Erstes Capitel.

D. Faustus will sich bekehren, wird aber von dem Geist abwendig gemacht, und dahin gebracht, daß er sich ihme aufs neue verschrieben.

[357] DOct. Faustus war nicht allein in der Stadt Wittenberg, sondern auch auf dem Land, wegen der schwartzen Kunst und Zauberey beschreyt, weßwegen auch etliche gottsfürchtige und gelehrte Leute durch andere, ihn zu unterschiedenen malen haben erinnern und ermanen lassen, von solchem teufflischen Leben und Wandel abzustehen: unter andern hat eines Tags einer D. Fausti Nachbarn, ein frommer, alter und gottsfürchtiger Mann, sich die Mühe nicht dauren lassen, sein Heil zu versuchen, ob er diesen elenden Menschen bekehren möchte, zumaln er fast täglich sehen und warnemen müssen, wie die junge Bursch und fürwitzige Studenten in seiner Behausung aus und ein giengen, da sie ja ausser allem Zweiffel nichts Gutes sehen und lernen [331] würden; fügte sich derowegen an einem Nachmittag zu D. Fausto, und als er ihme mit freundlichen Worten die Ursach seines Einkehrens zu vernemen gegeben, wurde er auch von Fausto freundlich empfangen.

Leicht ist zu glauben, daß jener diesem allerhand Lehre und Vermahnungen aus GOttes Wort werde haben vorgebracht, und recht unter die Augen gestellet, welche zur Abmahnung deß bisher ärgerlich geführten Lebens, und denn zur Bekehrung[357] und Anweisung eines bessern Wandels, wurden gerichtet gewesen seyn; wie denn dieser fromme Alte, dem Ansehen nach, bey ihm ausgerichtet und zu wege gebracht, daß ihme bey seinem Abschied D. Faustus gelobet und zugesaget, er wolle seiner heilsamen Lehre und Ermahnung nachkommen. Massen es ihm denn, da er jetzund alleine war, solcher Gestalt zu Hertzen gangen, daß, indem er bey sich selbst erwogen, was er sich doch geziehen, daß er also freventlich seines Leibs und der Seelen Wolstand in die Schantz geschlagen, und sich um nichtiger Wollust willen dem leidigen Teuffel ergeben habe, er sich geresolviret, Busse zu thun weiln noch Zeit vorhanden, und wolle allerdings sein Versprechen dem Teuffel wieder aufsagen.

In solchem Vorhaben erscheinet ihm der Teuffel, tappet nach ihm, stellet sich nicht anderst, als ob er ihm den Kopff herum drehen wolte, warff ihm bald für, was ihn erstlich dazu beweget hätte, daß er sich dem Teuffel ergeben, nemlich sein frecher, stoltzer und sicherer Mutwill; er seye ihm nachgegangen, und er ihm nicht; er habe ihn zu vielen und unterschiedlichen malen mit Characte[332]ren, Beschwörungen und andern Sachen angeschrien, seiner eifrigst begehrt. Zudem so hab er ja ungezwungen und freywillig die fünff Articul angenommen, sich auch hernach mit seinem eigenen Blut verschrieben und verobligiret, daß er Gott und Menschen feind seyn wolte, u.s.w. Diesem Versprechen nun komme er nicht nach, wolle dem alten Lauern folgen, da es doch schon allzuspat, und er nunmehr deß Teuffels eigen sey, der ihn zu holen und anzugreiffen gute Macht habe; darum er denn anjetzo die Hand an ihn anlegen wolle, oder aber er soll sich wiederum von neuem verschreiben, und solches mit seinem Blut bekräfftigen, daß er sich hinfüro von keinem Menschen mehr wolle abmanen und verführen lassen: und dessen solle er sich bald erklären, ob er nemlich solches thun wolle oder nicht, wo nicht, so wolle er ihn zu Stücken zerreissen.

D. Faustus gantz voller Erstaunens ob Anhörung dieser schröcklichen Drohworte, bewilligte dieses alles mit zitterendem Munde von neuem, setzet sich nieder, und schreibet mit seinem Blut die andere teufflische Verschreibung, welche ebenermassen[358] nach seinem Tod in seiner Behausung ist gefunden, jedoch aus beweglichen Ursachen hieher nicht gesetzt worden.


Anmerckung.

