Siebenzehnter Auftritt


[404] Vorige. Frau von Erbsenstein. Gigl und Thekla.


GIGL durchs Gittertor zurückkommend. Die Wagen sind bestellt.

SCHNOFERL. Triumph! schrei Triumph, Gigl, ich bitt' dich!

GIGL schreit. Triumph! – aber du, wegen was denn?

FRAU VON ERBSENSTEIN mit Thekla aus dem Hause. Was is denn g'schehn?

SCHNOFERL. Gnädige Frau! Mamsell Thekla, ich bitt' Sie um alles in der Welt, schreien Sie Triumph! aber aus vollem[404] Hals, Sie haben gar nix zu tun als Triumph zu schreien, all's andere hab' ich schon getan.

FRAU VON ERBSENSTEIN. Werden S' jetzt g'scheit werden oder nicht?

SCHNOFERL zu Thekla. Die Ehre Ihres Vaters ist gerettet!

THEKLA. Wär's möglich!?

SCHNOFERL. Ich hab' einen Brief entdeckt, der seine Unschuld sonnenklar beweist. Hören Sie nur. Liest. »Lieber Käfer! Heut' muß noch die Sach' geschehen, ich bin auf ein paar Tage aufs Land, um jede Idee von mir abzulenken. Der alte Stimmer geht täglich um 7 Uhr aus der Schreibstube, halb 8 Uhr is also die beste Stund. Die Schlüssel zu Vortür und Zimmer hast du, du brichst die Kassa auf, wie verabredet, bringst mir heute noch den Inhalt derselben, nachdem du dir deine Belohnung per 200 Dukaten abgezogen, und die Komödie is in Ordnung.« – Das is ein Einbruch durch die dritte Hand, und er nennt das eine Komödie!

FRAU VON ERBSENSTEIN. Ja, von wem ist denn der Brief?

SCHNOFERL. Keine Unterschrift, aber wir kommen schon drauf. Offenbar is der Käfer der Helfershelfer, und der, der den Brief geschrieben hat, is der Täter.

FRAU VON ERBSENSTEIN einen Blick auf den Brief werfend, welchen Schnoferl noch in Händen hat. Wenn man nur die Schrift erkennen könnt' – Heftig erschreckend, beiseite. Um Gottes willen, das is mein Onkel seine Schrift –

SCHNOFERL welcher gegen Thekla gewendet war, sich zu Frau von Erbsenstein kehrend. Was sagen Sie?

FRAU VON ERBSENSTEIN sich zu fassen suchend. Nichts, ich – kenn' die Schrift nicht –

SCHNOFERL. Na, freilich, wie sollen Ew. Gnaden einem jeden Halunken seine Schrift kennen, ich kenn s' auch nicht. Aber nur Geduld, wir kommen schon auf den Grund.[405]


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 404-406.
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