Erster Auftritt

[232] Sylvan. Mops und Silen.


SYLVAN.

Ha! guten Morgen: Mops, was willst du dann so früh?

MOPS.

Der Tag ist lange da ...

SYLVAN zu Silen.

Und du, versoffnes Vieh,

Bist auch schon auf der Bahn? Was wollt ihr alle beide?

MOPS.

Ja, was schiert's dich, du Narr?

SILEN.

Wir haben unsre Freude,

Und stehen eher auf, als unser Haushahn kräht.

Der doch viel eh als wir ins Nest zu Bette geht.

SYLVAN.

Ich glaub', du bist noch voll.

SILEN zu Sylvan.

Was hast denn du zu fangen?

Du bist noch früher her ins Holz als wir gegangen.

SYLVAN.

Ich nehm' die Sprenkel aus, such' kleine Buchenkern,

Trag' Haselnüsse heim, die fress' ich gar zu gern.

Sobald ich fertig bin, will ich recht lustig schwärmen

Und auch den ganzen Tag fein schäfermäßig lärmen.

Mein Schäfer, Seladon, ist in der Dichterei.

Er kritzelt sich ein Lied und diedelt die Schalmei.

MOPS.

Mirtillo sitzt am Bach und hascht sich lauter Grillen;

Fast alles, was er macht, tut er mit Widerwillen,

Und noch darzu verkehrt. Er zanket selbst mit sich,

Drum folg' ich meinem Kopf und bleib' allein für mich.

SILEN.

Mein alter Knasterbart, der Damon, darf nicht schmälen.

SYLVAN.

So hat uns heut kein Mensch was weiter zu befehlen.

Wir wollen unser sein.

SILEN.

Heisa! Ich bin darbei.

MOPS.

Ich auch, ich saufe mit. Jedoch, wer hält mich frei?

Ich habe nicht viel Geld.

SYLVAN.

Wir losen um die Zeche.

MOPS.

Nein, da komm' ich zu kurz.

SYLVAN.

Wann ich dir nun verspreche,

Daß du gewinnen sollst?[232]

MOPS.

Ei! ja, das trifft nicht ein.

Ich will hernach kein Narr und ausgelachet sein,

Wann ich bezahlen muß. Ihr schleicht euch auf die Seite,

Und zischt mich heimlich aus. Nein, nein, ihr guten Leute,

Ihr kriegt mich nicht darzu. Es gibt auch immer Zank

Und immer Schlägerei beim Saufen. Großen Dank!

SILEN.

Du Narr: Ich bin dabei und will gleich Friede machen,

Ich haseliere drein, da gibt es was zu lachen.

Halt du dich nur zu mir, es packt dich keiner an.

Denn ich hab' auch niemand etwas zuleid getan.

Ich bin der beste Kerl, gebt mir nur recht zu saufen,

Ihr mögt euch immerhin als wie die Katzen raufen.

Wann ich besoffen bin, bin ich von Herzen gut.

MOPS.

Du liederlicher Hund, hast kein gesundes Blut,

Dir sieht die Wassersucht aus deinem dicken Ranzen;

Du trinkst nicht als ein Mensch, du saufst das Bier zu ganzen.

SILEN.

Seht doch, den dummen Schöps! Sylvan bezahlt für mich:

Gib ihm ein gutes Wort, so zahlt er auch für dich.

MOPS.

Und wann er auch bezahlt und mich darzu beschenket,

So geht's doch heut nicht an. Ich weiß nicht, was ihr denket,

Wer trinkt dann ohne Durst? Ich kann und will nun nicht.

SYLVAN.

Das bleibt der dumme Mops, ein närrisches Gesicht.

Was hast du dann zu tun? Du wirst die Affen schleiren;

Dein meistes Tun besteht doch nur allein im Feiren.

MOPS.

Ich muß noch heute klug, schlau, hurtig, munter sein.

SYLVAN.

Du klug? Schlau? Hurtig?

MOPS.

Ja.

SILEN.

Was fällt dem Stockfisch ein?

SYLVAN.

Nun, Mops, wann das geschieht, so geht die Welt heut unter.

MOPS.

Lacht ihr mich immer aus, ich bin schon klug.

SILEN.

Du munter?

Das hab' ich nicht gewußt.

MOPS.

Und daß ich es recht bin,

So lauf' ich von euch weg. Geht ihr zum Saufen hin.[233]


Quelle:
Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen. Reihe Aufklärung. Band 3Leipzig 1933–1935, S. 232-234.
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