Zehnter Auftritt

[38] Zwirn. Maler.


MALER mit vielen Verbeugungen zur Mitte eintretend. Wenn es gefällig wäre, mir nur noch gütigst auf ein Viertelstündchen die Ansicht Ihrer höchst interessanten Physiognomie zu verstatten. Richtet seinen Apparat auf den Tisch.

ZWIRN. Na, ein Viertelstündchen hab' ich grade noch Zeit. Setzt sich. Aber Sie dalken lang herum mit mein Porträt.

MALER. Heut wird der Dalk fertig.

ZWIRN. Was? – Wie meinen Sie das?

MALER. Ich meine meine eigne Wenigkeit – ich werde heute fertig mit Hochdero Porträt.

ZWIRN. Ah so!

MALER indem er malt. Dieselben hätten sich aber doch sollen gefälligst in Öl malen lassen.

ZWIRN. Wegen meiner, wenn wir wo ein gutes Öl kriegen. – Schaun S' nur, daß S' mich gut treffen, es wär' schad' um ein jeden Zug, der danebengeht.

MALER. Ihre Nase ist sehr schwer zu treffen.

ZWIRN. Meine Nasen? Gar nicht. Schaun S', mir hat voriges Jahr im Bierhaus einer ein Halbglas ins G'sicht g'haut, der hat meine Nasen sehr gut getroffen, sag' ich Ihnen.[38]


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 38-39.
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