I.

[141] Bei dem jetzigen Klausthal hat früher ein Städtlein gestanden, das hat das kleine Klausthal gehießen und ist sehr wohlhabend gewesen. Aber je reicher die Einwohner geworden sind, desso schlechter und gottloser haben sie sich gezeiget. Darüber hat Gott die Stadt untergehen lassen und an der Stelle, wo die Kirche gestanden hat, ist ein Teich entstanden. Das Thal heißt jetzt noch das kleine Klausthal. In der Mitternacht vom grünen Donnerstage auf den Charfreitag ist die Kirche an der Stelle regelmäßig zu sehen, zugleich zeiget sich ein Reh, das niemand jagen darf. Einst verführte der Bergmönch einen Bergmann, die Zeit zu verschlafen, und da ging er dann einen Weg, der über den Teichdamm war. Da stand die Kirche da vom kleinen Klausthal, und weil er sich sehr darüber verwunderte, so ging er hinein, kannte aber niemand von den Leuten, die darinnen waren, auch nicht den Prediger. Drauf wurde er vom Bergmönch, der ihm da wieder erschien, hinausgeführet, und als er weiter gegangen war, waren Kirche und Steg verschwunden.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 141.
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