Sechzehnte Szene


[730] Jojakim. Volk von Bethulien darunter Ben, Nazael, Daniel, Rachel, Sara treten sämtlich von Seite links aus dem Vordergrunde auf; Rachel führt den blind-stummen Daniel.


SARA. Das is zu arg! Die Hungersnot kommt zu steigen, und wann sie steigt, so wachst sie.

RACHEL zu Jojakim. Mann Gottes! was wird denn geschehn fürs allgemeine Wohl?

JOJAKIM. Weh! Weh!

SARA. Das spüren wir ohnedem. 's Paar Hendln kost't sechsundneunzig Gulden.

NAZAEL. Für ein kälbernen Schlögel geben s' a dreistöckig's Haus.

RACHEL auf Daniel zeigend. Mein blinder Schwager hat lassen fallen seine Hand auf ein Maschanzger, hab' ich müssen zahlen zwei blanke Dukaten.


Daniel macht heftige Bewegungen, durch die er seine Indignation kundgibt, und ißt den Maschanzger.


BEN zu Rachel. Warum hat er denn nicht g'sagt, daß er blind is?[730]

RACHEL. Weil er stumm is, das is ja das Unglück.

SARA nach rechts in die Szene deutend. Da schau' die Frau Rachel hin, da kommen unsere Männer.

RACHEL. Ich glaub' gar – beim Stab Moses! sie exerzieren –! Was für ein Geist is gefahren in die friedlichen Bürger von Bethulien!

SARA. Sie exerzieren –!


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 730-731.
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