Vierte Szene


[519] Ottilie, Puffmann.


OTTILIE von rechts. Sind sie fort?

PUFFMANN nach links Vordergrund zeigend. Dort fahren sie hin.

OTTILIE. So hätte ich sie los, die Nebenbuhlerin!

PUFFMANN mit Staunen. Nebenbuhlerin? Die Gnädige entschuldigen einen leisen Starrkrampf der Verwund'rung.

OTTILIE. Glauben Sie denn, daß mich, indem ich die Schwachheit des Mädchens protegierte, alberne Herzensgüte leitete oder gar schnöder Eigennutz wie Sie –

PUFFMANN. Die Gnädige belieben in mir immer nur den habsüchtigen Schmutzian zu sehen. Mein Eigennutz hat etwas Respektables, seitdem er sich in den Salonfrack des Dominierens geknöpfelt.

OTTILIE. Sie durchkreuzten also die Heiratsidee des Barons –?

PUFFMANN. Weil ich ihn ledig haben will. Den verheirateten Baron würde die junge Frau beherrschen, den ledigen beherrsche ich.

OTTILIE. Recht so, er verdient es, der Sklave seines Sklaven zu sein, weil er die Rosenfesseln drückend fand, mit welchen damals ein liebend Mädchen ihn umschlingen wollte.

PUFFMANN. Ha! Aufklärung! Das is die Nebenbuhlerei! Sie selbst sind das damalige Mädchen mit den damaligen Rosenfesseln.

OTTILIE. Die Liebe, die er damals herzlos mir versagte, wendet er nun vernunftlos seiner Mündel zu. Es ist[519] eine Genugtuung, die ich mir selbst schuldig war, daß ich vereint mit Ihnen wirkte im Zerstörungsplan seiner Wünsche.

PUFFMANN. Wir feiern einen stillen, aber schönen Triumph. Es versteht sich von selbst: zweckmäßiges Benehmen beim Bekanntwerden der Flucht! Die gnädige Fräul'n schreien Zeter, ich schrei' Mordio!

OTTILIE. Wenn man nur ihrer Trauung keine Schwierigkeit macht!

PUFFMANN. Dafür hab' ich gesorgt. Ich habe im Geburtsschein der Fräulein Hermine, den der Baron in Verwahrung hat, eine kleine Korrektur in der Jahreszahl unternommen, die Fräulein um drei Jahr' älter gemacht, folglich majorennisiert und hab' eine vidimierte Abschrift fabriziert, die sich fürs Ausland gültig genug präsentiert.

OTTILIE erschrocken. Himmel, was sagen Sie –!? Und mich wollen Sie zur Mitwisserin machen, zur Mitschuldigen einer Tat, wo die Gerichte –

PUFFMANN sie unterbrechend. Aber, Gnädige –

OTTILIE. Still, kein Wort mehr! Ich habe nichts gehört ich weiß nichts – ich will nichts wissen – Gott, wenn die Gerichte – ich bin des Todes! Eilt nach rechts ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 4, Wien 1962, S. 519-520.
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