Das siebende Capitel.

Hält in sich eine Copey eines Schreibens an D. Faustum, von wegen eines Gespenstes in einem Schloß.

[410] ES ist nach D. Fausti Tod in seinem Cabinet ein Schreiben gefunden worden von einem vornemen von Adel, um Zwickau herum wohnend. Dieser hatte von seinem Herrn Vattern zwar ein uraltes, jedoch wol erbautes und auf einer zimlichen Höhe gelegenes Schloß ererbet, aber doch solches von wegen eines Gespenstes von der Zeit an nicht bewohnen können, sondern muste sich in einem darbey gelegenen grossen Haus behelffen. Dieses Ungemachs, obwol das Gespenst niemand beleidigte, wolte der Edelmann gerne los seyn, und weil er D. Faustum vor diesem mehr als einmal gesehen und gekennet, begehrte er in solchem Schreiben seinen getreuen Rath hierinnen zu ertheilen, was mit dem Geist anzufangen, und ob er könte vertrieben werden?

Diesem Edelmann nun schriebe D. Faustus wiederum dieses Lauts: Ehrnhaffter, Vester [390] Juncker, euer Schreiben an mich, hab ich empfangen, darinn euer Begehren verstanden, nemlich daß in eurem Schloß ein Gespenst gehen solle, und erscheine denen im Schloß manchesmal in Bauren, Reuter und Landsknecht Gestalt, jedoch ohn einigen Schaden: ist derwegen euer Begehren, eine kleine Reise zu euch zu thun, um zu erfahren, wie der Sache Rath zu schaffen, und solcher Geist vertrieben werden möchte.

Hierauf soll der Juncker inzwischen, weil ich diesesmal anderer Geschäffte halber nicht abkommen kan, zum Voraus berichtet seyn, daß auch die Geister und Gespenster zu mancher Zeit Corpora und Leiber an sich nemen, und bald in dieser bald in einer andern Gestalt den Leuten erscheinen: ich rathe aber, alldieweiln ich die Art dieses Geistes schon kenne, verschaffet, daß man ihn nicht beleidige, sondern ihr und euer Gesind gewohne ihn, sintemal er doch weder groß poltert, noch Untreue spielt; so es aber solte geschehen, daß[410] man ihn etwan beleidigte, würdet ihr endlich einen bösen Ausgang sehen: und daß deme also seye, so wohnen diese Geister gern in alten Häusern, in finstern Oertern, und dicken Pfühlen, item in tieffen Wassern, düstern Hölen und finstern Wäldern.

Ich bitte aber schließlich den Junckern, ihr wollet, wie gesagt, den Geist also gehen und walten lassen, bis ich werde zu euch kommen, alsdenn will ich dahin trachten, wie der Geist gar aus dem Schloß möge vertrieben werden.

Datum etc.


[391] Anmerckung.

I. Bey diesem, daß allhier D. Faustus den Geist oder das Gespenst aus dem Schloß vertreiben und beschwören will, fällt die nothwendige Frag für, ob man die Gespenste befragen, wer sie seyn, was sie wollen; oder solche gar beschwören möge.

Es ist aber dieses sowol als jenes unrecht und wider Gottes Willen, indeme, daß wir wissen, daß er ein Lügner ist, Joh. 3. v. 44. Darnach weil davon in GOttes Wort kein Befehl zu finden, daß man es thun soll, auch keine Verheissung, daß es GOtt wolle schaffen und machen, daß uns die Gespenste erscheinen, und unsern Willen thun sollen: zumaln es überdas auch gefährlich ist; denn wer den Teuffel und seine Gespenst unruhig machet, oder ihr begehret, sie fürfordert, sie beschwöret das zu sagen, was man sie fragt, der begibt sich gewißlich in die gröste Gefahr, und kan leichtlich darinnen umkommen, und ihme ergehen wie Syrach sagt Cap. 3. v. 27. Wer sich gerne in Gefahr gibt, der verdirbt darinnen.