I. Allhier sihet man klärlich an D. Fausto, wie schwer es hergehe, daß ein Zauberer, Hexe und Unhold, so sich dem Teuffel einmal ergeben und in deß Teuffels Bund getretten, denselben auch mit seinem eigenen Blut, dafür doch der HERR CHristus sein eigenes Blut vergossen, und es theuer erworben, unterzeichnet, und sich ihm zu dienen verbunden, wieder solte frey und los, und also bekehret, werden können: dannenher auch dieses, wie M. B. Waldschmid anzeiget, Pyth. Endor. p. 360. etlichen nicht Ungelehrten fast für gantz unmüglich vorkommen wollen, und dessen sehr wichtige [333] Ursachen beybringen, die sich finden Erstlich auf Seiten deß Menschen, und deß schweren Lasters der verdamlichen Zauberey. Denn einmal ists gewis, daß der Mensch, er sey gleich Mann oder Weib, der der Zauberey und Hexerey ergeben ist, in einer schröcklichen greulichen und abscheulichen Sünde steckt, nicht allein was den teufflischen Bund anlanget, da er seinem Gott absagt, die heilige Tauff und den wahren Glauben verlaugnet, und dargegen dem Teuffel mit Leib und Seel sich zu eigen ergibt, und ihm zu dienen angelobt, sondern auch, was das teufflische Werck selbst betrifft; welches denn da hinaus gehet, zu thun was Gott und den Menschen zuwider ist.

Woraus nicht unfüglich also kan geschlossen werden: wer GOtt absagt, die heilige Tauff und den wahren Glauben verlaugnet, und sich dargegen dem leidigen Teuffel mit Leib und Seel zu eigen ergibt, und also hiemit nichts anders thut, als daß er mutwillig keinen Antheil an dem Reich GOttes und der Seligkeit haben will, der kan nicht selig werden. Es thuns aber die Zauberer, Hexen und Unholden, massen erst gedacht worden; darum können sie nicht selig werden. Denn weil sie einmal den Sohn GOttes mit Füssen getretten und das Blut Christi unrein geachtet, durch welches sie geheiliget sind, und den Geist der Gnaden geschmähet haben, haben sie fürter kein Opffer mehr für die Sünde, sondern ein schröcklich Warten deß Gerichts, und deß Feuers-Eifers, der die Wiederwärtigen verzehren wird, wie in der Epistel an die Hebreer im 10. v. 27. 29 stehet. Und weil sie seynd voll bitterer Gall, verknüpfft mit Ungerechtigkeit, wie S. Petrus vom Zauberer Simon sagt, Actor. 8. v. 23. darneben mit deß Teuffels Stricken gefangen geführet werden zu seinem Willen, 2. Tim. 2. v. 25. so scheinets fast unmüglich zu seyn, daß sie solten wieder erneuret werden[359] zur Buß, und sich warhafftig zu GOtt bekehren, und selig werden, Hebr. 6. v. 6.

Weiter, wer sich dem Teuffel ergibt und ihm zu dienen angelobet, auch nichts anders suchet zu thun, als was GOtt und dem Menschen zu wider ist, und hier mit wider die Liebe GOttes und deß Nächsten handelt, als dem man nach Leib und Leben, Gut und Blut, stehet, ihm daran Schaden zu thun, der kan nicht selig werden. Es thuns aber die Zauberer, Hexen und Unholden; darum können sie nicht selig werden. Dieses bekennet auch Cyprianus, welcher ein frommer Bischoff zu Carthago gewesen, und hernach ein Märtyrer worden, von welchem [334] Na zianzenus schreibet, daß er Anfangs ein Teuffelsknecht und Diener gewesen, der sich in seiner Jugend zur Zauberey habe begeben, wenn er von sich gesagt: ich habe es für überaus schwer und hart gehalten, daß ein Mensch gleichsam zum andern mal solte neugeboren werden; und sagt ferner: es ist eine solche Veränderung und Bekehrung unmüglich, daß einem plötzlich und schnell das jenige, so in ihm wegen der natürlichen Materien gleichsam verhärtet, oder von langwirigem Gebrauch an ihm veraltet, solte können benommen, und also aus einem Kind deß Teuffels ein Kind GOttes werden.

