Von Ernst das 232.

[150] Einer zů Rom wolt einen erschiessen, und was hundert Meil von im.


Es was ein Man gen Rom gangen, Sant Peter und Sant Paul zů sůchen. Und da er hinweg kam, da ward sein Frau einem andern Man hold, als man sie nent erfaren Schůler, der begert ir zů der Ee. Die Frau sprach: ›Mein Man ist gen Rom gangen. Wer er dot oder du küntest in umbbringen, so wolt ich dich haben für alle Man.‹ Er sprach: ›Ja, ich kan in wol umbbringen‹, und kaufft wol sechs Pfunt Wachs und macht ein Bild daruß.

Da diser frum Man zů Rom in der Stat gieng, da kam einer von Rom zů im und sprach: ›Du Sun des Dotz, was gastu hin und her? Hilfft man dir nit, so bistu hüt lebendig und dot.‹ Der Man sprach: ›Wie wer das eins?‹ Er sprach: ›Kum in mein Huß, ich wil dir es zögen.‹ Da er in heimbracht, da het er im ein Wasserbad zůgericht, daryn satzt er in und gab im ein Spiegel und sprach: ›Lůg daryn!‹ Und saß neben in und laß in einem Bůch und sprach zů im: ›Sihe in den Spiegel! Was sichstu darin?‹ Der Man in dem Bad sprach: ›Ich sihe, wie in meinem Huß einer ein wächsen Bild an die Wand stelt und gat und nimpt das Armbrust und spant es und wil in das Bild schiesen.‹ Da sprach er: ›So lieb dir dein Leben sei, so duck dich under das Wasser; wan er wil schiessen!‹ Der Man thet es. Der laß aber in dem Bůch und sprach: ›Sihe, was sichstu?‹ Der Man sprach: ›Ich sihe, das er gefelt hat und ist fast trurig, und mein Frau mit im. Der erfarner Schůler rüst zů und wil zů dem andern Mal schiessen und gat zů dem halben Teil hinzů.‹ – ›Duck dich, wan er schiessen wil!‹ Er duckt sich. Er sprach: ›Lůg, was sichstu?‹ Der Man sprach: ›Ich sihe, das er gefelt hat und ist fast trurig und spricht zů der Frawen: Fel ich nun zů dem dritten Mal, so bin ich des Dotz, und rüstet zů und stot so nahe zů dem Bild, das er nit felen mag.‹ Da sprach der, der in dem Bůch laß: ›Duck dich!‹ Der Man duckt sich zů dem Schutz. Er sprach: ›Sihe uff, was sichstu?‹ – ›Ich sihe, das er gefelt hat, und ist der Pfeil in in gangen, und ist dot, und mein Frau vergrebt in unden in[150] das Huß.‹ Da sprach diser: ›Jetz stand uff und gang hin!‹ Der Man wolt im vil schencken; da wolt er nichtz haben und sprach: ›Bit Got für mich!‹

Da der Burger wider heimkam, da wolt in die Frau früntlich empfahen, da wolt er ir kein Gnad haben und lůd und berůfft ire Fründ und sprach zů inen, was sie im für ein Frawen hetten geben, und saget es inen, wie sie gehandlet het. Die Frau lögnet es stetz. Da fůrt der Man die Fründ, da sie in hin vergraben het, und grůb in wider uß. Da fieng man die Frau und verbrent sie. Das was ir rechter Lon.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 150-151.
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