Von Schimpff das 10.

[13] Es weint eine umb ein Mantel.


Es was in einer Universitet, uff einer hohen Schůlen ein junger Edelman, der solt studieren. Er kam hinder ein Metzen und verthet mit ir, was er het. Zů dem letsten da wolt er die Letz mit ir essen, und lůd sie und ir Můter. Da man nun gessen het, da umbfieng er seinen Bůlen und zog darmit hinweg. Da fieng das gůt Meitlin an zů weinen und gehůb sich fast übel. Ir Můter trost sie und sprach: ›Schweig, liebe Dochter! Es sein noch vil hübscher Studenten hie; ich wil dir wol ein andern schaffen.‹ Die Dochter antwurt ir und sprach: ›O liebe Muter, ich wein nit, das er hinweg ist; ich klag den gůten Mantel mit den silberin Stefften, den er antregt, das ich in auch nit verzert hab.‹

Das was ein liebe Můter, die ir Kind also wol gelert und underwissen het. Es solten auch leren die Studenten und ledigen Gesellen, und solten der Lüt müsig gon; wan das Volck sucht allein Gelt. Es stot geschriben: (Venus ex omni gente tributa petit) das ist, ›Die Hůren wöllen in allen Landen Gelt haben; niemans wil umbsunst des Tüffels sein.‹

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 13.
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