einst in jenen Tagen,

Wo er mir Treue schwur,

Da kannt' ich keine Klagen,

Sein Herz war Liebe nur.

Doch blinde Wut beseelet

Ihn jetzt o Pein und Not!

Der Eifersücht'ge quälet

Mich arme Frau zu Tod!

Er quälet mich zu Tod!


Sie weint.


FLUTH.

Ich kam, ein Wild zu jagen,

Und finde keine Spur.

FRAU REICH.

Die Eifersücht'gen plagen

Sich selbst und andre nur.

FLUTH.

Der Teufel mußt' mich plagen –

Unglückliche Natur!

FRAU REICH.

Er kam, ein Wild zu jagen –

FRAU FLUTH UND FRAU REICH.

Und findet keine Spur.[29]

FRAU FLUTH.

Ach, einst in jenen Tagen usw. usw.

FLUTH.

Die Eifersucht beseelet

Mein Herz – o Pein und Not!

Ihr falschen Weiber quälet

Uns arme Männer tot!

DIE ANDERN.

Er kam, ein Wild zu jagen,

Und findet keine Spur;

Die Eifersücht'gen plagen

Sich und die andern nur.

Oh, wie er wütet,

Er quält die Frau noch tot.

Ach, Euer Zweifel quält

Die arme Frau zu Tod.

Der Eifersücht'ge, wie er sie quälet

Und wütet ohne Not.

FLUTH demütig.

Verzeih, mein liebes Weibchen!

Verzeih, ein Brief vertraute mir,

Es sei der Ritter John bei dir ...

FRAU FLUTH sich zornig stellend.

Wie? Was? Entsetzlich!

Abscheulicher! Ich hab' es satt,

Nicht länger will ich leiden!

Erfahren soll die ganze Stadt,

Was man mit dir für Plage hat.

Noch heut laß ich mich scheiden.

ALLE.

Oho!

FRAU FLUTH.

Noch heut laß ich mich scheiden.

ALLE.

Tyrann! Tyrann!

FLUTH.

Ach, der verwünschte Brief nur hat

Verursacht all dies Leiden.

So seid doch still – nun hab' ich's satt,

So schweig doch still, ich hab' es satt,

Du schreist ja auf die ganze Stadt!

Das sind die Eh'standsfreuden!

FRAU FLUTH.

Erfahren soll die ganze Stadt,

Was man mit dir für Plage hat.

Ich – laß – mich – scheiden!

ALLE ANDERN.

Tyrann! Tyrann! Das alles hat

Sie unverdient zu leiden!

Erfahren soll die ganze Stadt,[30]

Was sie mit Euch für Plage hat,

Mit Recht läßt sie sich scheiden.

Quelle:
Otto Nicolai: Die lustigen Weiber von Windsor. Stuttgart 1962, S. 29-31.
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