Das andere Capitel.

Was für einen Dauck und Belohnung dieser fromme Nachbar, seiner treuen Warnung halber, von d. Fausto bekommen.

[369] NAchdem sich also D. Faustus dem Teuffel aufs Neue mit seinem Blut verschrieben, hat er alle treue wolgemeinte, und seiner armen Seelen ersprießliche Warnung dieses frommen gottsfürchtigen Nachbarn verachtet, und in den Wind geschlagen, sich wiederum von neuem mit dem Teuffel eingelassen, ihm in allen zu gehorsamen, welches Leibeigener er doch einmal seyn müste. Damit er nun seinem Herrn, dem leidigen Teuffel liebkosen, [344] und in allem sich willfährig erzeigen möchte, geriethe er, auf Anstifften deß verbosten Geistes, gegen diesen alten, ehrlichen und frommen Nachbarn, in einen solchen Haß und Feindtschafft, daß er auch nicht ruhen oder rasten wolte, bis er sein Mütlein an ihm gekühlet, und ihn wo müglich an Leib und Leben gefähret hätte.

Wie aber, dem Sprichwort nach, ehrlicher Leute wolgemeinte Straff und Vermahnung gemeiniglich schlechten Lohn erwirbt, also ergieng es auch dem ehrlichen Nachbarn: denn etwan nach zweyen Tagen, als er nach dem Nachtessen zu Bette gangen, und sich allbereit nach abgelegtem Gebet schlaffen geleget, sihe, da rüstet ihm D. Faustus ein solch Poltern und Rumpeln vor der Kammer an, als ob alles über einen Hauffen fallen wolte, welches doch der gute Mann niemaln gehöret; jedoch ermuntert er sich bald, gedachte bey sich, diß würde gewiß eine Versuchung des Teuffels seyn; dieweil er vielleicht den Nachbar Faustum guthertziger Meinung von seinem beschreyten Zauberwesen abzustehen, und seiner Seelen Wolfart zu bedencken, erinnert und ermanet habe, so müsse er nun dieses Poltern an Statt einer Belohnung haben und annemen. In diesen Gedancken nun kommt das Teuffelsgespenst gar zu ihm in die Kammer hinein, kürret wie eine Sau, und treibet es so lang, daß dem guten Mann angst und bang darüber wird; allein er erholet sich, gedencket bey sich[369] selbst, ich werde doch solch Gespenst nicht leichtlicher und eher von mir treiben, als mit Verspotten und Verachten, fängt derwegen an und sagt hertzhafft: Ey eine solche schöne Music ist mir mein Lebtage nicht [345] vorkommen, die lieblicher zu hören gewesen denn diese; ich glaube: du hast sie in einem Wirtshaus bey den vollen Bauren und Zechbrüdern, oder welches glaublicher, bey dem Säuhirten gelernet; wie ist sie doch so trefflich angestellt, ist vielleicht eine Concert? Nun wolan, sing du die Noten! so will ich den Text darein singen; fienge darauf an das bekante geistliche Lied mit heller Stimme zu singen: Durch Adams Fall ist gantz verderbt, etc.

Nach geendigtem Lied (da das Teuffelsgespenst indessen sich nicht einmal vernemen lassen) sagt der fromme Mann: Meister Satan wie gefällt dir dieses Lied? ich hätte vermeint, du soltest dich mit deiner lieblichen Music etwan an einen Fürstlichen Hof begeben haben, da man vielleicht mehr darauf würde geachtet haben, als bey mir, es solte billicher ein Englisches Gesang heissen, weil es von einem Engel herkommt, der nicht zween Tag im Paradeyß hat bleiben können, ja hat die herrliche Wohnung verlassen müssen, vexiret nun erst andere Leut in ihren Häusern: du Schandfleck, und grobe rultzete Sau, packe und trolle dich von hier, und spare solch dein Gesang bis zur Auferstehung der Toden und Erscheinung deß allgemeinen Richters; wenn du alsdenn ohne Zweiffel in den Himmel kommen wirst, da die Flammen zum Loch ausschlagen. Mit solchem Gespötte und Verachtung hat er das Gespenst vertrieben, und ist hinfort nicht mehr gehört worden.

