11. Auftritt.

[21] Steinkirch. Bertha.


STEINKIRCH von rechts. Ah eine Dame. – Hab' ich vielleicht das Glück, die Frau vom Hause zu begrüßen.

BERTHA kalt. Allerdings.

STEINKIRCH. Ich hoffe nicht, daß meine Anwesenheit Ihnen irgend welche Unbequemlichkeit verursacht.[21]

BERTHA. Ihre Anwesenheit mir unbequem –? ich wüßte nicht, wie das sein könnte.

STEINKIRCH für sich. Entgegenkommend ist sie nicht.

BERTHA. Ein dreister Herr – der Schreiber!

STEINKIRCH im Conservationston. Der Himmel scheint seine Ungerechtigkeit wieder gut machen zu wollen.

BERTHA. Der Himmel?

STEINKIRCH. Nachdem er uns durch nasses und kaltes Wetter um den Frühling gebracht hat, läßt sich der Sommer freundlich an.

BERTHA etwas spitz. Sie scheinen ein Wetterbeobachter – Herr mein Mann hat mir Ihren Namen nicht genannt.

STEINKIRCH. Steinkirch heiß ich!

BERTHA. Dort ist der Schreibtisch meines Mannes!

STEINKIRCH sich umsehend. Schreibtisch – ein sehr hübscher Schreibtisch. – Die Kunst, Möbel zu verfertigen, ist in neuer Zeit sehr weit vorgeschritten – wenn ich bedenke –

BERTHA ihn unterbrechend. Wollen Sie die Akten meines Mannes nicht einmal durchsehen?

STEINKIRCH. Akten? – gewiß sehr interessante Akten. Aber ich werde mir nicht erlauben in Ihrer Gegenwart –

BERTHA. Lassen Sie sich durch meine Gegenwart keinen Zwang auflegen. –

STEINKIRCH. Oh – bitte, ich kenne meine Schuldigkeit! – Das Stiftungsfest des allgemeinen Sängerbundes wird in diesem Jahr gewiß sehr glänzend ausfallen.

BERTHA bei Seite. Fängt er auch schon davon an. Laut. Dort ist der Schreibtisch meines Mannes.

STEINKIRCH sich umsehend. Was will sie nur immer mit dem Schreibtisch! Laut. Schade, daß die Damen an dem Fest nicht Theil nehmen können –[22]

BERTHA aufstehend, gereizt. Das fehlte noch!

STEINKIRCH. Aber es sind leider zu viel Stimmen dagegen – Männergesang, behaupten sie, könne nur in Männergesell-

BERTHA bei Seite. Zudringlicher Mensch! Laut. Dort ist der Schreibtisch meines Mannes! Bei Seite. Jetzt wird er wohl endlich seine Stellung begreifen. Ab nach links.

STEINKIRCH sieht ihr verwundert nach. Die Frau muß eine fixe Idee mit dem Schreibtisch haben! Oder sollte ich doch nicht willkommen hier im Hause sein? Hartwig behauptete, ich würde eine vortreffliche Aufnahme finden. – Scheffler schien mir schon etwas zerstreut – und die Frau mit ihrem Schreibtisch war nichts weniger wie entgegenkommend. Nein, nein – meine Reisetasche ist noch nicht ausgepackt – das Beste wird sein, ich suche im Gasthof ein Unterkommen. Will ab.


Quelle:
Gustav von Moser: Lustspiele. Band 1, Berlin 1873, S. 21-23.
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