Zwölfte Szene


[563] Peter, Klara.


KLARA. Er geht! –

PETER. Und schreibt! –

KLARA. Entsetzlich!

PETER kopfschüttelnd und einigermaßen von Zweifeln ergriffen, für sich. Hm, die G'schicht' mit dem Buben und mit 'n Geld is etwas. – Laut und sehr ernst. Klara, auf ein Wort – es is nur eine Frag'. Verlegen, seinen Zweifel aussprechen zu können.

KLARA. Oh, mein lieber Bruder, du jetzt noch mein einziges auf dieser Welt! Sinkt weinend an seine Brust.

PETER mit Herzlichkeit und Vertrauen. Nein, die Frag' wär' zu dumm! Ich hab' dich fragen wollen, ob du mir ins G'sicht schauen kannst?

KLARA mit Innigkeit seine Hand fassend und zu ihm aufblickend. Peter, ich schwöre dir –

PETER. Du hast nix zu schwören, Schwester, für dich hat die Natur schon 's Zeugnis abgelegt. Stirn und Aug' sind ihre Protokolle, unsere Konduitelisten, unser Steckbrief' und Belobungsdekret' sind da notiert! – Und wer dir in d' Augen schaut und nicht auf 'n ersten Blick Unschuld lest, der is ein ABC-Bub, und wenn er Doktor von fünfzehn Fakultäten wär'!

KLARA mit Tränen. Und doch halten s' mich alle für schlecht!

PETER. Wird alles anders werden, wenn ich von meiner Wanderung zurückkehr'!

KLARA. Du willst auch wandern?!

PETER. Ja, durch die Schluchten der Verleumdung bis an den Ursprung der Niederträchtigkeit und dann –

KLARA. Guter Gott, ich hab' dir ja nichts getan, warum hat denn solches Unheil kommen müssen über mich? Die Hände ringend. Ich kann's nicht überleben.

PETER. Oho, gar so übel steht's nicht mit dir, du hast inwendig ein reines Bewußtsein und hast auswendig[564] einen Brudern, der sich g'waschen hat; was auf solche Weise von innen und außen g'stützt is, das fallt nicht gleich zusammen wegen ein bisserl Sturm – den Trost kann ich dir als g'lernter Zimmermann geben. Führt Klara im Vordergrunde rechts ab.


Die Tanzmusik beginnt wieder, einige Paare tanzen. Die Spielenden kommen wieder vom Tanzplatz herab, einige rufen den Kellner und schaffen an, währenddem fällt der Vorhang.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 4, Wien 1962, S. 563-565.
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