Zum Andern finden sich auch Ursachen ihrer fast unmüglichen Bekehrung und Seligkeit, auf Seiten deß Teuffels. Denn der hat sie so starck und vest mit seinen Stricken und Banden angefässelt, daß er sie nicht leichtlich daraus los lässet; er knüpffet ihnen auch immer einen starcken Knoden nach dem andern, daß, wenn sie sich gleich selbsten gern wollen ledig machen, können sie doch nicht; wollen sie sichs unterstehen, so lässet er ihnen nimmer keine Ruhe, peiniget und martert, ja drohet ihnen den Hals um zu drehen, und das Leben zu nemen, wenn sie es thun würden, oder die Mittel ergreiffen, sich von ihm los zu machen, wie er allhier dem D. Fausto gethan.

Daher sie aus Furcht und Angst, darein er sie bringet, nicht thun können was sie gern wollen; und so lang es keine Gefahr der zeitlichen Straff halben mit ihnen hat, so lang gehen sie auch sicher dahin: hören sie etwan in der Kirchen, wie schröcklich dieses Laster der Zauberey seye, und daß die ewige Straffen im höllischen Feuer darauf folgen werden, so hilfft es doch nichts, denn der Teuffel beredet sie, es sey alles erlogen, was die Pfaffen von der Hölle sagen: es sey auch nach diesem Leben kein anderes zu gewarten, darum sollen sie hier in diesem Leben thun, was ihnen wolgefalle. Und gesetzet, wenn schon ein ander Leben nach diesem wäre, so solten sie es doch bey ihm weit besser haben, denn hier.

Kommen sie denn in die Gefahr der zeitlichen Straff, und gerathen[360] der weltlichen Obrigkeit in die Hand, werden gefänglich eingezogen, und sehen auch endlich den Scheiterhaufen und das Feuer vor sich, so sitzet ihnen doch der Teuffel immer in den Ohren, und verspricht ihnen, er wolle sie nicht verlassen. Kan er sie aus der gefänglichen Hafft, und der Obrigkeit Hand und Gewalt nicht los machen, so weichet er doch nicht [335] von ihnen, sitzet ihnen in der Tortur und Marter entweder in den Haaren, oder in den Ohren, wie ein Floh, oder ist auf eine andere Weise bey ihnen, ihnen Beystand zu leisten, und verspricht ihnen sie zu erhalten, wenn sie gleich ins Feuer müsten, und dasselbe entweder zu löschen, oder zu kühlen, oder sie daraus gar weg zu führen, oder ihnen sonsten bald darvon zu helffen.

Und solch Bereden deß Teuffels macht, daß auch manche, wie es die Erfahrung hat gewiesen, sich vernemen haben lassen, wenn sie es nicht könten, so wolten sie es noch lernen. Ja wenn es müglich wäre, daß sie gleich nach erlittener Straff, und Verlust ihres Lebens, wieder solten lebendig werden, so wolten sie es wieder auf ein Neues treiben. Und wenn sich auch manche bey dem Hinführen, etwan in Geberden und Worten so stellet, daß man meinet, sie thue wahre Bus, sie bete hertzlich, und sterbe selig dahin, so gehets doch schwerlich von Hertzen. Was der Prediger aus GOttes Wort sagt, das hören sie zwar äusserlich an, aber der Teuffel widerspricht ihnen im Hertzen, und kan derowegen von ihrer Busse wol heissen, wie Augustinus sagt: Pœnitentia sera raro est vera, späte Busse ist selten ware Busse.

Als vor diesem der Herr Grav von Witgenstein ließ etliche Hexen einziehen, darunter funff zehen unerzogene Kinder waren von sechs, sieben, acht, neun, zehen Jahren so hat der Herr Grav fast nicht gewust, wie ers doch mit dem kleinen Hauffen machen solte. Unterdessen ist ein frommer alter Pfarrherr da, der bittet, ihre Hochgrävliche Gnaden wollen ihm und seiner Frauen von den Mägdlein eines schencken, er wolte es also auferziehen und zur Gottesfurcht halten, daß er verhoffte, Satanas solte mit Schimpff abziehen. Der Herr Grav willfähret dem Pastorn; der Pfarrherr erziehet auch das Mägdlein in aller Gottesfurcht, sobald es erwachsen, steuret er es aus an einen ehrlichen frommen Mann, mit dem lebet sie etliche Jahr friedsam.

Wie sie zum dritten mal von ihm schwanger, und einsten ein Feldweges weit über Feld, ihrer Geschäffte halber verreiset, erscheint ihr der Satan in einem kleinen Busch Holtzes, redet sie an, sie wisse sich zu entsinnen, was sie ihm dem Satan, im fünfften Jahr ihres Alters hätte zugesaget, dass sie nemlich wolte sein eigen seyn und bleiben; nun solte sie sich gütlich erklären, ob sie das wolte halten, so wolte er ihr alle Freundschafft [336] beweisen und in solcher Gestalt allezeit[361] bey ihr verbleiben. Sie aber wegert sich dessen.