Deß andern Morgens fragt D. Faustus seinen Geist, was er bey dem Alten habe ausgerichtet, wie er mit ihm seye umgangen, u.s.w. Da gabe ihm der Geist diese Antwort: er hätte ihm nicht [346] beykommen können, denn er wäre geharnischt gewesen, (meinende das Gebet) so hätte er überdas noch seiner darzu gespottet.

D. Faustus geberdete sich ob Anhörung dieses nicht anderst, als wenn er aus der Haut fahren wolte, schwure hoch, er wolte solches gewißlich rächen; massen denn auch dieser fromme ehrliche Mann kurtz hierauf deß Teuffels Mordstichen nicht hat entgehen, sondern solche erfahren müssen: denn er[370] wurde gehling gelähmet an Händen und Füssen, starb hernach inner einer Jahrsfrist wie er solches selbst oft geklagt, und gesagt, es sey diese seine Lähmung ein Griff deß leidigen Teuffels.


Anmerckung.

I. Erstlich, was für Danck und Lohn manchmal ehrliche gottsfürchtige Leute zu gewarten haben, wenn sie die Gottlosen und in beschreyten Lastern Lebende, treulich und ernstlich warnen, solches sihet man aus dieser Histori, weisets auch die tägliche Erfahrung.

Fridericus von Dön, ein ehrlicher Alter von Adel, sagte einsmals zum Cantzler D. Pontano, als er gesehen, wie er so gar fleissig in seinem Amt gewesen, und doch darbey schlechten Danck verdienet: idem pretium datur maculanti hypocaustum et purganti, man lasse Stube ungekehret, oder kehre sie fleissig, so verdiene man doch gleichen Lohn: wenn man meinet, man habe es aufs Beste ausgerichtet, und am fleissigsten gedienet, zuletzt erlanget man doch eitel Undanck.

Ein schröckliches Exempel der Undanckbarkeit, hat sich Anno 1565. zu Basel in der Stadt zu getragen den 5. Februar. Da hat einer, Paul Schumacher, von Breßweil, nicht weit von Basel gelegen, allda er Weib und Kind gehabt, einen gar ehrlichen frommen Mann, bey siebentzig Jahren alt, samt einer frommen Jungfrauen, seiner Gefreundin, die deß Alten gewartet, jämmerlich und verrätherisch erwürget; welcher Paul Schumacher doch von diesem alten Mann, Andreas Hager, ein Buchbinder, von Jugend auf, weil er ihn auch aus der H. Tauff erhoben, zur Schul und zu allem Guten gehalten, ja zum Handwerck gebracht worden.

[347] Dieser Bub kommt einsten zu diesem seinen Vatter und Paten, als wolte er ihm in seiner Schwachheit besuchen, und wolte aufs neue angeloben, daß er seiner gegebenen Vermahnung hinfüro Christlicher nachleben wolte, er solte es verzeihen, was bishero geschehen, u.s.w. gedencket aber der Böswicht bey sich, wie er deß alten Silbergeschirr und Geld habhafft werden möchte, läst sich durch den Teuffel und die Undanckbarkeit verleiten, daß er nur nach Gelegenheit trachtet, seinen verdamlichen Vorsatz werckstellig zu machen.

Die Jungfrau kehret indessen ihre Kleider, die sie voriges Tags, als an einem Sonntag, angetragen hatte, aus, und will sie oben in die Kammer tragen, und aufheben; dieses nun ersehende, erwischet der Mörder an der Wand einen Scherhammer, darmit schlägt er dem alten Mann drey Löcher in den Kopff, nimmt ein Messer und ersticht ihn:[371] und wie die Jungfrau wiederkommt, fällt er diese auch gantz grimmig an, und will ihr gleichmässigen Lohn für ihr offtmaliges treuhertziges Abmahnen, von gottloser Gesellschaft abzustehen, mit dem Hammer geben, allein die Jungfrau erwischt ihm den Stiel; der Mörder greifft nicht unbehende nach dem Messer, und ersticht sie, nim met ihr die Schlüssel ab, sperret Kisten und Kasten auf, findet aber in der Eil nur acht Becher, die hat er endlich einem Pfaffen zu S. Blasius für etlich Geld versetzt; der aber, weil er den Vogel kante, solches in der Stad angezeiget. Nachdem nun die zwey Mordthaten ruchbar worden, ist auf ihn gegriffen worden, und ist der Mörder im Dorff Hagenstal gefangen, gen Basel gebracht, und allda durch den Hencker geradbrecht, der Cörper auf das Rad geleget worden.


