Achter Auftritt

[476] Goldfuchs, dann Johann.


GOLDFUCHS tritt nach der Musik ein. Was ist denn das für ein Spektakel im Hause? Man schreit[476] Feuer! Es wird doch nicht bedeutend – he, Johann! Johann!

JOHANN eintreten. Euer Gnaden, das is zum Lachen! Das is ein Hauptschub!

GOLDFUCHS. Was denn? Was denn?

JOHANN. Brennt hat's bei uns.

GOLDFUCHS. Also schon vorüber?

JOHANN. Die zweite Spritzen war schon ein Überfluß. Mir g'fallt nur das, diese gewisse Keckheit von dem sogenannten Unglück, daß es sich unterstehn hat wollen, bei uns anzuklopfen.

GOLDFUCHS. Du hast recht, das ist wirklich zum Lachen. Hahahahaha! Unsereins steht fest.

JOHANN. Das sag' ich halt alleweil, die Millionär', das sind die Leut', an denen man sich ein Beispiel nehmen soll.

GOLDFUCHS wohlgefällig lachend. Hahahahaha!

JOHANN. Die Löschanstalten, Euer Gnaden, kommen auf ein paar hundert Gulden.

GOLDFUCHS. Lapperei!

JOHANN. Das Kuchelpersonale muß da capo zum Arbeiten anfangen – das schad't dem faulen Volk ohnedem nicht –

GOLDFUCHS. Recht hast du! Und der Ball?

JOHANN. Der geht ohne Umständ' vor sich.

GOLDFUCHS. Das ist recht. Nur um den Ball wäre mir leid gewesen.[477]

JOHANN bittend. Dann hätt' ich ein kleines Anliegen, Euer Gnaden.

GOLDFUCHS. Nun, sag's nur heraus!

JOHANN. Mein Vetter hat sich schon wieder hundert Gulden erspart, und da wär' halt sein Anliegen, er möcht's halt gern anlegen bei Euer Gnaden.

GOLDFUCHS. Gib her!

JOHANN gibt Goldfuchs das Geld, der es zu sich steckt; währenddem sagt er beiseite. Das is das Geld, um was ich ihn bei der heutigen Tafel balbiert hab'.

GOLDFUCHS. Dein Vetter ist ein sparsamer Mann!

JOHANN. O, sehr, sehr sparsam. Euer Gnaden sehn, alle Augenblicke hat er hundert Gulden beisamm'.

GOLDFUCHS. Ich will daher, wiewohl ich mich sonst mit solchen Kleinigkeiten nicht abgebe, das Geld in meine Geschäfte aufnehmen und es ihm, aus Rücksicht für dich, mit acht Prozent verinteressieren.

JOHANN. Ich küss' die Hand statt meinem Vetter. Beiseite. So muß man's machen; jetzt muß er mir für das Geld, um was ich ihn betrüg', noch Interessen zahlen.

GOLDFUCHS. Hast du dir denn noch gar nichts erspart?

JOHANN gekränkt. Euer Gnaden, diese Red' hab' ich nicht verdient. Hätten mir Euer Gnaden aus Unterhaltung ein paar Ohrfeigen gegeben,[478] ich hätte sie in Demut hingenommen als witzigen Einfall eines Millionärs, aber daß mich Euer Gnaden bei der Ehrlichkeit packen – das is meine schwächste Seite. Beinahe in Tränen ausbrechend und sehr schnell. Von der Besoldung kann sich ein Bedienter nicht viel zurücklegen, sondern nur vom Betrug, vom Filouprofit, vom Schab und vom B'schores. Die Tränen unterdrückend. Das hätten mir Euer Gnaden nicht antun sollen!

GOLDFUCHS ihn begütigend. Na, na, sei nur ruhig; ich bin überzeugt von deiner Rechtschaffenheit und will deine treuen Dienste auch reichlich belohnen. Vielleicht morgen schon will ich meine Großmut im glänzendsten Lichte leuchten lassen, denn du sollst wissen, mir winkt ein Freudentag.

JOHANN. Ein Freudentag? Haben Euer Gnaden denn auch andere?

GOLDFUCHS. So eigentlich nicht; aber ich erwarte stündlich die Nachricht von dem glücklichen Ausgange einer Spekulation en gros zu Schiffe, die ich mit Bonbons Bruder, dem Bankier in Marseille, in Kompani unternommen habe. Beinahe mein ganzes Vermögen schwamm auf dem Ozean; doch in dem Augenblick, als man mir die Meldung schickt, daß alles an Ort und Stelle glücklich gelandet, bin ich beinahe um die Hälfte reicher, als ich war. Der Gewinn ist ungeheuer.[479]

JOHANN. Das ist halt das Schöne; wenn man einmal recht mitten drin sitzt in Glück, da gerat alles, da verliert's Malheur völlig die Courage gegen einem. Ich sage: wenn sich 's Unglück über ein' Millionär trauen will, das kommt mir grad so vor, als wie wenn ein Stallpummerl auf ein' Elefanten bellt.

GOLDFUCHS wohlgefällig. Gut gegeben, gut! Eine Million ist eine schußfeste Brustwehr, über welche man stolz hinabblickt, wenn die Truppen des Schicksals heranstürmen wollen. Es wird geklopft. Herein!


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 476-480.
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