Darauf verwandelt sich der Satan in einem Augenblick in einen grausamen Drachen und saget, wo sie nicht wolte darein consentiren und die alte Zusage halten, so wolte er sie in hundert tausend Stücke zerreissen. Das Weib erschrickt über die Massen, weiß für Angst nirgend hin, läst sich überreden, und ergibt sich also dem Satan. Nach solchem renovirtem Pacto, muß sie ihm steiff und vest verheissen, erstlich daß sie das Kind, das sie unter ihrem Hertzen trage, wolte ihm, dem Satan, aufopffern, und in deß Teuffels Namen tauffen. Zum andern daß sie wolte den andern Tag ihrem frommen Mann mit Gifft vergeben. Drittens, daß sie wolte ihren beyden Kindern das Hexen lehren. Diß hat sie nun alles verrichten müssen, und ist ihr Mann stündlich kranck worden; aber endlich ist diß böse Werck an den Tag kommen.

So bald sie für die Obrigkeit geführet wird, bekennet sie alles freywillig, sagt, sie begehre nicht länger zu leben, nun sie so bey ihrem frommen Ehemann und unmündigen Kindern gehandelt: und gibt zugleich dem frommen alten in GOTT ruhenden Pfarrherr ein schlechtes Trinckgeld, sagende: verflucht sey der Pfaff mit seinem Weibe, der mich damals hat los gebeten: wäre mir damals mein Recht gethan worden, hätte ich nimmermehr solche grosse und abscheuliche Sünde begangen.

Zum Dritten finden sich auch Ursachen ihrer fast unmüglichen Bekehrung, auf Seiten GOttes selbsten, da also geschlossen wird: welchen GOtt in seinem heiligen Wort die Seligkeit abspricht, die können nicht selig werden. GOtt spricht aber in seinem heiligen Wort den Zauberern, Hexen und Unholden, die mit der Zauberey umgehen, die Seligkeit ab; darum so können sie nicht selig werden. Daher setzet S. Paulus die Zauberey klärlich unter die Wercke deß Fleisches, und sagt, daß die so solches thun, sollen das Reich GOttes nicht ererben, Galat. 5. v. 20. Gleicher massen sagt die himmlische Stimm in der hohen Offenbarung im 21. v. 8. Der Zauberer Theil werde seyn in dem Pful, der mit Feuer und Schwefel brennet, welches sey der andere Tod. Also, dass, wenn sie gleich dem Leib nach ein mal gestorben, und den ersten Tod erlitten, nichts desto weniger auch der Seelen Tod, welches ist der [337] andere und ewige Tod, in dem höllischen Feuer darauf folgen soll.

Um dieser Ursachen willen halten nun, wie gesagt, etliche die Bekehrung und Seligkeit der Zauberer und Hexen fast für unmüglich. Aber es sey ferne, daß wir ihre Bekehrung und Seligkeit allerdings für unmüglich halten, und ihnen alle Hoffnung darzu abschneiden[362] solten! denn ob sie wol sehr schwer ist, so ist sie jedoch nicht blos dahin unmüglich, und dieses daher:

Erstlich auf Seiten GOttes. Denn daß auf seiner Seiten solche Bekehrung und Seligkeit der Zauberer und Hexen nicht unmüglich sey, bezeuget erstlich die allgemeine Gnad und der allgemeine Will GOttes, der sich über alle Menschen und Sünder (Zauberer und Hexen) erstrecket, davon er selbsten sagt bey dem Propheten, Ezech. im 33, v. 11. So wahr als Ich lebe, Ich hab kein Gefallen am Tod deß Gottlosen, sondern daß sich der Gottlose bekehre von seinem Wesen und lebe. Und Petrus sagt in seiner andern Epistel im 3. v. 9. Der HErr will nicht daß jemand verloren werde, sondern daß sich jederman zur Buß bekehre; davon gewißlich Zauberer, Hexen und Unholden nicht ausgeschlossen seynd, wenn gleich ihre Sünde noch so gros ist, denn GOtt erkläret sich auch dahin, daß wenn die Sünde gleich blutrot ist, soll sie doch (auf wahre Bus) schneeweis werden, und wenn sie gleich ist wie rosinfarb, soll sie doch wie Wolle werden, Esai. 1. v. 18. Und wo die Sünde mächtig worden ist, da ist doch GOttes Gnad noch viel mächtiger, zun Römern im 5. v. 21. Denn seine Barmhertzigkeit erstrecket sich über die gant ze Welt, (und also auch über die Hexen und Zauberer) Syrach. 17. v. 28. Zum andern bezeugets das kostbare Verdienst deß HErrn Christi, welches genug ist für der gantzen Welt Sünde, Joh. 1. v. 29. 1. Joh. 2. v. 2. Er ist für alle gestorben, 2. Corinth. 5. v. 15. (und derwegen auch für die Zauberer und Hexen) denn das ist je gewißlich war, und ein theuer wehrtes Wort, daß Christus JEsus kommen ist in die Welt, auch die grösten Sünder selig zu machen 1. Timoth 1. v. 15. Ja wie Petrus redet 2. Petr. 2. v. 1. Er hat auch die erkaufft, die den HErrn verlägnet. (welches sonderlich die Zauberer, Hexen und Unholden thun). Zum dritten bezeugets die allgemeine Beruffung aller Menschen, wie GOtt sagt bey dem Propheten Esaia im 45. v. 22. Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig werden aller Welt Ende, [338] und Matth. 11. v. 28. sagt der HErr Christus: Kommt her zu mir alle die ihr mühselig und beladen seyd, Ich will euch erquicken; dieses gehet nun auch die Zauberer an: denn, wie Theodoretus saget, wo alle beruffen werden, da wird niemand ausgeschlossen. Uberdas so seynd auch die Heiligen Sacramenta so kräfftig, daß der Bund der heiligen Tauff vest bleibet; denn der Menschen Unglaub hebt GOttes Glauben nicht auf, stehet in der Epistel an die Römer im 3. v. 3. und wenn der Sünder Buß thut, und durch dieselbe seinen Zuruckgang wieder zu diesen Bund nimmet, wird er auch stets mit ihm wieder erneuret, als der Bund eines guten Gewissens mit GOtt, 1. Petri 3. v. 21.

[363] Darnach und fürs ander, finden sich Ursachen ihrer Bekehrung wegen, auf Seiten deß Menschen und der Zauberey-Sünde selbsten. Gewiß ist es, so lang der Mensch noch in dieser Gnaden-Zeit lebet, da die Gnaden-Thür GOttes auch den grössesten Sündern noch allezeit offen stehet, so lang kan er noch bekehret und selig werden, wie hiervon gar tröstlich Cyprianus Serm. de Cœn. Domini spricht: Nicht die Grösse der Sünden, nicht die Kürtze der übrigen Zeit, noch die letzte Stunde, noch die greuliche Bosheit deß Lebens, schleust von der Gnade GOttes aus, wenn deine Buß nur rechtschaffen ist, und eine reine Änderung der Wollüsten und Sünden erfolget.

Es ist zwar die Zauberey-Sünde eine überaus grosse greuliche und abscheuliche Sünde, aber doch ist sie so groß nicht, daß um ihrentwegen die Buß solte unmüglich seyn und ihrentwegen keine Gnade bey GOtt solte können erlanget werden; denn diese Gnade ist ja weit grösser, als aller Welt Sünde, wie Paulus bezeuget Römer. 5. v. 21. Wo die Sünde mächtig worden ist, da ist GOttes Gnade viel mächtiger worden. Denn obwol die Zauberey-Sünde sehr nahe verwandt ist mit der Sünde in den H. Geist, so ist sie doch nicht eine solche Sünde, die nicht solte können vergeben werden, wie jene, aus dem Matth. im 12. v. 31. Immassen das Gegentheil die öfftere Erfahrung durch die Exempel erwiesen, daß GOtt dergleichen Zauberer wieder zu Gnaden an und aufgenommen.