II. Darnach und zum andern, ist bey der Person dieses frommen Alten, deme nemlich das beschreyte Zauberwesen D. Fausti nunmehr etlicher massen bekannt war, und der deßwegen zu ihm kommen, ihn davon abzumahnen, damit er nicht in der Obrigkeit Hände gerathe, die es gewislich straffen würde, zu lernen, daß es in allwege einer Christlichen Obrigkeit gebühre und zustehe, wenn sie vermercket, daß in ihren Gerichten und Gebiete sich solche verdächtige Personen aufhalten, nach dieser Verhalten eigentliche Nachforschung anzustellen, und darzu die ihnen in den Rechten geweisete zulässige Mittel ohne Verzug zu gebrauchen.

[348] Es soll aber die Obrigkeit, wie Prætorius meldet im Gründlichen Bericht von Zaub. c. 11. p. 88. in Zaubereysachen wider keinen Menschen etwas anfahen, es gehe denn Klag über und wider ihn: die Klag aber kan geschehen auf dreyerley Weise.

Erstlich da jemand wider jemand auftritt, ihn mündlich oder schrifftlich bey dem Richter anbringt, und beschuldiget.

Zum Andern, da jemand öffentlich beschreyet oder berüchtiget ist.

Zum Dritten, da ein Ubelthäter auf andere bekennet.

Die erste persönliche Anklage gilt am meinsten, da einer anzeigt, er habe diesen oder jenen in zauberischer Handlung betretten, oder sey von ihm so und so verletzet. Jedoch soll ein Richter nicht zu bald glauben einem jeglichen Kläger, sondern sowol deß Klägers Gelegenheit und Affection gegen den Beklagten, als auch deß Beklagten Gelegenheit, und der Sachen Umstände fleissig erwägen. Ist der Kläger ehrlos, kindisch, närrisch, oder feind, so ist die Klage an ihr selbst nichtig: ist er aber erbar, vernünfftig und nicht feind; die beklagte Person aber auch erbar, eines redlichen Wandels, und ohn allen vorgehenden Verdacht: oder aber die Person leichtfertig und verdächtig, der Sachen Umstände auch nicht klar und wichtig genug, so ist alles[372] noch zweiffelhafftig, und bedarff gutes Nachforschens, ehe der Beklagte darum vorgenommen werde. Denn du solt falscher Anklage nicht glauben, spricht GOtt der HErr zu allen Richtern und Obrigkeiten. Nun ist aber dunckele Anklage für falsch zu halten, und derentwegen nicht zu glauben, bis daß das Werck etlicher massen kan bewiesen werden.

Was das gemeine Geschrey oder gemeine Gerüchte anlangt, muß darbey erkundiget werden, woher es seinen Ursprung und Anfang habe, denn nicht ein jegliches Geschrey oder Gerücht einer Anklage Statt erfüllet. Auf Warsager Anzeigung, auf Narren und Kinder Rede, auf zorniger Leute Schelten und Fürwerffen, obs gleich durch Stadt und Land erschallet, ist allerdings nichts wider jemand anzufangen; denn man leuget gerne auf die Leute, darum glaube nicht alles was du hörest, spricht Syrach im 19. Cap. v. 15. Ist aber das Geschrey durch ehrliche Leute aufkommen, daß sie jemand, oder bey jemand so und so gefunden, und selbst nicht antragen oder klagen wollen, und ist nun durch gemeinen Leumut auch der Obrigkeit zu Ohren kommen, ist sie schuldig Amts wegen [349] sich der Sachen so viel anzunemen, daß sie Kundschafft darauf anleget, und gründlich nachforschet, auf daß sie sich ferners darnach zu richten wisse. Dessen hat GOtt selbst ein herrliches Exempel gegeben, und diesem nachzukommen, beschreiben lassen, an denen von Sodom und Gomorrha, die Wort lauten bey Moyse, seines ersten Buchs im 18. Cap. v. 20. 21. also: Der HErr sprach, (zu Abraham) es ist ein Geschrey zu Sodom und Gomorrha, das ist gros, und ihre Sünde seynd fast schwer, darum will Ich hinab fahren, und sehen, ob sie alles gethan haben nach dem Geschrey, das für mich kommen ist, oder obs nicht also sey, daß Ichs wisse.

