Von Schimpff das 79.

[55] Man kunt nit drü Priester finden, die Junckfrawen waren.


Uf einmal was ein Priester besessen von dem bosen Geist. Nach langer Beschwerung sprach der böß Geist, er wolt nit weichen, man het dan ein Priester, der ein Junckfrau wer, der drei Messen celebriert. Die Fründ des Siechen hetten im gern geholffen, wan er wol het, und kamen zů den Predigern und begerten ein Brůder, der ein Jungfrau wer und drei Messen het, sie wolten im gern drei Guldin geben. Der Prior sprach: ›Lieben Fründ, semlich geistliche Brüder sein gar geschickt zů der Ler; sie sein zů Köln und zů Paryß uff der hohen Schůlen.‹ Die kamen zů den Barfůsern; es was nichtz, sie waren uff der Terminy und betletten. Sie kamen zů den Carthüsern und batten sie; die sprachen: ›Wir nemen unß semlicher weltlicher Sachen nichtz an.‹ Sie kamen in andere Klöster, die hetten sunst Messen zů lesen. Andere hetten sunst zů schaffen. Also mocht der Mensch nit ledig werden; wan kein Priester ward ein Junckfrau funden.

Man het sie vileicht wol funden, die nie kein Frawen hetten gehebt; sie waren darumb nit Junckfrawen. Es mag ein Dochter ir Junckfrauschafft wol verlieren an ein Man, und ein Man an ein Frau, dis gehört in dy Beicht. Es müssen nit alwegen zwei sein, wan man Dotsünd volbringt. Man můß hofflich davon reden, damit man niemans ergere; es ist auch Not, das man darvon sag, darmit das man wüß, wie ein Mensch mit Willen den Lust empfint, der in der Unküscheit ist, so er umb seinen Blůmen kumen ist und het Aureolam verloren, als die Doctoren davon schreiben in dem fierden Bůch Sententiarum.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 55.
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