Man neme zu Hertzen das Exempel deß Königs Manasse. Daß er ein Zauberer gewesen, ist ausser allem Zweiffel, denn von ihm wird ausdrücklich gelesen im 2. Buch der Chronica im 33. v. 6. daß er habe Tage gewählet, und auf Vogelgeschrey geachtet, und habe gezaubert, und Warsager und Zeichendeuter [339] gestifftet. Er ist aber dennoch bekehret worden, und hat Buß gethan: denn es wird auch daselbst in den folgenden Worten gelesen, daß als ihn der König zu Babel gefangen genommen mit Fesseln, und ihn gebunden mit Ketten, und gen Babel gebracht, sey ihm angst worden, und hab geflehet für dem HErrn seinen GOtt, und sich gedemütiget für dem GOtt seiner Vätter, und hab gebetet und geflehet. Daß ihm aber solches Gebet sey von Hertzen gangen, und seine Buß und Bekehrung rechtschaffen gewesen, ist daraus zu schliessen das darbey stehet: der HErr hab sein Flehen erhöret, und hab ihn wieder gebracht gen Jerusalem zu seinem Königreich, und er hab erkennet, daß der HErr GOtt sey.

Es wird auch hieher gezogen das Exempel der Zauberer und Schwartzkünstler zu Epheso, welche, wie in den Apostolischen Geschichten im 19. Cap. v. 19. stehet, fürwitzige Künste (aberglaubische und zauberische Gauckeley) getrieben, ihre Bücher zusammen gebracht, und sie[364] offentlich verbrennet haben.

Einer mit Namen Phanias hatte sich mit seiner eigenen Hand dem Teuffel verschrieben, sein eigen zu seyn; der H. Basilius aber vermahnte ihn zum Gebet und führte ihn in die Kirchen; unter dem Gebet kam die Handschrifft aus der Lufft geflogen, und fiel Basilio in die Hand, der sie denn in kleine Stücke vor seinem Gesicht zerrissen.

Fast gleichformiges Exempel haben wir an Valerio, einem Studenten zu Wittenberg, dessen Herr Lutherus erwehnet in seinen Tischreden c. 9. Dieser, weil er sehr arm war, wartete einem namhafften Professori und Doctori daselbst, Georgio Majori, an Stadt eines Famuli auf, hielt sich auch eine Zeit lang still und eingezogen, kommt aber endlich in sehr grosse Ungedult wegen seiner Armut, da er sahe, wie andere Studenten allezeit lustig waren, u.s.w. Als er sich nun mit solchen Gedancken plagte, und einsten A. 1534. den 13. Februarii, um den Abend spat an der Elbe spatzirete, kommt ein alter Mann zu ihm, grüsset ihn freundlich, und fraget nach der Ur sach seiner Traurigkeit, und ob ihm nicht zu rathen und zu helffen sey? Worauf der Student geantwortet: es sey genug daß er seine Noth allein wisse, weil ihm doch von seinem Anliegen schwerlich möge geholffen werden. Jedoch auf deß alten Manns Anhalten entdecket er seine Noth. Darauf der Alte angefangen: wilt du dich mit Leib und Seel verschreiben, mein eigen zu seyn, und dasselbe mit deinem eigenen Blut, so soll dir geholffen werden, daß du nie Mangel an Geld habest.

[340] Der arme Gesell, dem dieser Vorschlag und verheissene Reichthum beliebet, nimt das Erbieten an, übergibt dem Teuffel, ihrem gemachten Vertrag nach, die Handschrifft mit eigenem Blut geschrieben. Wie nun dieser Student sich nicht konte innen halten, begunte er sein voriges eingezogenes Leben zu verändern, gienge zur Gesellschafft, hielt sich zur Bursch, sein Pfennig war so bald der erste als der letzte, thate sich hervor mit Kleidern, und dergleichen mehr.

Der Herr Professor vermerckt, daß er Geld hat, verwundert sich wo es herkomme, weil er wol wuste, daß ihm die Eltern nichts zu schicken hatten; nimt ihn deßwegen vor, erforschet, wo ers bekommen habe? Er bekennet, wie es sey zugangen. Dessen erschrickt der Doctor, gehet mit betrübten Gemüte zum Herrn Luthero, berichtet ihn von seines Famuli Zustand, und erholet sich bey ihm Raths, wie den Dingen zu helffen wäre. Worauf der Herr Lutherus die Pastores und seine Collegen, samt dem Studenten vor sich beschieden, und in ihrer Gegenwart ihn gefraget, ob ihm auch seine Sünde hertzlich leid seyen? ob er seine Handschrifft gerne wieder hätte? und der Bestrickung deß Teuffels begehrte hertzlich gern los zu werden, und da solches möchte[365] geschehen, ernstliche Besserung seines Lebens angeloben wolte? darauf der Student mit einem kräfftigen Ja geantwortet. Indem fängt der Herr Lutherus mit seinen Collegen ernstlich an zu beten, und hält darmit so lang an, bis der Teuffel die Handschrifft mit Ungestümme vor Lutheri Füssen nieder geworffen, und folgends mit einem heßlichen Gestanck davon geschieden.