Denn wenn gleich der Teuffel in der heiligsten Gestalt erscheinet, und sich stellet, als ob er von uns sey unruhig gemacht, oder von uns genöthiget worden zu erscheinen, und er sich unserm Gebot und Willen unterwirfft, thut er es doch zu seinem Vortheil, uns aber zum Schaden und Verderben. Denn es ist und bleibt in diesem Stück wahr, was ein alter Scribent geschrieben: Der Teuffel stellet sich unterweilen, als wenn er gefangen wäre, auf daß er dich fange, als wenn er gebunden wäre, auf daß er dich binde, als wenn er deiner Gewalt unterworffen wäre, auf daß er dich ihm unterwerffe, als wenn er von dir einge schlossen wäre, auf daß er dich ewig einschliesse.

Wie giengs jenen sieben Söhnen Scevæ deß Hohenpriesters? diese waren Beschwörer, und beschwöreten die bösen Geister in den Besessenen, aber es bekam ihnen übel, denn der Mensch, in dem der böse Geist[411] war, sprang auf sie und ward ihrer mächtig, und warff sie unter sich, also daß sie nacket und verwundet aus demselbigen Haus flohen, wie zu lesen in der Apostel Geschicht im 19. v. 13. So kans auch andern ergehen, die den Teuffel und seine Gespenste in ihrem Nest verunruhigen und beschwören wollen auf unerlaubte und aberglaubische Weise: und obschon der Geist und das Gespenst manchmal ihnen gehorsamet, suchet doch der Teuffel ein anderes dardurch, oder wol dieser Beschwörer zeitliches und ewiges Verderben.

[392] Also erzehlet oftgedachter Herr Harsdörffer im fünfften Theil deß grossen Schauplatzes Jämmerlicher Mordgeschicht Hist. 122. daß einer, der das Zauberwesen sonderlich liebte, mit etlichen Studenten von Basel, Anno 1625. auf Straßburg gefahren, und indem er gehöret, daß man von Gespensten geredet, und wie man selbe besprechen und beschwören solle, hat er dieses fleissig in Obacht genommen, die Wort deß Segens auswendig gelernet, und als er kurtz hierauf vernommen, daß sich auf einem Dorff ein solcher Geist sehen liesse, erkühnte er sich, solchen mit den erlerneten Worten zu besprechen.

Das Gespenst sagte, daß eine Bauren-Magd ihr unehlich Kind der Orten vergraben, welches Geist nicht ruhen könte, bis die Dirn bestrafft, etc. Dergleichen Besprechungen mit den Gespensten hat ihn viel Geld verdienen machen, und ist er deßwegen in der Stadt Straßburg, und in dem gantzen Elsaß bekant gewesen.

Nach geraumer Zeit kommet der Ursacher solcher Gespenste zu ihm, und begehret, weil er ihn viel Geld verdienen machen, so soll er ihm sein Kind, welches er erzeugen würde, ungetaufft geben. Dieses willigte der Bößwicht, zeugte aber kein Kind mit seinem Weibe, welcher seine Händel unwissend waren; deßwegen verfügte sich der Teuffel wieder zu ihm, und beredet ihn, daß er ihm mit seinem Blut Leib und Seel verschriebe. Inzwischen und nach solcher abscheulichen Unthat hat er sehr viel Gespenster den Reichen in die Häuser erbannet, selbe besprochen, und gegen Almos geben an gewissen Tagen, oder Stifftung in arme Häuser, u.s.f. wieder vertrieben. Sonderlich aber hat er die Sontag beobachtet, und vorgeben, kein Gespenst antworte ihm an solchem Tag. Durch dergleichen Sachen hat er der Orten das Papstum etlicher massen wieder einführen wollen, und auch zu Zeiten deß Fegfeuers gedacht, wie er selbsten bekennet.

Die Herren Geistlichen zu Straßburg haben diesen Beschwörer in das Gefängniß werffen machen, und weil er sich auf die Schrifft bezogen, daß kein Reich, das mit ihm selbst uneinig wird, bestehen könne, und daß er nicht durch den Beelzebub, sondern durch GOttes Wort die Gespenster austreibe; hat ihnen auch den Trutz geboten, daß sie deßgleichen[412] thun solten, oder darbey seyn, wenn er mit den Geistern rede, dazu sie aber keinen Lust gehabt. Kurtz zu sagen, er hat sich heraus ge[393]wunden, daß er wieder los kommen und den Gespenst-Handel ärger als zuvor getrieben.

