Zwanzigster Auftritt


[422] Heinrich; die Vorigen.


HEINRICH. Meister Mehlwurm, Ihr wißt den Ausspruch des gnädigen Herrn. Übrigens könnt Ihr Euch jede Beschämung ersparen, gebt mir Eure Mündel zur Frau, und aller Zwist ist ausgeglichen.

MEHLWURM. Das ist wahr, das wär' ja scharmant, alles wäre ausgeglichen! Dasmal tun wir aber nicht so. Der Herr Jäger is in die Fallen gegangen. Er is jetzt in meiner Gewalt.

HEINRICH. Was –? Ich in Seiner Gewalt?

MEHLWURM. Und jetzt frag' ich: Zu Lenerl. Willst du augenblicklich die Meinige werden? Zu Heinrich. Und will Er meiner Mündl entsagen und so lang als Gefangener dableib'n, bis wir zurückkommen von der Kopulation?

LENCHEN. Nein, nie lass' ich von meinem Heinrich!

HEINRICH zu Mehlwurm. Ihr seid ein Narr!

MEHLWURM. Gut! Also angepackt! Die Mühlknechte fallen über Heinrich her und halten ihn fest.

DIE KNECHTE. Wir haben ihn schon!

HEINRICH. Bin ich unter Räuber geraten?

MEHLWURM. Hängt's ihn in den Mühlbach, bis die beiderseitige Sinnesänderung erfolgt.

SPECHT. G'vatter, das geht zu weit.

EULENSPIEGEL. So wollt' ich doch, daß jetzt alle Mehlsäck' lebendig wurden! Die zwölf Mehlsäcke fallen zugleich um, und hinter jedem springt ein Bedienter hervor, die Mühlknechte, welche eben Heinrich nach dem Hintergrunde schleppen wollten, lassen ihn los und stehen wie erstarrt.

ALLE erschrocken aufschreiend. Ah, was ist das?


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 422.
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