Also ward der Jüngling dem Teuffel aus dem Rachen gerissen, und erhalten, und wieder zu GOtt gebracht. Der öffentliche Wiederruff aber deß Studenten ist auf folgende Weiß geschehen: Ich Valerius bekenne für Gott und allen seinen heiligen Engeln, und vor der Versamlung dieser Kirchen, daß ich GOtt meinen Glauben habe aufgesagt, und mich dem Teuffel ergeben, das ist mir von Hertzen leid, will nun hinfort des Teuffels abgesagter Feind seyn, und GOtt meinem HErrn willig folgen, und mich bessern, Amen.

Zu Göppingen hat sich vor Jahren ein Jüngling bey 15. Jahren alt, mit dem Teuffel, der ihm Nachts auf der Gassen, in Gestalt einer fremden Weibsperson erschienen, vermischet, sich drauf auf sieben Jahr, sein eigen zu seyn, mit seinem Blut verschrieben; ist aber doch endlich auf inständiges Gebet, im [341] Jahr 1614. um den Monat Augusti, von ihm durch GOttes Gnad entlediget, und unangefochten gelassen worden, und ohn allem Zweiffel wieder zu Gnaden kommen, immassen hiervon ein mehrers aus Herrn M. Paul. Schickhardi zweyen Predigten, zu Stutgart gedruckt Anno 1615. zu vernemen.

Einen jungen Mann zu Eßlingen, von etwan 25. Jahren, übernimt die Sorg der Nahrung, die schwere Zeiten, wegen der Fehljahre und mancherley Contributionen, fechten ihn an, daß er Anno 1642. Abends um die Dem merung aus dem Weinberg heimgehet, und auf dem Weg in so gar verzweiffelte Gedancken geräth, auch mit Worten bey sich selbst ausbricht: wenn ihm doch nur jemand Geld brächte, es wäre gleich der Teuffel oder seine Mutter. Worauf denn bald der Teuffel, in Gestalt eines schwartzbekleideten Manns, sich auf dem Weg præsentiret, gleichwol mit einem Geißfuß, sonst aber im Angesicht anzusehen wie ein anderer Mann; der hat ihn wegen seiner Traurigkeit angeredet, ihm zugesprochen, er soll ihm trauen, er, der Teuffel, wolle ihm helffen: es sey nichts mit GOtt, er soll GOtt verschwehren, sich ihm ergeben, sey besser; sonderlich ihn gefraget, ob er in vier Jahren wolle sein seyn?

Als nun dieser angefochtene, und von dem Seelen-Mörder hinterschlichene Mann, auf solche vorgelegte Frag geantwortet Ja; da hab ihm der Teuffel zugemutet, mit seinem Blut sich zu verschreiben, welches folgender massen ist geschehen, daß er sich an der Hand mit einem Dorn, so am Wege gelegen, geritzet, bis das Blut heraus gangen:[366] worauf der Teuffel da gewesen mit Feder und Papier, und weil er nicht schreiben noch lesen kunte, habe ihm der Teuffel die Hand geführet: was er aber geschrieben, das könne er nicht wissen, auch darauf ihm etwas auf die Hand gegeben, so einen Ducaten gleich gesehen. Worbey es noch nicht verblieben, angesehen ihn der Teuffel bis in sein Haus, so nicht weit ausser der Stadt in einem Filial stehet, begleitet, und mit ihm in die Stube gangen, davon seine Hausfrau nichts gespüret, nichts gesehen, noch an den Worten oder Geberden ihres Manns gemercket.

