I.

[173] Im Rauschenbache, etwa eine halbe Stunde vom Oderteiche, ist eine Höhle, darinnen wohnet eine Prinzessin bei sieben Zwergen. Einst wollte ein Jüngling sie erlösen, dem sagte sie, daß er sie dreimal küssen müsse, zuerst als Prinzessin, dann als Pudelhund und endlich als Schlange. Sie offenbarete ihm das in Schlangengestalt, indem sie sich an einem Tische emporhob und den Schlangenkopf darauf legte. Als er versprach sie zu erlösen, stand sie zuerst als Jungfrau vor ihm. Da küßte er sie, und auch als Hund hat er sie nachher geküßt. Als Schlange sie zu küssen hat er aber nicht gewaget, darum ist die Prinzessin unerlöset geblieben. – Die meisten nennen die Prinzessin nur die Schlüsseljungfer im Rauschenbach und sagen, sie rufe besonders die Mädchen, die Karoline hießen. Auch müsse sie durch ein Mädchen erlöst werden, die Karoline hieße, und wenn ihr eine solche folgte, so bekäme sie den Schatz, der im Rauschenbachthale verborgen sei. Es sei ihr aber noch keine gefolgt.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 173.
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