Es fügte sich aber, daß er in einem reichen Haus ein Gespenst vertrieben, mit dem Vorgeben, daß man in das Waisenhaus zwantzig Gulden zahlen solte, so würde der Geist ausbleiben. Dieses Geld wird ihm zugestellet, sol ches dahin zu tragen, welches er auch angenommen, aber etliche Gulden davon behalten; deßwegen er denn, auf der Herren Geistlichen inständiges Anhalten, wiederum in Verhafft gebracht worden. In seinem Haus fanden sich Brieffe, Salben, Wurtzel und dergleichen, welche ihn nach allen Umständen der Zauberey verdächtig machten, daß man ihn auch an die Peinliche Frag wirfft, und doch nicht zu bekennen zwingen kunte.

Einer unter den Herren Schöpffen sagte, er solte den Speichel aus dem Mund speyen, weil er sahe, daß er die Lippen gleichsam verschlossen hatte: so bald er solches gethan, hat er alles bekennet, und was er mit dem Satan gehandelt, heraus gesagt. Als er einsten in die Verhör gehen sollen, und einen Abtritt zu nemen begehrt, hat ihn ein kolschwartzer zottiger Hund an ein Fenster aufgehoben, und als vermeint, der Geist solte ihn davon führen, hat er ihn aber herab in den Stadtgraben fallen machen, von dar er wieder herauf geholet werden müssen.

Nachdeme sich nun befunden, daß dieser Beschwörer viel verhext, gelähmet, bezaubert, und um das Geld, mit seiner Beschwörung betrogen, ist er zum Tod verurtheilt worden, daß er erstlich enthauptet, hernach aber verbrennet werden solte, mit allem seinen zauberischen Geräthe, wie erfolget. Als er nun ausgeführet worden, hat er wenig gebetet, und ohne Andacht, sondern vielmehr geschertzet, und deß Henckers gespottet, vielleicht verhoffend, der Satan, dem er gedienet, werde ihn in solcher Noth erretten. Auf dem Richtplatz aber ist ihm alles Hertz entfallen, hat zu Zagen und zu Zittern angefangen, und ist mit Judas-Reue dahin gestorben.

Jedoch, was gedachtes Beschwören der Gespenster betrifft, ist solches gantz und gar nicht zu verwerffen, wenn nemlich dardurch eine deß Christlichen Glaubens und Vertrauens auf Gott volle Zurede verstanden wird, da man dem bösen Geist, aus solchem Glauben und Vertrauen auf GOtt befiehlet zu weichen, und von seinem Molestiren, Poltern und Schrecken ablassen, und niemand damit nicht weiter zuzusetzen, als die [394] wir mit dem Blut deß Sohns GOttes erlöset seyn. Doch aber soll man sich hierbey in den Willen GOttes ergeben, daß wenn es ja[413] ihm also gefällig, dem Teuffel solches über uns die Zeit unsers Lebens zu verhängen, man alsdenn seinen Willen richte und ihm das gefallen lasse, was GOtt haben will.