Wie ist nun dieses zu verstehen? ist GOtt nicht ein Hertzenkündiger, der Hertzen und Nieren prüfet, Jerem. 11. v. 20. und der auch der Menschen Gedancken von ferne, ehe sie aufsteigen, sihet und höret, weiß und verstehet? warum will Er sich erst erkundigen? Er sihet, höret, weiß und verstehet freylich alles, und bedarff nicht daß ihm jemand anzeige: diß ist aber eine Rede durch Gleichheit von Menschen genommen; und soll die Richter auf Erden lehren, daß sie, als die nicht alles wissen und verstehen, irren und betrogen werden können, nicht nach dem Geschrey zu geschwinde zuplatzen, sondern fleissig forschen, nachfragen, und die Warheit erfahren, ehe sie jemand in Verhafft nemen, für Gericht fordern, und zu straffen sich besinnen, immassen GOtt der HErr ein solches selber befiehlet, da er ausdrücklich spricht im fünfften Buch Mosis im 17. v. 4. Wenn unter dir funden wird ein Mann oder Weib, das Ubels thut, etc. und wird dir angesagt,[373] und hörest es, so solt du wol darnach fragen.

Die Bekäntniß eines Ubelthäters auf andere in gleichem Laster, ob sie wol eigentlich eine Verrätherey zu nennen, wird sie doch auch für eine Anklage gehalten; ist aber nicht viel darauf zu bauen: hat viel Nachdenckens an beederseits Personen. Denn auch in handthätigen Sachen, als Dieberey, Mörderey, Anzündung, u. d. g. bekennen offt die rechten Missethäter auf andere unschuldige Leute, verhoffende durch Angebung solcher Mitgesellen los zu werden; oder haben sonst Haß und Unwillen wider sie, darum sie Marter und Pein ihnen zufügen wollen. Derowegen auf sothane Bekantniß nichts zu gründen ist, es seyen denn grosse Vermutungen vorhanden, und selbstredende Umstände, es sey welcherley Sünde es wolle, die man thun kan, stehet in der Peinlichen Halsgericht-Ordnung Caroli V. c. 63. 66. 67.

[350] Wie viel weniger soll den gelten die Bekantniß eines offentlichen Ubelthäters, der noch für keinen Zeugen zuzulassen ist? was aber von einem gesaget wird, ist auch von vielen zu verstehen: denn zehen Ehrlose und Lügner seynd nicht eines redlichen warhafftigen wehrt.

Ferners, da sich ja in der Nachforschung etwas gefunden, das müglich, der Warheit gemäß und glaubwürdig ist, soll der Gerichtliche Process angefangen werden mit Beschickung der verdachten, beschreyten oder beklagten Person, daß sie selbst zu ordentlicher Verhör und Antwort komme. Diesen Weg hat GOtt, der gerechte Richter aller Welt selbst getretten, und allen Obrigkeiten, sonderlich in Criminal oder Halssachen, nachzufolgen eröffnet und gezeiget.

Denn ob er wol weit besser, als Adam und Eva erzeh len möchten, zuvor wuste, alles was geschehen war, hat er sich doch selbst für sich beruffen, sie gefraget, und ihre vermeinte Entschuldigung gedultig angehöret, ehe er sie nemlich ihrer herrlichen Freyheit deß Paradeyses beraubet, und mit der Straff beleget.

Ebenmässigen Proceß hielte der HErr auch mit Cain, da er wider seinen Bruder Abel erstlich ergrimmet, und hernach ihn erschlug. Diß lehret auch die Natur selbst billich zu seyn; und Käiser Justinianus will, setzet und ordnet 1. 4. Instit. Tit. 16. § omnium, daß alle Gerichte von der Citation, oder Beschickung der Personen, ihren Anfang nemen und haben sollen.

