2.

Avicenna und andre alte Aerzte haben schon gelehrt, daß man die Luft mit Windfächern reinigen müsse, wenn man an eingeschlossenen Oertern ohne Gefahr leben wolle. In neuern Zeiten haben[50] besonders die Engländer und die Franzosen sich bemüht, die Menschen vor den Gefahren einer mit faulen Dünsten angefüllten Luft zu retten. Besonders schrecklich fand D. Stephan Hales die Wirkungen einer solchen Luft in Gefängnissen und auf den Schiffen. Beyden schlug daher dieser verdiente Arzt eine Maschine vor, die eine Art von einem großen künstlichen Blasebalg (Ventilator)1 war, der durch Röhren mit den Zimmern der Gefängnisse, und mit den Böden der Schiffe Gemeinschaft hatte. Durch diese Röhren, die eine künstliche Zugluft verursachten, zog die faule Luft heraus. Vielleicht war dem Doktor das Verfahren der Perser bekannt, die, um sich in ihren Zimmern frische Luft zu verschaffen, durch künstlich gemauerte Luftfänge jeden Wind in das Untere der Häuser leiten, und die Zimmer durchwehen machen. Wie dem aber sey, die Wirkungen seiner Maschine waren über alle Erwartung groß. Es wurden in dem Gefängnißhause zu Newgate einige solcher Ventilators, die vermittelst einer Windmühle wirkten, aufgestellt. Die Röhren waren in 24 Zimmer geleitet, und es starben in den ersten vier Monaten nur 7 Gefangene, da man in jedem der 6 vorhergehenden Jahre 90 bis 100 Todte gehabt[51] hatte. – In dem Gefängnisse Savoy waren die Ventilators 4 Jahre lang gebraucht. Im Jahre 1749 starb daselbst von 200 Gefangenen nur Einer, und zwar an den Blattern. Im Jahre 1750 starben von 240 Gefangenen nur 2, die an 3 Monat gesessen hatten. Im Jahre 1751 starb Niemand, im folgenden Jahre nur ein einziger heißhungriger Mensch. Dies geschah vier Jahre hintereinander in einem Gefängnisse, worinn, ehe die Ventilators angelegt waren, Jahr aus Jahr ein, 50 bis 100 Personen von der ungesunden Luft starben; obgleich die Gefangenen oft in die freye Luft geführt, und die Zimmer sehr reinlich gehalten wurden. – Unzers Arzt I. Bd. 4. St.[52]

Fußnoten

1 Sutton's Methode, die Luft auf den Schiffen, vermittelst gewisser blecherner Röhren, die aus allen Räumen des Schiffs nach dem Feuerheerde gehen, durchs Feuer zu reinigen, ist auch vortrefflich.


Quelle:
[Nebel, Ernst Ludwig Wilhelm:] Medicinisches Vademecum für lustige Aerzte und lustige Kranken [...] Theil 1–4, Frankfurt, Leipzig 1795 (Bd. 1), 1796 (Bd. 2); Berlin, Leipzig 1797 (Bd. 3); Berlin, Leipzig 1798 (Bd. 4).
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