Aber sihe, was geschihet? sie kommt kaum zur Stuben hinaus, stellt inzwischen der Kuh im Stall das Trincken für, gehet auf der Stette wieder der Stuben zu, da findet sie diesen ihren Mann neben dem Tisch, allda er Brod geessen, auf der Banck beym Fenster sitzend, vermeinte er wär entschlaffen, verwunderte sich wie so bald: aber da wird sie gewahr, daß er [342] mit seiner Gürtel um den Hals, hinten bey dem Fenster, an ein schlecht Nägelein war angemacht und angeknüpfft; da sie denn die Gürtel alsobald mit einem Messer aufgeschnitten. Da war er für menschlichen Augen tod: die Zung hieng ihm zum Mund heraus, und er lag etliche Stund mit blos aus- und eingehendem Athem, bis er endlich mit grosser Mühe wieder zu sich selbst kommen, wie dessen die Nachbarn Zeugen seynd, welchen dieses geängstigte Weib in so grosser Angst und Noth geruffen; von welchem schröcklichen Beginnen an, er der Angefochtene, den Nachbarn und Freunden, die ihn billich wegen der Ursachen zu rede gesetzt haben, ausgesagt und bekant, der Teuffel habe ihm zugemutet, er soll alles verderben, oder ihm selbsten etwas thun, und ob er wol geantwortet, er wisse es nicht, so habe doch der Teuffel zu ihm gesagt, er wolle es ihm wol lehren. Worauf er in Lebens Verdrus gerathen, und gedacht, er möge nicht mehr leben. Hab also selbst die Gürtel um seinen Hals gethan, sich hinten angeknüpfft, halte dafür, der Teuffel hab ihm den Kopff für sich gedruckt; es habe ihm aber nicht wehe gethan, er habe keine Schmertzen empfunden.

Der Teuffel hat sich zwar weiter mit Gewaltthätigkeit nicht mehr præsentiret, dieweil die Freunde, und jemand wegen deß Ministerii, die nothwendige Rettung mit Beten und Anruffen zu GOtt in der Stille gethan, ausgenommen, daß die dritte Nacht hernach vor dem Kammerladen, um Mitternacht ein ungewöhnlich furchtsames Zi schen und Pfeiffen ist gemercket worden, worüber nicht allein die Anwesende so in der Stuben gewacht, sondern auch das Weib in der Kammer, hart erschrocken: er aber der Mann, nichts gehöret, ausgenommen daß er sagte, es wäre ihm gar bang, und däuchte ihn, daß sein Rucken voller Flöh lieffe:[367] wie denn gleichsam eine verstockte Schwermut bey ihm continuirt, und das Beten, laut eigener Bekäntniß mit ihme nicht von statten gehen wollen. Es hat sich auch der vermeintlich empfangene Ducat nicht mehr bey ihm gefunden.

Nachdem nun solcher Fall laut, und also Stadt- und Kirchenkündig worden, als ist diese angefochtene Person auch von der Obrigkeit daselbst deßwegen zu Rede gestellet, examinirt, pünctlich befragt, und auf die gethane Bekäntniß in Verwahrung zu dem Ende genommen worden, damit nicht allein fernerer Desperation, Zeit währender Anfechtung, möchte vorgekommen, [343] sondern auch die Seelen-Cur auf Seiten der Herren Geistlichen gegen ihm desto füglicher fortgesetzet und gepflogen werden. Welches denn in gedachter Verwahrung in die vier Wochen lang von den Ministris daselbst durch das Wort Gottes und tägliche Gebet, ist continuiret, und vermittelst verliehener Gnade GOttes mit ihm so weit gebracht worden, daß aus allen Worten, Geberden, Seufftzen, vergossenen Thränen, und allerdemütigster Bitte um Gnad vor GOtt und der Welt, anders nicht, als ein reuiges busfertiges Hertz, und eine dem Teuffel aus dem Rachen gerissene Seel, kan und soll aus Christlicher Liebe geschlossen werden. Wer demnach GOttes Mittel zur Bekehrung annimmet, den kan der Teuffel nicht halten, er muß ihn GOtt wieder folgen lassen, ohngeachtet die Obligation, Verschreibung und Ergebung noch so starck wäre. Denn es heisset: in omni voto excipitur jus superioris, in aller Verlöbniß wird das Recht deß Obern excipirt, und als kräfftig vorbehalten. Der höchste GOtt aber hat hie solches Recht, durch die Erschaffung, Erlösung, gnadenreiche Beruffung, und empfangene heilige Tauf, das unwidersprechlich ist, welchem auch solche Ergebung, die dem Teuffel geschihet, nichts præjudiciren und benemen kan. Können also dergleichen Zauberer und Hexen, wenn sie sich anderst von gantzen Hertzen zu GOTT bekehren, gerecht und selig werden.[368]

Quelle:
Pfitzer, Nikolaus: Das ärgerliche Leben und schreckliche Ende deß viel-berüchtigten Ertz- Schwartzkünstlers Johannis Fausti [...]. Tübingen 1880 [Nachdruck: Hildesheim, New York 1976], S. 357-369.
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