Die 6. Scena.

[132] CHOR DER EBREER.

Der Höchste sei gelobt, Bethulien ist Loß!

O daß man jederzeit der Judith Rhum vnd Ehre

Biß an deß Himmels Schloß

Durch Waldt vnd Feldt vnd Berg vnd Thal erschallen höre!

OSIAS.

O Heldinn, Blum vnd Spiegel aller Zucht,

Der Feindt ist Todt, Todt oder in der Flucht.

Sie ist dahin die stoltze grimme Schar,

Der fast die Welt zu enge worden war.

Die vns gedrewt zue schlagen in die Eysen,

Die müssen jetzt Wildt vnd Geflügel speisen.[132]

Daß nun Bethulien noch steht,

Daß Sion nicht zue grunde geht,

Daß ich diß Zepter führen kan,

Das hast, O Judith, du gethan.

JUDITH.

Osias, GOTT allein, der hat mich wollen leiten,

Hat meinen schwachen Arm gelehrt so kräfftig Streiten,

Die Finger meiner Handt erregt, Behertzt zue sein:

Drumb ehren wir auch recht vnd rhümen GOTT allein.

OSIAS.

So laß vns Sion nun die Edle Beute bringen

Der jetzundt nicht mehr starcken Macht;

Worinnen sie zuvor so Stoltz vnd Mutig giengen,

Das wird jetzt sein des Tempels Pracht;

Vnd du, O Keuscher Stern des Landes, solt nun leben

Geruhig in derselben Stadt,

Die billich höchste Gunst vnd Liebe dir wird geben,

Weil sie von dir die Freyheit hat.

VOLLER CHOR.

Der Höchste sey gelobt, Bethulien ist Loß!

O daß man jederzeit der Judith Rhum vnd Ehre

Biß an deß Himmels Schloß

Durch Waldt vnd Feldt vnd Berg vnd Thal erschallen höre!

JUDITH.

O GOTT, durch dessen Arm die Schwächeren gewinnen,

Verschaffe, daß hinfort das listige beginnen

Deß Volckes, so dich schertzt vnd frembde Götter ehrt,

Auch werde wie anjetzt gehindert vnd zerstört.

Brich ihren Vbermuth, laß sie die Degen wetzen

Auff jhren eig'nen Kopff, vnd in dem Blute netzen,

Das gegen deine Schar so grimmig ist entbrandt.

Du aber sey Gegrüßt, O liebes Vaterlandt!

VOLLER CHOR.

Der Höchste sey gelobt, Bethulien ist Loß!

O daß man jederzeit der Judith Rhum vnd Ehre

Biß an deß Himmels Schloß

Durch Waldt vndt Feldt vnd Berg vnd Thal erschallen höre!

Quelle:
Judith-Dramen des 16./17. Jahrhunderts. Berlin 1933.
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