4. Auftritt.

[39] Brimborius. Vorige.


BRIMBORIUS durch die Mitte. Alter Freund – grüß Euch Gott. Meine Damen – mich bestens zu empfehlen.

BOLZAU indem er die Arme von Wilhelmine und Ludmilla losläßt. Der auch noch!

BRIMBORIUS. Ich störe doch nicht etwa?

BOLZAU. Wir wollten eben zu Tisch gehn!

BRIMBORIUS. So will ich Euch nicht aufhalten – nur zwei Worte. Bolzau, Ihr müßt den Vorsitz bei Tafel führen!

BOLZAU. Ich?

BRIMBORIUS. Als Festordner habe ich übernommen, Euch das mitzutheilen.

BOLZAU bei Seite. Das fehlte noch! Laut. Ihr müßt mich entschuldigen – ich gehe gar nicht hin.[39]

BRIMBORIUS. Ah – Scherz, alter Freund. Wir haben in der ganzen Stadt Niemand, der sich dazu eignet, so wie Ihr, des Wortes mächtig – die gewisse Würde – die nöthige Umsicht –

BOLZAU. Ja, ich kenne das – Jeder will bei der Gelegenheit eine Rede halten. Da macht man's Keinem Recht, dem Einen giebt man das Wort zu früh – dem Andern zu spät. Ich danke für das Amt.

WILHELMINE. Es ist ein Ehrenamt – Du kannst es eigentlich gar nicht ausschlagen.

BOLZAU. Lieber Brimborius, habt Ihr schon gegessen?

BRIMKORIUS. Ja.

BOLZAU. Ich noch nicht!

BRIMBORIUS. So sagt nur ja und ich störe Euch nicht länger.

WILHELMINE. Lieber Mann –

LUDMILLA. Lieber Oheim –

BRIMBORIUS. Alter Freund!

BOLZAU. Ja denn – ja, ja – sonst bekomme ich wirklich nichts zu essen. Zu Wilhelmine. Thut mir den Gefallen und setzt Euch nur immer – gieb die Suppe auf – ich komme sogleich nach! – Bei Seite. Die Kapaunen müssen schon ganz braun sein!

WILHELMINE. Komm, Ludmilla!

BRIMBORIUS. Habe die Ehre, meine Damen! Wilhelmine und Ludmilla rechts ab.

BRIMBORIUS. Also abgemacht, alter Freund – Du kommst! Giebt ihm die Hand. Das ist Recht!

BOLZAU ihn an der Hand haltend und gegen die Thür führend. Ja ja – ich danke Dir sehr für Deine Bemühung!

BRIMBORIUS. Oh – bitte –

BOLZAU sich verbeugend. Herzlichen Dank!

BRIMBORIUS. Gesegnete Mahlzeit. Will ab.

BOLZAU. Danke. Geht nach vorn. Gott sei Dank![40]

BRIMBORIUS. Alter Freund, noch eins – Kommt wieder vor.

BOLZAU. Herrjeh – herrjeh!

BRIMBORIUS. Denkt Euch – ich habe die Böller von der Schützengilde erhalten –

BOLZAU resignirt. Das ist mir ja ganz außerordentlich lieb!

BRIMBORIUS. So wie der Zug den Garten betritt, wird er mit Böllerschüssen empfangen.

LUDMILLA an der Thür. Lieber Oheim – die Suppe wird kalt.

BOLZAU. Der Mensch feuert ja hier noch Böllerschüsse auf mich ab! Ich komme gleich.

LUDMILLA ab.

BRIMBORIUS. Ja so! Nochmals lebt wohl! Giebt ihm die Hand.

BOLZAU bei Seite. Jetzt laß ich ihn nicht wieder los! Führt ihn nach hinten an die Thür.

BRIMBORIUS. Sagt mal, glaubt Ihr wohl, daß die Böller eine doppelte Ladung vertragen würden? Bleibt stehen.

BOLZAU. Oh ja! Führt ihn weiter.

BRIMBORIUS. Es giebt einen bessern Knall! Bleibt stehen.

BOLZAU führt ihn wieder weiter. Ihr müßt es versuchen, alter Freund!

BRIMBORIUS. Wünsche Euch wohl zu speisen! Ab durch die Mitte.

BOLZAU. Endlich ist er fort. Ah – Luft! Ich glaube, mein bischen Essen wird mir heut gar nicht bekommen. Jedenfalls find die Kapaunen jetzt schon schwarz. Will rechts ab.


Quelle:
Gustav von Moser: Lustspiele. Band 1, Berlin 1873, S. 39-41.
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