II. Wenn man aber fürs ander fragen solte, wie man denn dieser Gespenster, und ihres Polterns, in diesem und jenem Ort, los werden könne; ist zu wissen, wie M. B. Waldschm. Concion. 9. de Spectr. schreibt, daß die erlaubte und dem Wort GOttes gemässe Art und Weise den Geistern zu begegnen, bestehe im rechten Gebrauch der jenigen Mittel, welche wir darwider in GOttes Wort vest gegründet finden, und die wir auch zur Hand nemen sollen: denn das ist 1. Das andächtige Gebet; mit welchem man sich dem lieben GOtt, dem himmlischen und allmächtigen Schutzherrn, dem treuen Hüter Israelis, der nicht schläfft noch schlummert, in seinen vätterlichen und gnädigen Schutz befehlen, auch Ihn um seine liebe heilige Engel anruffen solle, daß sie uns GOtt zu senden, und ihnen über uns Befehl thun wolle, uns wider den Teuffel und seine Gespenste zu behüten. Wie wir nun insgemein in aller Noth bitten sollen: also sollen wirs in dieser Noth auch insonderheit thun, wenn wir von den Gespenstern erschreckt, angefochten und geplaget werden: nicht gedencken, wie ihrer viel thun, daß solche Gespenste mit grossem Fluchen, daß sich darüber der Him mel entfärben möchte, vertrieben werden, denn dieses ist kein dienliches Mittel darzu. Er der Teuffel weichet wol willig und gerne, wenn man greulich fluchet, denn er hat solcher Gestalt schon halb gewonnen. Gleichwie man den Soldaten gemeiniglich mit frieden läst, und ihm nicht weiter zusetzet, der sein Gewehr gegen den Feind fallen läst, und um Quartier rufft: also wer dem Teuffel tapffer sacramentiret und fluchet, den läst er gern unangefochten, und weichet von ihm, er gibt ihm gern, so zu reden Quartier, und läst in gehen; denn er läst die rechte Waffen wieder ihn fallen, und ergibt sich. 2. Soll aber das Gebet GOtt angenem seyn, und von ihm erhöret werden, so muß auch das ander Mittel sich dabey finden, nemlich das veste und glaubige Vertrauen auf GOtt. Ist das nicht bey dem Gebet, so taugts nicht, denn der Mensch muß beten im Glauben, Jacobi im 1. v. 6. Ohne den Glauben ists unmüglich GOtt gefallen, zum Hebreer. im 11. v. 6. Der hat auch grosse [395] Stärcke und Krafft wider den Teuffel und seine Anläuffe. Denn der Glaub ist der rechte Schild, mit welchen wir auslöschen können alle feurige Pfeile deß Bößwichts, wie Pauli Wort lauten zum Ephesern im 6. v. 16. Und ob er schon herum gehet wie ein brüllender Löw, uns zu verschlingen, so können wir ihm doch, widerstehen im Glauben, 1. Petri 5. v. 8. In solcher glaubiger Zuversicht können sie dem Teuffel und allen Teuffelsgespensten trutz bieten[414] und sagen: Ist GOtt für uns, wer mag wider uns seyn? Römer. 8. v. 31. Der HErr ist mir zur Rechten, darum werde ich wol bleiben, Psalm 16. v. 8. Das 3. Mittel ist, der rechte Gebrauch deß Worts GOttes, welches uns der heilige Paulus wider die böse Geister zu gebrauchen an die Hand gibt, wenn er Ephes. 6. v. 17. sagt: Nemet das Schwerd deß Geistes, welches ist das Wort GOttes.

Wir müssen aber aus GOttes Wort kräfftige Trost und Kernsprüche sonderlich heraus nemen, und sie dem Teuffel entgegen halten, nemlich aus dem ersten Buch Mosis im 3. v. 15. daß deß Weibes Samen der höllischen Schlangen hab den Kopff zertretten; mit welchem Spruch jener fromme Bergmannn zu Freyburg in Meissen den Teuffel vertrieben hat. Item daß der Sohn GOTTES in die Welt kommen, daß er deß Teuffels Werck zerstöre, 1. Johan. 3. v. 5. und hab dem Teuffel seine Macht genommen, 1. Hebreer. 2. v. 14. und hab die verdamte Geister mit Ketten der Finsterniß zur Höllen verstossen, daß sie zum Gericht behalten werden, 2. Petr. 2 v. 4.

Herr Lutherus sagt hievon in seiner Kirchen-Postill also: solch Schreckniß der Geister solst du frey und frölich in den Wind schlagen, und dich für ihnen nicht fürchten, so werden sie dich auch wol mit frieden lassen. Und ists, daß du etwan in einem Haus einen Polter- und Rumpel-Geist hast, so mache nicht viel Disputirens, und wisse, daß da kein guter Geist ist und er nicht von GOtt komme, mache das Creutz für dich, und fasse nur den Glauben zu Hertzen; hat ihm GOtt verhängt dich zu straffen, wie den frommen Hiob, so sey bereit und leide es willig, ists aber sein eigen Spiel, so verachte ihn mit starckem Glauben, und erwege dich nur frisch auf GOttes Wort, denn er wird dir GOttes Wort nicht abbeissen, da hab keinen Zweiffel.

Das vierdte Mittel ist der Trost der heiligen Tauff, daran wir uns vest halten sollen. In der heiligen Tauff haben wir dem Teuffel und allen seinen Wercken und Wesen abgesagt, [396] haben uns aber auch zugleich in Kampff und Streit mit ihm eingelassen, ritterlich wider ihn und sein gantzes Reich zu streiten. Daher sagt Orige nes zu einem getaufften Christen: Bist du zum Taufstein kommen, so hat da dein Streit und Kampff seinen Anfang genommen.

Wie wir nun diesen Feind die Zeit unsere Lebens für uns haben mit ihm zu kämpffen, also müssen wir auch in diesem Fall, wenn er uns durch seine Gespenste viel krumme Sprünge macht, uns nicht weich finden lassen, sondern mit einem hertzhafften geistlichen Mut uns gefast machen, und es getrost auf GOttes verheissenen Beystand wagen, und ihm Widerstand thun, daß wir das Feld behalten, und er weichen müsse. Dieses können wir aber desto hertzhaffter thun, wenn wir uns der[415] heiligen Tauff erinnern und trösten, darinnen wir Christo JEsu einverleibet worden, und ihn angezogen haben, zum Galatern im 3. v. 27. seynd auch durch Krafft und Würckung der heiligen Tauff vom Teuffel und seinem Reich erlöset worden, und hat uns GOtt in seinem Gnaden-Bund auf- und angenommen, den wird Er ihm durch den Teuffel nicht brechen lassen, oder zu nichte machen.

Herr Lutherus erzehlet hiervon ein schönes Exempel, daß ein Doctor der Artzney gewesen sey, der hab in der Kirchen zu gesehen, wie man ein Kindlein getaufft hat, und hat die Wort deß Sacraments mit Fleiß hören sprechen, und daraus einen starcken Glauben geschöpfft, daß er mit grosser Freudigkeit gesagt: wenn ich wüste, daß ich mit diesen Worten, gleich als diß Kindlein, getaufft wäre, so wolte ich den Teuffel nicht mehr fürchten. Als nun deß Kinds Gevattern und die andern, so sonst um den Tauffstein gestanden, zu ihm gesagt, daß er eben also getaufft wäre, und man hätte diese Wort bey seiner Tauff auch gesprochen, da hat er, der Doctor, noch einen grössern Mut und Geist genommen, daß er weder den Teuf fel, noch kein Unglück fürchten wolte.

Darauf sichs zugetragen, daß der Teuffel diesem Doctor erschienen, in Gestalt eines zottigen Bocks, mit langen Hörnern, und hat sich an der Wand sehen lassen, welches der Doctor, daß es der Teuffel wäre, hat gemerckt, deßwegen ein Hertz gefast, den Bock bey den Hörnern erwischt, ihn von der Wand gerissen auf den Tisch geschlagen, daß ihm die Hörner in der Hand geblieben, und der Leib verschwunden. Dieses hat ein anderer gesehen, und gedacht, ey hat diß der Doctor [397] gethan, ich wills auch thun, bin ich doch sowol getaufft als er: und da ihm auch der Teuffel in eines Bocks Gestalt begegnet, ist er ihm aus Vermessenheit an die Hörner gefahren, aber der Teuffel hat ihm den Hals umgedrehet, und ihn erwürget.

Das fünffte Mittel ist, die Bewahrung eines guten Gewissens. Ein gutes Gewissen ist ein herrlicher Schatz, ein tägliches Wolleben, Prov. 15. v. 17. darbey ein Mensch freudig zu GOtt seyn, und den Teuffel und seine Anfechtungen desto weniger achten kan. Denn wenn ihn sein Hertz nicht verdamt, so hat er eine Freudigkeit zu GOtt, 1. Joh. 3. v. 21. Und wenn ihn sein Gewissen seiner Sünden, und seines gantzen Lebens halben nicht beisset, wie Hiob im 27. v. 6. redet, so kan er gutes Mutes seyn; und wie er in aller Trübsal und Anfechtung nicht Ursach hat sich zu fürchten, also hat er auch bey seinem guten Gewissen insonderheit nicht Ursach sich für dem Teuffel und seinen Gespensten zu fürchten, sondern er kan ihm seine Anläuffe und Stürme, wie hefftig er auch ansetzet, mannlich abschlagen: darum sollen wir[416] uns befleissigen, daß wir Glauben und gutes Gewissen bewahren, und also eine gute Ritterschafft üben, nach Anmahnung Pauli, 1 Timoth. 1. v. 18.