Nachdem nun der Beschickung Ursach ist, soll die beschickte Person mit freundlichen Worten in glimpfflichem Ernst befragt werden. Ist sie verklagt, soll der Kläger mit zu-gegen seyn, damit aus beyder Mund die Sach desto eher und besser zu erkennen. Also befiehlt der HErr im Gesetz, Devteron. 19. v. 17. dass Kläger und Beklagter zusammen[374] vor Gerichte erscheinen sollen: und ist auch bey den Heiden solche Ordnung gehalten worden, wie zu sehen an dem Landpfleger, Actor. 23. v. 35. Der Paulum nicht verhören wollen, bis seine Kläger auch gegenwärtig stunden. Und Paulus klagt hernach darüber, daß seine erste Verkläger nicht zugegen und neben ihn gestellet worden' Actor. 24. v. 19. 20.

Erfindet sich denn keine Mißhandlung, oder auch Anzeige in Verhör der beklagten Person, wird sie billich frey und ledig heim gelassen. Ist aber aus ihrer Antwort der Verdacht oder Anklage gestärckt oder wahr befunden, mag sie nach Gelegenheit der Sachen und Gutachten deß verständigen Richters, [351] entweder mit Bürgschafft sich einzustellen, heimgeschickt, oder in Verwahrung ge nommen werden.

Und sollen hierinn die Oberherren und Richter wol zusehen, daß sie mit Angreiffen und Gefangenlegen nicht zu geschwind, und ohn vorhergehend böses Gerücht, und andere genugsame Anzeigung, zufahren, und auch unschuldige Leute in Gefängniß, Traurigkeit und Kranckheit, oder aufs wenigste zur Vernachtheilung ihrer Ehren und Würde, bringen. Denn unschuldige Leute gefangen legen, ist eben sowol unrecht, als sie peinigen. Da Festus, der Landpfleger, in die Regierung eintratte, fande er Paulum unter den Kriegsknechten gefangen, und solte ihn weiter gen Rom zum Käiser schicken; hatte aber nicht recht wichtige und klare Anzeigung wider ihn, daß er etwas misshandelt hätte: da sprach er, es dünckt mich ein ungeschickt Ding seyn, einen Gefangenen zu schicken, und keine Ursach wider ihn anzeigen, wie zu lesen in der Apostel Geschicht im 25. v. 27. Nun ist ohn genugsame Ursache Gefangen nemen, eben so ein ungeschicktes Ding; darum hiermit weißlich, sorgfältig und gemach zu verfahren, und das bey Christen um so viel mehr, als besser sie von wahrer Gerechtigkeit berichtet seynd, weder die Heiden.

Die Indicia aber oder Anzeigungen, welche das Käiserliche Recht zur Peinlichen Frag erfordert, (Caroli V Const. Crimin. c. 6. 20 und 44.) seynd diese: als 1. daß jemand mit offentlichen Zauberern sonderliche Gemeinschafft habe. 2. Mit zauberischen Dingen umgehe. 3. Jemand zu bezaubern drohe, und es geschehe auch also. 4. Sich auch erbiete andere Menschen Zauberey zu lehren. 5. Und solcher Dinge auch umher berüchtiget sey. Eben diese Stücke werden auch billich vor dem Angreiffen und Fangen, vornemlich in dieser Sache, angesehen.


III. Drittens, ist auch in der Histori Meldung geschehen, was der alte fromme Nachbar endlich mit seinem so wolgemeinten Abmahnen und Warnen bey D. Fausto fruchtbarliches ausgerichtet habe, als daß er nur darüber eingebüst, und an seinem Leib und Gliedern gelähmet[375] worden. Alldieweiln aber bereits oben Anregung gethan worden, daß die Zauberer und Hexen den Menschen, auch vielmals den Frommen, auf GOttes Zulassung, Kranckheiten zufügen, Lähme zuschicken können, als lassen wirs darbey bewendet bleiben, und wollen anjetzo besehen die Art und Weise, wie und welcher Gestalt Zauberer, Hexen und Unholden, den Menschen und dem Viehe zu mancher Zeit Schaden zufügen.

[352] Kurtz darvon zu reden, so geschihet solches, wie mehr erwehnter M. B. Waldschmid, Concion. 11. von Zaub. spricht, nicht nur allein Tactu, mit dem leiblichen Angreiffen und Berühren, welches denn unterschiedlich ist: denn bisweilen pflegen sie mit den Händen Menschen und Viehe also anzugreiffen, das die Zeichen davon an dem Leib stehen bleiben; immassen Reinhardus Luz einer Hexen gedencket, Namens Anna Straubin, die zu Schlettstatt hernach ist verbrandt worden, welche einem ihrer Nachbarn einen Schaden an seinem Arm zugefüget, und ihm ferner an seinem heimlichen Ort in deß Teuffels Namen einen Griff gethan, daran er bald hernach verfaulet und gestorben ist.

