Von Ernst das 687.

[385] Geistlich Zůgon empfieng das Sacrament etc.


Es was ein gemeiner Burger, ein Hantwercksman, der het gemeine Narung und was ein frumer Man, gotzförchtig. Etwan offt in dem Jar so kam im ein großer Andacht, das er zůgieng uff die grösten Hochzeit. Nun ist es aber ungewonlich, das die Man so offt zůgangen als die Weiber, und gedacht in im selber: ›Darfst du nit zůgon mit anderen Menschen, warlich so wilt du aber geistlich zůgon.‹ Und wan ein hochzeitlicher Tag was, so bereitet er sich nit anders zů der geistlichen Niessung des Sacramentz mit Betten, Fasten an dem Abent, das doch nit not ist. Und wan andere Menschen[385] zů dem Altar giengen und das Sacrament empfiengen, so knüwet er dort hinden und det auch sein Mund uff und sprach: ›Her, ich bin nit würdig, das du yngangest under mein Tach, sunder‹ etc. und ließ im eben sein, als ob er es het empfangen. Da er das lang gethon het, da sach Got der Her sein Demütikeit an, das er sich unwürdig het geschetzt das Sacrament zů empfahen, und wolt sich selber im geben. Und wan er also noß, so empfand er ein Fierteil einer Hostien in seinem Mund und groß Süssikeit darzů, leiplich und geistlich.

Da er das filmal also empfunden het, fieng er an zweiflen, ob es eine ware Hostien wer oder ob er es wonte, als wan eim troumpt. Da er es aber uff einmal empfand, da greiff er mit einem Finger uff die Zung, da bleib im das Sacrament an dem Finger kleben. Er was behend mit dem Finger widerumb dem Mund zů, aber kein Süssikeit empfand er me noch kein Sacrament. Dan Got entzoch im die Gnad; und mocht sie auch nymer überkumen, wie fast er rüwet und sich darzů bereitet.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 385-386.
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