Das sechste Mittel ist, die fleissige Abwartung seines Amts und Beruffs, darein GOtt einen jeden gesetzt hat, dessen wir treulich abwarten, und ein jeder also wandeln soll, wie ihn der HErr beruffen hat, 1. Corinth. 7. v. 17. und was ihm GOtt befohlen hat, deß neme er sich stets an, Syrach 3. v. 22. unterlasse aber allen Fürwitz in ein fremdes Amt zu greiffen; denn bey seinem Beruff, Amt und Arbeit kan er sich desto mehr deß Göttlichen Beystands und Hülffe trösten, und werden die Teuffels-Gespenste desto weniger bey ihm ausrichten.

Diesen Raht gab einsten Herr Lutherus einem Pfarrer, der ihm klagte, wie der Teuffel deß Nachts ein Stürmen, Poltern, Schlagen und Werffen in seinem Haus hätte, daß er ihm auch seine Töpffe und höltzerne Gefässe zerbrechete, und er keinen Fried für ihm hätte, denn er werffe ihm die Töpffe und Schüsseln an Kopff hin, daß sie in Stücken springen, und lache seiner noch darzu, daß er ihn offtmal lachen hörete, er sehe aber nichts. Darauf sprach Herr Lutherus also zu ihm: Lieber Bruder sey starck in dem HErrn, und sey deines Glaubens an Christum gewiß, weiche diesem Mörder dem Teuffel nicht, leide und dulte sein äusserlich Spiel und Lermen, auch den [398] geringen zeitlichen Schaden, daß er die Töpffe und höltzerne Schüsseln zerbricht, denn er kan dir doch an der Seelen und am Leib nichts thun, das hast du bishero in der That also erfahren, denn der Engel deß HErrn hat sich um dich her gelagert, der schützet und behütet dich, darum laß den Teuffel immer hin mit den Töpffen spielen, du aber bete zu GOtt mit deinem Weib und Kinderlein, und sprich getrost: Trolle dich Satan, ich bin Herr im Haus, und nicht du. Also soll man zum Teuffel sagen, wenn er von sich selbst kommt, und man ihn mit den Sünden nicht hat zu gast geladen, oder gleichsam einen Boten geschickt, denn spreche man: Ego authoritete divina hîc sum paterfamilias, et vocatione cœlesti Pastor Ecclesiæ, das ist: durch Göttliche Macht und Befehl bin ich in diesem Haus Herr, und hab einen himmlischen Beruff, daß ich Pfarrer in dieser Kirchen bin, deß hab ich Zeugniß im Himmel und auf Erden, darauf poche ich; aber du Teuffel schleichest in diß Haus als ein Dieb und Mörder, warum bliebest du nicht im Himmel? wer hat dich herein in diß Haus geladen?

Also sollen auch wir auf unsern Beruf trotzen, denselben dem Teuffel vorhalten, so wird er desto eher weichen, und uns mit frieden lassen.

Das 7. Mittel ist, das geistliche Singen und Musiciren. Die liebe[417] Music ist eine sonderbare Gabe GOttes, und um deßwillen dem Teuffel desto verhaster, nicht zwar eben um deß Wollautens willen, sondern um der gottseligen und tröstlichen Wort willen, die darunter gesetzt, und in wahrer Gottesfurcht aus glaubigem Hertzen gesungen werden, und man also dem HErrn singet und spielet im Hertzen, Ephes. 9, v. 19.

Herr Lutherus sagt: der Teuffel ist ein trauriger Geist, und macht traurige Leute, darum kan er Frölichkeit nicht leiden, daher kommts, daß er von der Music aufs weitest fleucht, bleibet nicht, wenn man singet, sonderlich geistliche Lieder.

Also ist anderswo in dieser D. Fausti Histori Anregung gethan worden, welcher Gestalt ein Teuffelsgespenst und Poltergeist einen frommen gottesfürchtigen Alten hefftig vexiret und verunruhiget hat, der aber sich bald, nachdem der fromme Mann das Lied, durch Adams Fall ist gantz verderbt, etc. angefangen zu singen, davon gemachet, und hinfort nicht mehr hören lassen.

