Siebente Scene.

[7] Johann gleich darauf. Milchfrau durch die Mitte.


JOHANN. Ja – wenn die Sachen so stehn – denn wird's wohl heißen: Marsch erstes Ufgebot – Nu ich habe die Ehre, erstes Ufgebot zu sein. – Na, wir wollen die Sache schon kriegen – da is mich nu jar nich bange – jar nich.

MILCHFRAU durch die Mitte. Aber is denn och jar Niemand nich hier? Des is ja ne Zucht – keen Mensch in der Küche – als wenn schon Allens geflohen wäre vor de Franzosen – ach da sind Sie ja, Herr Johann.

JOHANN. Ju'n Morgen, Herr Milchmann.

MILCHFRAU. De drei Quart hab ich in die Küche gestellt. Aber hören Se – es is gut – deß ich Sie finde – ich habe schon ne janze Weile draußen uf'n Flur uf Ihnen gewart.

JOHANN. Uf mir, schöne Michfälscherin?

MILCHFRAU. Ich hatte mir vorgenommen, Ihnen was zu fragen – Sie sind ja een verständiger Mann – un werden mich gewiß een guten Rath jeben können!

JOHANN. Ah – sehr schmeichelbar – mit dem größten Vergnügen.

MILCHFRAU. Sehn Se – die Sache is die – ich fahre nu schon 5 Jahre als Wittwe de Milch aus Groß- Ziethen nach Berlin.

JOHANN trocken. Hm – über'm Gesundbrunnen!

MILCHFRAU. Hab' mer och janz ehrlich en hübsches Sümmchen verdient. Un nu kenne ich Eenen – der och een paar Iroschens hat – nen soliden Mann – der Freude un Leid des Milchgeschäfts mit mir theilen will.

JOHANN trocken. Hm – so mitplantschern.

MILCHFRAU. Was ich nu aber fragen wollte – Se reden so alleweile jetzt so fürchterlich ville von Krieg –

JOHANN. Na deshalb wird Ihnen de Milch nich zusammenloofen – wenn's noch een Donnerwetter wäre![8]

MILCHFRAU. Ne – des nich – Aber müssen denn nu – wenn's wirklich los jeht – alle Männer mit im Krieg?

JOHANN nachdenkend. Hm – ingesegnet is er doch Ihr Charmanter?

MILCHFRAU. Na des versteht sich. Was denken Se denn von mich?

JOHANN. Denn muß er ooch mit!

MILCHFRAU. Er is aber nu schon mehr wie ingesegnet – ville mehr!

JOHANN. Ach Herrjeh – een oller Bursche un so ne schöne Alpnerin?

MILCHFRAU. Na – een gesetzter Mann, wie ich en brauche!

JOHANN. Helft ihm Allens nischt – muß ooch mit. Beiläufig. Sagen Se – wie ville haben Se sich denn gespart? Wenn ich Ihnen en juten Rath jeben soll – warten Se de Krisis ab.

MILCHFRAU. De Krisis – was is denn des?

JOHANN. Na – wie soll ich Ihnen des erklären – Krisis is zum Beispiel: Wenn so ne Menge Dokters an een Kranken rumgedoktert haben, een endlich ufgegeben – un de Natur hilft sich denn selber – des ist de Krisis.

MILCHFRAU. Aha – aber was glauben Sie denn nu eijentlich – wird denn Krieg oder Frieden werden?

JOHANN. Ja – sehn Se – da kommts nu wieder uf de Krisis an Beiläufig. Wieviel haben Se sich denn gespart?

MILCHFRAU. Na, so meine 600 Thälerchen hab' ich wohl.

JOHANN bei Seite. 600 Thaler? Un bei den vorjährigem Wassermangel – na wenn mir nu erst nasse Jahre haben. Laut. Hören Sie – ich glaube, es wird een doller Krieg – lassen Se den Ollen schießen Will sie umarmen. ich nehme so Theil an Ihnen – ich kann's Ihnen jar nich sagen – Se könnten wahrhaftig noch mal Wittwe werden – eh Se gehairathet hätten Will ihr einen Kuß geben. Ich will Ihnen helfen – Nenne mich Du.

MILCHFRAU. Na hören Se – von wegen die Krisis können Se mer leid thun, Herr Johann. Will gehn.[9]

JOHANN. Oho – aber Krieg wird doch, sag ich' Ihnen, schöner Milchmann – un Ihr Oller muß ooch mit – wir müssen Alle mit – ich sage Ihnen, es wird ein Kapitalkriegelchen, – des Blut wird fließen, daß Se die Erdaxe mit einschmieren können.

MILCHFRAU abgehend durch die Mitte. Johann, Sie sind een grausames Ungeheuer!


Quelle:
Gustav von Moser: Krieg oder Frieden? Berlin [o.J.], S. 7-10.
Lizenz:
Kategorien: