Von Ernst das 335.

[205] Dem Vatter brunnen die Finger.


Uf einmal kam ein junger Bůrder zů einem Altvater in der Wüste und klagt im sein Not, er künt nit andechtiklich betten als andere Brüder. Der Altvatter fiel nider uff die Knü und strackt beid Arm gegen dem Himel und fieng an zů betten, da fiengen die Finger an zů brennen, als ob es Kertzen weren. Da er ein Weil also het gebettet und da er die Arm wider herab thet, da waren sie gelöscht. Da sprach er zů dem jungen Brůder: ›Kanstu nit also andechtig betten, so beger es, das du es küntest! Kanstu es nit begeren, so beger es zů begeren, so hastu gnůg gethon.‹[205]

Also mit andern Dingen auch, mit Got liebhaben, mit Rüwen haben für die Sünd. Beger es zů haben und beger es zů begeren! Als David sprach: (Psal. 118. Concupivit anima mea etc.) ›Mein Seel hat begeret zů begeren zů halten deine Gebot.‹

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 205-206.
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