Cardanus meldet, er habe zu Pavia eine Zauberin gesehen, die einem jungen Kind mit einer Ruthen schlecht oder gelinde über den Rucken gefahren, darvon es stracks Todes gestorben.

Sprengerus gedencket folgender Geschicht. Im Straß burger Bistum, im Städtlein Zabern, ist eine Amme oder Wehemutter, die zugleich eine Hexe, zu einer ehrlichen schwangern Frauen kommen, und sich derselbigen in Kindesnöthen auf-zuwarten, selbst erboten. Welche sie aber, weil sie der Zauberey halben berüchtiget war, in Kindesnöthen ungern bey sich haben wolte; hat sie derowegen, da sie sich bey ihr angeben, mit freundlichen Worten abgewiesen, und gesagt, wenn sie ihrer bedürffte, wolte sie es ihr zeitig genug wissen lassen.

Wie nun die Zeit der Geburt kam, brauchte die Frau eine andere. Worüber die Bestie dermassen ergrimmet, daß sie mit anderen Zauberinnen bey nächtlicher Zeit zu ihr kommt, und fragt, warum sie eine andere Wehemutter gebraucht, und sie verschmähet habe? und spricht weiter: über ein halb Jahr solt ihr gewar werden, daß mir die Verachtung wehe gethan, und streicht in dem mit der Hand der Kindbetterin über den Leib; da bey ihr nicht anderst gedaucht, als folgete all ihr Eingeweyde hernach: wolte derowegen den Mann um Hülff ruffen, der doch nicht weit davon gewesen, kunte oder vermochte es aber nicht, so lang die Hexe bey ihr gewesen.

Endlich hat sie ihm geruffen, und ihm den gantzen Verlauff erzehlet, welcher ihr denn solches hat wollen aus dem Sinn reden, es[376] wäre ihr nur im Traum vorkommen, oder werde sonsten nur ein Gesicht gewesen seyn. Worauf sie geantwortet nein, sie hat mir ein halb Jahr Frist gegeben, ehe [353] mir das Böse widerfahren solte. Folget nun solches nicht, und geschihet mir kein Leid, so will ich eurer Meinung seyn.

Nach sechs Monaten kommen der Frauen solche innerliche Schmertzen im Leibe an, daß sie nirgends zu bleiben gewust, ist aber durch ihr und anderer Christen fleissiges Gebet zu GOtt endlich erhöret worden; da durch den Stulgang Dornen, Knochen, Holtz, Eisen, von ihr gangen.

Bisweilen auch Gifft in Speis und Tranck zu mischen. Anton. Sabellicus und Wierus gedencken einer grausamen That, die sich zu Rom zugetragen, daß etliche feine junge Männer plötzlich gestorben, denen von ihren eigenen Weibern mit Gifft vergeben ward, und ist der Handel durch eine Magd entdeckt und offenbar worden: worauf der Rath zu Rom in die hundert und siebentzig ansehnliche Weiber, die ihren Männern also mitgefahren, tödten lassen.

Bisweilen die Thüren, Falleisen und Handhaben an denselben, zu salben, die Bäncke, Stühle und andere Sachen zu bestreichen; immassen Beyerlinck in Theatro Magno p. 206. T. 2. folgendes erzehlet von mehr als viertzig Personen, darunter der Scharffrichter fast die vornemste Person agirte, welche sämtlich, etwan um das Jahr 1536. in einem Städtlein Italiæ, sich verbunden, und zusamm verschworen, dahin zu trachten, wie sie alle Bürger, die noch von der vorhergegangenen Seuche überblieben, möchten verderben und umbringen, damit sie also ungehindert ihrer Haab und Güter könten theilhafftig werden. Haben demnach, aus Anstifftung deß Teuffels, eine Salb zusamm gemacht, mit welcher sie zur Nachtszeit die Klöpffer und Handheben der Thüren bestrichen, so, daß wer deß Morgens solche betastet, bald hernach hat sterben müssen; wie denn durch dieses verteuffelte Mittel viel seynd ums Leben gebracht worden. Es ist aber dieses vermaledeyte Verbringen nach etlicher Zeit auskommen; da man denn nach solchen Vergiffterern gegriffen, die es endlich ausgesagt und bekant, daß noch in die zwantzig Häfen voll dieser vergifften Salben in Bereitschafft zu finden wären.

