1.


Ein übel gegebenes Gutachten.

[128] Einige Handwerksgesellen geriethen in der Schenke in Streit und schlugen sich untereinander, und die Sache wurde sogleich bey der Obrigkeit angezeigt. Da einer der Gesellen besonders heftig geschlagen war, so wurde der Physikus des Orts abgeschickt, um sein Gutachten über den Verwundeten zu geben; die andern wurden alle gefänglich eingezogen. Das Gutachten fiel sehr ungünstig für die Gefangenen aus: denn nach demselben waren die Verwundungen so stark, daß der Geschlagene nur noch wenige Tage zu leben hätte. Als dieser aber die Nachricht hörte, so erschrack er über das bevorstehende Schicksal seiner Kameraden; er nahm deßwegen am andern Morgen seinen Ranzen und gieng auf und davon.

Quelle:
[Nebel, Ernst Ludwig Wilhelm:] Medicinisches Vademecum für lustige Aerzte und lustige Kranken [...] Theil 1–4, Frankfurt, Leipzig 1795 (Bd. 1), 1796 (Bd. 2); Berlin, Leipzig 1797 (Bd. 3); Berlin, Leipzig 1798 (Bd. 4), S. 128.
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