[Widmungsgedicht]

[453] Dem Frey- Hoch- Wohlgebohrnen Herrn

HERRN Franz Joseph von Klinglin

Frey-Herrn zu Hadtstatt Herrn zu Illkirch etc. etc. Sr. Königl. Maj. in Frankreich Raht Ritter- und Ehren Raht bey dem Hohen und Königl. Raht im Elsass, Der Freyen Königlichen Stadt Strassburg Praetori Regio, Aller auf hiesigem Rahthause sich befindlichen Collegiorum Praesidi etc. etc.

Meinem gnädigen Herrn.
[453]

Hochwolgebohrner Herr!

Du kanst sehr gnädig seyn.

Dein hocherhabner Geist sieht jeden Umstand ein;

Erforschet seinen Grund, kan alle Folgen schliessen,

Er wird auch meinen Trieb zu diesen Zeilen wissen.

Jedoch damit ihn auch ein andrer feiner Mann,

Der nicht so schliesst wie Du, zugleich erkennen kan:

So hat Dein hoher Werth, die Klugheit, die Dich zieret,

Und meine Schuldigkeit mir meine Hand geführet.

In der Begleitung komm ich vor Dein Angesicht;

Verwirf das schwache Werk von einer Frauen nicht,

Die Dich auf deutsch verehrt, zwar niedrig denkt und schreibet,

Doch wünschet; dass sie stets in Deiner Gnade bleibet!

Der deutsche Schauplatz wird von Dir, O Herr! beschützt.

O weiser Klinglin! Du verstehst wohl was er nützt,

Wenn er gereinigt ist. Der Ruf hat mir gesaget:

Dass Dein erleuchter Trieb schon lang darnach gefraget:

Ob auch ein deutsches Spiel verbessert werden kan?

Ich habe nun dazu mein möglichstes gethan.

Dein Beyfall fehlt nur noch, um den will ich Dich bitten.

Verzeihe! wenn ich was aus Schwachheit überschritten!

Ja, hab ich wo gefehlt, wirst Du so gnädig seyn,

Und mich entschuldigen. Diess kleine Werk sey Dein.

Lass es in Deinem Schutz den Wehrt und Gnade finden!

Hilf diese schwere Kunst mit andrer Kunst verbinden!

Du bist dafür bekannt, dass Du die Weisheit liebst,

Und jedem, der sie sucht, auch Deinen Beyfall giebst.

Du bist vor Raht und Volk das Liebste, das sie ehren,

Die Hohe Schule kan durch Dich die Weisheit lehren;

Du nützest ihr durch Dich; Dein himmlischer Verstand

Geht ihr mit Hülf und Raht und Vortheil an die Hand,

Du liebst sie väterlich durch Dein vernünftig Wachen,

Sie wird der Nachwelt selbst aus Dir ein Vorbild machen,

Wie man den Staat erhebt, den Bürger liebt und nützt,

Wie man der Künstler Fleis bewundert und beschützt,

Und keinen Fremdling stört, wann er was unternommen,

Das Lust und Nutzen bringt; er muss zu Kräften kommen,

Wenn Du es haben willst. Diess grosse Bild von Dir,

Von Deiner Eigenschaft, O Herr! befiehlet mir,

Weil ich zu niedrig bin Dein Hohes Lob zu mehren,

Dich schweigend, aber doch demühtigst zu verehren.


Ew. Hoch-Wohlgebohren Excellenz

Meines gnädigen Herrn unterthänige

Friderica Carolina Neuberin.

Quelle:
Archiv für Litteraturgeschichte. Leipzig 1881, Band 10, S. 453-454.
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