Fünfzehnter Auftritt

[457] Damian allein.


Emilie, Fanny.


DAMIAN kommt aus der Mitte links mit dem gesiegelten Brief zurück; er ist noch immer benebelt. Da ist der Spagat schon. Der Chevalier hat zu der Salerl gesagt, er laßt einen Spagat herab – ist schon da, der Spagat –, sie soll nur den Brief dranbinden, er wird 'n aufziehn. Geht behutsam hin und bindet seinen Brief an. Ist schon droben!

FANNY zu Emilien. Die Antwort kommt! Sie zieht die Schnur mit Damians Brief herauf und zum Fenster herein.[457]

EMILIE. O, gib geschwind!

FANNY. Tummeln Sie sich; mir scheint, es kommt wer.


Emilie öffnet den Brief.


DAMIAN nachdem er langsam vom Fenster geschlichen. Jetzt wird er a Freud' haben, der dumme Kerl! Lacht in die Faust. Aber g'freu' dich jetzt nur über den Brief, den du lesen tust, Gegen den ersten Stock hinaufdrohend. deine Schläg' sein so viel als wie 'druckt. Jetzt muß ich schaun, was in der Kuchel g'schieht! Ab.

EMILIE öffnet den Brief und liest schnell. »Ich liebe Sie von ganzer Seele, ich bete Sie an. Wenn Sie meinem leidenden Herzen einen süßen Trost gewähren wollen, so kommen Sie heute abends zu mir.« – Wie –? Ach, das kann ich doch unmöglich!

FANNY. Es ist eine etwas kühne Idee von ihm.

EMILIE liest. »Das Glück meines Lebens hängt an der Erfüllung dieser Bitte.«


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 457-458.
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