Von Schimpff das 359.

[216] Einer machet sein Vatter gesund.


Uf einmal was ein reicher Man, der het ein Sun, der was ein Schůler. Der Vatter nam ein andere Frau, die haßt den Schůler, er kunt ir nit recht thůn, und verklagt in gegen dem Vatter. Der Sun sprach: ›Ich wil der Schůl nachziehen.‹ Der Vater gab im Gelt. Der Sun studiert und gab sich uff die Artznei, das er in kurtzen Jaren ein Doctor ward in medicinis. Da er wider heim kam und hielt Huß und ward berümpt in dem Land und überkam ein groß Lob, es fügt sich, das sein Vater kranck ward; der Sun kam zů im und gab im ein Tranck, das in kurtzen Tagen sein Vatter gesunt ward. Nit lang darnach ward sein Stieffmůter auch kranck eben in dem Siechtagen, da der Vatter an siech was gewesen. Der Vater berůfft sein Sun, den Artzet und bat in, er wolt im sein Hußfrau gesunt machen, ir wer eben, wie im wer gewesen. Der Doctor sprach: ›Vatter, ich trüw ir nit zů helffen; dan was ich dir hab geben, das hastu gern angenumen und hast ein Hoffnung zů mir gehebt, das ich dir nichtz geb, dan das dir gůt sei und nützlich. Die Hoffnung hat dich me gesunt gemacht dan die Artznei. Aber mein Stieffmůter die trüwet mir nichtz, sunder sie förcht, ich geb ir was Schedlichs; darumb so mag ich sie nit gesunt machen.‹

Darumb die Hoffnung, die ein kranck Mensch hat zů dem Artzet, das ist ein grose Ursach der Gesuntheit.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 216-217.
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