Bisweilen auch gifftige Sachen und Materien in die Creutz- und Scheidwege, in die Häuser, Ställe, und unter die Thürschwellen zu vergraben, dardurch Menschen und Viehe allerley Kranckheiten, oder gar der Tod verursachet wird. Jene uns allhie wolbekante Schwester, sagt M. Rüdinger, Decad. 1. Conc. de Mag. p. 337. wurde einsten gantz blind [354] gemacht: die Ursach der gemachten Blindheit wurde ihrem Bruder zugemessen, welcher sich auch bey gebrauchter List endlich[377] darzu bekante, und sagte: hätte meine Schwester sich gegen mir in der Erbtheilung besser bezeuget, so wäre ihr dieses nicht widerfahren; doch weil sie ist bishero satt geplaget worden, so will ich ihre Wolfahrt gern gönnen, und spricht darauf zu derselben Söhnen: Ihr Vettern, in eurem Haus ist ein Töpfflein eingegraben mit etlichen Sachen, schaffet dasselbe wieder weg, so wird eure Mutter wol wieder sehen. Solches nemen nun die Vettern zu Ohren, gehen hin, finden das eingegrabene Töpfflein an benantem Ort, und schaffens weg. Sie kommen darauf wieder zusammen, und auf inständiges Bitten und Fragen bekommen sie diese Antwort: es dörffte sonst nichts mehr, als daß das Töpfflein weggeschaffet werde. Nach solchem eingenommenen Bericht, schlagen die Vettern den Thäter, daß er an Armen und Beinen fast gantz lahm wird: ihre Mutter aber hat durch fleissiges zu GOtt verrichtetes Gebet, ihr Gesicht wieder bekommen, und bis ans Ende ihres Lebens, ungeachtet vielen Drohens richtig sehen können.

Caspar von Colligni, weiland Admiral von Franckreich, hat erzehlet, schreibt unter andern Bodinus, Dæmon. Teutsch. p. 185. daß man im Land Poictu einen jungen Knaben hab gefangen, der angeklagt worden, als hätte er zween von Adel getödet. Derselbe war geständig, er sey der beyden Junckern Jung gewesen, und als er einsmals heimlich gesehen, daß sie ein Gifftpulver ins Haus, und auf die Frucht gestreuet und geworffen, mit diesen Worten: Fleuch über diese Frucht, über dieses Haus, über dieses Land; hab er desselben Pulvers gefunden, es genommen, und heimlich auf das Bett, da die beyde Junckern inne lagen, geworffen: worauf man sie hernach folgends aufgelauffen, geschwollen, pechschwartz und tod im Bette gefunden. Der Jung ist deßwegen von den Richtern absolviret und losgesprochen worden.

Also hat C. B. in scharffer Frage, auch hernachmals in Guten bekant, daß sie von der Wurtzel, so ihr der Teuffel, ihr Bule, gegeben, mit Wasser vermischet, einem, Hermann Baurmeister genannt, aus Haß, vor seinem Hof, in den Fahrweg in aller, etc. Namen gegossen, daß seine Pferde kranck worden, auch eines gestorben. D. Carpzov. Pr. Crim. p. 334.

Sondern es geschihet auch Halitu, durch gifftiges Anhauchen und Athem, welcher aus solcher verfluchter Leute Mund gehet. [355] Wie denn vor Jahren, nach obgedachtes Sprengeri Anzeigung eine Zauberin im Bistum Costnitz gewesen, die den Scharffrichter, als er sie von der Erden auf den Scheiterhauffen gesetzet, angehauchet, und gesagt: Für solche deine Arbeit solt du von mir diß zu Lohn haben: der denn alsobald darauf ist aussätzig worden, und nicht lang hernach[378] gestorben.

