4.


Der Urin von einer Epidemie.

[46] In einem Dorfe lag der größte Theil der Einwohner an einer epidemischen Krankheit darnieder. Sie kamen mit einander überein, daß sie einen Arzt in der Stadt zu Rathe ziehen wollten, einer von ihnen sollte sich ein Recept schreiben lassen, und da sie sämtlich nur eine Krankheit hätten, so wollten sie alle die Arzney gebrauchen. Der Schulze gab dagegen den Rath, daß es nicht einmal nöthig sey, daß einer von ihnen sich dem Doktor zeige; sondern sie wollten den Urin von allen Einwohnern im Dorfe sammeln, in ein Faß gießen, und dieses dem Doktor schicken, damit er daraus die Krankheit ersehen könnte. Dieser Vorschlag fand allgemeinen Beyfall, und das Faß voll Urin wurde wirklich dem Doktor vor sein Haus gefahren.

Quelle:
[Nebel, Ernst Ludwig Wilhelm:] Medicinisches Vademecum für lustige Aerzte und lustige Kranken [...] Theil 1–4, Frankfurt, Leipzig 1795 (Bd. 1), 1796 (Bd. 2); Berlin, Leipzig 1797 (Bd. 3); Berlin, Leipzig 1798 (Bd. 4), S. 46.
Lizenz:
Kategorien: