Von Schimpff das 88.

[60] Der Tüfel ward uneins mit eim Diep in dem Stelen.


Es gieng uff einmal ein Dieb über Felt, da kam der Tüffel zů im. Der Dieb sprach: ›Gůt Gesel, wahin, wahin?‹ Der Tüffel sprach: ›Ich wil gon den Einsidler erwürgen; er ist nechtig in einer Dotsünden schlaffen gangen ungerüwet. Wa wist du hin?‹ Der Dieb sprach: ›Ich wil gon demselben Einsidler sein Ků stelen.‹ Da sprach der böß Geist: ›Das ist recht; so sein wir Gesellen.‹ Sie giengen mit einander hin. Und da sie zů dem Hauß kamen, da wolt jeglicher sein Werck zů dem ersten thůn. Der Tüfel sprach: ›Ich wil in zů dem ersten döten.‹ Da sprach der Dieb Nein; er forcht, das ein Geschrei würd, das im die Ků entgieng, und er wolt zů dem ersten die Ků stelen. Da forcht der Tüfel, die Ků würde blerren und ein Gerumpel in dem Hauß[60] machen, das der Brůder erwächt und sich segnet, so het er keinen Gewalt me ůber in. Also zeptletten sie mit einander. Da fieng der Tüfel an dem Brůder zů rieffen und sprach: ›Es ist ein Dieb da‹; der wölt im die Ků stelen, er solt uffston rösch und bald, er wolt im helfen den Dieb fahen, als auch geschahe. Da ward der Dieb gehenckt. Da sprach der Tüfel zů dem Brůder: ›Sich zů, wie bistu mir so vil Gůtz schuldig, das ich dir dein Hauß so trüwlich behüt und beschirm!‹

Also die Früntschafft der bösen Menschen ist unbestentlich. Wa einem jenen etwas würt, das der ander gern het, so ist die Früntschafft uß, als die Testamentary etwan thůn. Also werden die Bösen eins wider den Gůten, als Pilatus und Herodes wider Cristum. (Quia non fit propter bonum honestum, sed propter utile vel delectabile.)

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 60-61.
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