Das 8. Mittel ist die Verachtung deß Teuffels; die kan er als ein stoltzer und hochmütiger Geist nicht leiden, [399] bevorab wenn bey solcher Verachtung keine Sicherheit sich befindet, sondern sie aus wahrem Glauben und vestem Vertrauen auf GOtt herrühret. Da läst er denn mit seinem Poltern, Rumpeln und Schröcken nach. Wenn ein Hund einen anbellet, man aber dessen nicht achtet, sondern fort und fürüber gehet, so beisset er nicht allein nicht, sondern er höret auch auf zu bellen, wenn man ihn aber mit Schlägen oder Werffen reitzet, so fället er desto eher an und beisset: also höret der Teuffel mit seinen Anfechtungen nimmer auf, wenn er sihet, daß man sich für ihm fürchtet, und ihn nicht verachtet, sondern man fördert und hilfft ihm je mehr und mehr, darvon erzehlet Lutherus aus den vitis Patrum diese Geschicht:

Daß einsmals ein Altvatter hab gesessen und gebetet, und da sey der Teuffel bald hinder ihm her gewesen, und hab ein Gerümpel gemacht, daß den Altvatter gedaucht, er höre einen gantzen Hauffen Säu kirren und gruntzen, wormit ihn der Teuffel schröcken, und am Gebet hindern wollen; der Altvatter aber hab gesprochen: Ey Teuffel wie ist dir so recht geschehen, du soltest seyn ein schöner Engel, so bist du nun zu einer Sau worden. Darauf hab alsobald das Kirren und Gethön aufgehöret, denn es hab der Teuffel diese Verachtung nicht leiden können.

Auf solche Verachtung sahe Lutherus, da er einsten einem Mann von Magdeburg diesen Raht gab, er solte ihn verachten, davon er selbst also sagt, Colloq. Mens. p. 206. Da das Evangelium angieng, legte sich der Teuffel drein, und liesse nicht gern ab von dem Poltern, denn er hätte zu Magdeburg gern das Fegfeuer erhalten. Nun war aber da ein Burger, dem starb ein Kind, dem ließ er nicht Vigilien[418] und Seelmeß singen, denn es kostete trefflich viel. Da fieng der Teuffel ein Spiel an, und kam alle Nacht um acht Uhr in die Kammer, und winselte wie ein jung Kind, dem guten Mann ward darüber bang, wuste nicht wie er ihm thun solte. Da schreyen die Pfaffen, ey da sehet ihr wie es gehet, wenn man nicht Vigilien hält, wie thut das arme Seelichen? darum schickte der Mann, auf Beyrathen anderer, an D. Lutherum, und ließ ihn um Rath fragen, der ihme denn wieder zugeschrieben, er solte keine Seelmeß halten lassen; denn er und sein gantzes Haus solten gewiß dafür halten, daß es der Teuffel wäre, der solches alles anrichtete. Das thäten nun die Kinder und das Gesinde, verachteten nemlich den Teuffel, und sprachen: Teuffel was machst du hier? hast du sonst nichts zu schaffen, hebe dich du verfluchter Geist dahin du gehörest, in den Abgrund der Höllen.

[400] Wie nun der Teuffel das merckte, da war er kein Kind mehr, sondern er polterte, stürmete, warff und schlug, und that scheußlich, ließ sich oft sehen wie ein Wolff, der da heulte, aber die Kinder und jedermann im Haus verachteten ihn. Wenn irgend eine Magd mit dem Kind die Treppen oder Stiegen hinauf gieng, so trappete er mit den Händen hernach, so sagte denn das Gesind, huy bist du toll, u.s.f. Demnach sie nun diß und anderes Spottwerck mit ihm genug getrieben, ist der Teuffel mit seinem Poltern aussen blieben, quia superbus est Spiritus, et non potest ferre contemptum, weiln er ein stoltzer Geist, und nichts üblers vertragen kan, als wenn man ihn verachtet.

Und das seynd also die vornemsten Mittel, mit denen man dem Teuffel und seinen Gespensten begegnen kan und soll.[419]

Quelle:
Pfitzer, Nikolaus: Das ärgerliche Leben und schreckliche Ende deß viel-berüchtigten Ertz- Schwartzkünstlers Johannis Fausti [...]. Tübingen 1880 [Nachdruck: Hildesheim, New York 1976], S. 410-420.
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