Deßgleichen haben auch drey Scharffrichter mit plötzlichem Verlust ihres Lebens erfahren, indem sie einer Hexen, die auf dem Scheiterhauffen gesessen, gar zu nahe kommen, und von ihr angehauchet worden, wie Casp. Goldwurm gedencket de Mirab. Diab. p. ult. auch ist es dem Pfarrherrn begegnet, dessen besser unten gedacht wird, welchen die vom Hauptmann bestelte Hexe unterweges angehauchet, darvon ihm plötzlich die Füsse aufgeschwollen.

Zwischen Breysach und Fridburg hat sich auf eine Zeit ein Weib mit ihrer Nachbarin gezancket, bald darauf, wie sie gegen die Nacht vor ihrem Haus etwas zu thun hatte, ist ein warmer Wind aus der Nachbarin Hause, als die gerade gegen ihr über gewohnet, ihr unter Augen gestossen, hat sie angeblasen, worauf die Frau alsbald mit dem Aussatz ist behafftet, und vergifftet worden. Jedoch geschihet solches nicht durch Gifft, welche sie in den Mäulern tragen solten, wie Danæus darfür hält; denn so würde es ihnen ja selbst am ersten Schaden, und ihnen den Tod verursachen, sondern aus gerechter Göttlicher Zulassung durch den Teuffel, der dieses Mittel vor andern auch gut und dienstlich befindet, die Menschen dardurch zu beschädigen, oder auch gar zu tödten. Allermassen gar schön Bodinus hiervon schreibet, Dæmonom. Teutsch. p. 142. Und solches noch besser darzuthun, habe ich die Acta, die mir der HErr von Pipemont zugeschickt, und wider eine Hexe, Barbara Dorea genant, lauten; welche den 11. Jan. 1577. vom Parlament zu Paris, zum Feuer ist verurtheilet worden, als ein Confirmativ deß Sententzes deß Bailly Sainct Christoffels in Senlis: nach dem sie bekant gehabt, daß sie fünff Menschen habe umgebracht einig und allein durch Einwerffung eines Pülverleins in einem Papier, an diß Ort, da sie vorüber gehen musten, und darzu gesagt gehabt, in GOttes und aller Teuffel Namen, etc. Das übrige lasse ich ungemeldet. Nun aber weiß jeder zuvor wol, daß kein Gifft, wie es auch Namen haben möge, solche Würckung haben könne, viel weniger ein truckenes Pülverlein. Darum lautet auch das Urtheil nicht hievon, sondern sie ward von wegen ihrer vielfältig verübten Zauberey dahin verdammet.

[356] Etliche halten letzlich auch darfür, daß dieses ingleichen geschehe Aspectu, mit dem Ansehen, und geben vor, der Zauberinnen und Hexen Augen seyen voll teuffelisches Giffts, die mit ihrem greulichen Anblick die jungen Kinder sonderlich, derer Leiblein zart und fähig seynd, beleidigen können, da (wie M. Rüdinger an einem Ort sagt) ihre Augen durchs Gesicht den Gifft am allerersten an sich nemen, und in den Leib hinein bringen, da man hernach nicht wisse,[379] wie den Kindern geschehen, und gemeiniglich dafür halte, sie seyen sonsten bezaubert, von bösen Leuten angegriffen, oder, wie mans ausredet, sie seyen beschreyet worden, u.s.w. Welches wir aber an seinen Ort hingestellet seyn lassen: wiewol sonsten, wenns anderst zu glauben ist, bey Plinio, A. Gellio, Solino und andern zu lesen, daß in Africa sonderbare Geschlechte unter den Leuten gewesen, die andere Leute, Thiere, Bäume, Saat und dergleichen haben beschädigen und töten können, wenn sie nur dieselbe angesehen, oder sehr gelobet haben. Sed solius Visus, Vocis, aut laudis id esse non potest, inquit Henricus Nicolai, cum nihil ex Oculo ad rem visam egrediatur, sed species visa Oculi pupillam ingrediatur, ut in Physicis et Opticis docetur.[380]

Quelle:
Pfitzer, Nikolaus: Das ärgerliche Leben und schreckliche Ende deß viel-berüchtigten Ertz- Schwartzkünstlers Johannis Fausti [...]. Tübingen 1880 [Nachdruck: Hildesheim, New York 1976], S. 369-381.
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