Von Schimpff das 480.

[279] Einer verlor ein Aug, bleib lebendig.


Es was ein Man, der het gar ein gedultige Frawen, und was dem Man oder ir geschahe, so sprach sie alwegen, Got thet es umb des Besten willen. Es fügt sich uff einmal, das der Man in dem Wald was, und ein Reiß schlůg im ein Aug uß; da was er betriebt. Die Frau tröst in und sprach: ›Got hat es im Besten gethon.‹

Darnach fügt es sich, das er in die Tartary zoh, und es kam darzů, das er der Nechst bei dem Künig was, und was das ir Glaub, wie einer stürb, also wür der für Got bracht, und was das ir Gewonheit, das man den Liebsten, den der Künig het, mit im vergrůb, das er nit allein fůr Got kem. Da der Künig gestarb, da wolten sie disen mit einem Aug mit im vergraben. Da sprach er: ›Lieben Herren, es wer unserem Künig ein Schand, wan er also solt dort hin kumen mit einem Diener, der nur ein Aug het. Ir haben doch wol Lüt mit zweien Augen.‹ Also ret er sich ab. Da erkant er erst, das sein Frau war het gesagt; wan het er das ander Aug nit verloren, so het er müsen lebendig vergraben werden. Das was aber im Besten geschehen mit dem Aug.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 279.
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