Nr. 136. Hexenbutterwerk.

[101] Auf dem Wildemann war eine Frau, die schloß ein Bündnis mit dem Teufel. Sie handelte auch mit Butter und der Teufel gab ihr einen Beutel, worin etwas war, man weiß nur nicht was. So oft sie butterte, sollte sie das unters Butterfaß legen. Das hatte die Frau schon viele Jahre gethan; da mußte sie einmal ins Backhaus gehen und ihre Tochter ging auf die Nachbarschaft. Die Nachbarsfrau butterte auch gerade, da sagte das Mädchen: sie müßte es machen wie[101] ihre Mutter, dann bekäme sie viel Butter. Ihre Mutter hätte einen Butterbeutel, wenn sie den unter das Butterfaß legte, käme das Butterwerk sogleich oben heraus. Da sagte die Nachbarsfrau, ob das Kind nicht wüßte, wo die Mutter den Beutel hätte, und es lief sogleich hin, um den Beutel zu holen. Den legte sie unter ihr Butterfaß, da kam die Butter sogleich oben heraus. Als sie fertig gebuttert hatte, gab sie dem Kinde den Beutel wieder, um ihn an seine Stelle zu legen, damit die Mutter nicht merken solle, daß sie den Beutel gebraucht habe. Da wusch sie die Butter, und dann wollte sie dieselbe wägen. In dem Augenblicke ging die Thür auf, und es kam ein Mann herein im dreieckigen Hute und roten Mantel, der hatte einen Pferdefuß und einen Menschenfuß und sagte: ob sie denn nun Butter genug hätte? zog auch ein großes Buch heraus und sagte: sie möchte sich erst hier unterschreiben. Die Frau aber weigerte sich, sie hätte mit so einem Manne, wie er wäre, nichts zu schaffen. Der Mann antwortete: warum sie den Butterbeutel gebraucht hätte? Wenn sie sich nicht unterschriebe, müßte er seinen Teil von der Butter wieder wegnehmen. Einen solchen Mann, wie er wäre – sagte nun die Frau – ließe sie nicht an die Butter, sie wüßte, wie viel sie immer erhalten hätte. Er aber sagte: das wisse er besser als sie, was sein wäre und was ihr gehöre.

Die Frau nahm endlich ihre Butter davon und der Mann das Übrige, damit ging er zur Thür hinaus. Die Frau aber war schwatzhaft und wollte ihrer Nachbarin erzählen, was geschehen war. Als sie die Thür öffnete, klatschte der Mann ihr die Butter ins Gesicht und flog zum Schornstein hinaus. Die Frau aber schrie und lief auf die Straße. Da war der Mann schon hoch in der Luft. Nun legte sich die Frau und wurde krank. Am andern Tage, wo dies geschehen war, um dieselbe Stunde, war sie kalt und ihr Gesicht war von der Teufelsbutter kohlenschwarz.

Es wird auch erzählt, daß in einem Harzdorfe, dessen Namen um 1850 ein Geheimnis war, früher alle Frauen Hexen waren, ausgenommen eine, die der Teufel noch nicht in seine Klubben bekommen hatte. Butterte eine von den Hexen, so war in fünf Minuten alles fix und fertig und das ging[102] folgendermaßen zu: die Hexen hatten vom Teufel dafür, daß sie sich ihm ergeben hatten, ein Knäuel Garn zum Geschenk bekommen, welches, unter das Butterfaß gelegt, den Rahm in Zeit von etlichen Minuten in Butter verwandelte, die sich nachher beim Gebrauche nicht verminderte. Dies Knäuel hatte die Oberhexe in Verwahrung; butterte nun eine von den Hexen, so ging sie hin zur Oberhexe und holte sich dasselbe, legte es unter das Butterfaß und in wenigen Minuten war schon alles fertig, auch Butter die Menge. Nun butterte eines Tages auch einmal die Frau, die keine Hexe war. Von des morgens an bis Mittag hatte sie schon gebuttert, aber noch schien es nicht, als ob es Butter werden wollte. Da kommt ein Mädchen, welches mit der Tochter dieser Frau im gleichen Alter ist, und will dieses zur Schule abrufen. Das Mädchen sieht die Quälerei dieser Frau und verwundert sich darüber. »Wenn meine Mutter buttert,« sagt es, »so ist es ripsch, rapsch, rupsch, dann ist die Butter fertig. Das geht ganz geschwind. Sie legt ein Garnknäuel unter das Butterfaß, dann hat sie so viel Butter, daß sie sie nicht alle bewältigen kann. Wenn ich's einmal holen soll? Meine Mutter hat heute morgen auch gebuttert; jetzt ist sie aber ausgegangen.« – »Ja,« sagt die Frau, »hole es einmal.« Rasch läuft das Mädchen hin und holt das Knäuel. Darauf geht es mit dem Mädchen der Frau in die Schule und läßt das Knäuel da. Nun legt die Frau das unter das Butterfaß und in weniger als fünf Minuten ist die Butter fertig, und die Frau hat auch viel mehr gehabt als sonst. Das Mädchen hat aber das Knäuel nicht wieder abgeholt und so bleibt es denn bei der Frau liegen bis zum Abend. Als es nun dunkel geworden ist und die Frau gerade in der Küche ist, kommt der Teufel im Schornsteine herunter, ein dickes Buch unterm Arme haltend, darin haben auch die Namen aller anderen Frauen im Dorfe gestanden. Nun fängt der Teufel mit der Frau zu unterhandeln an und sagt, da sie sich seines Geschenkes bedient hätte, so müsse sie sich ihm auch ergeben. Aber die Frau will anfangs nicht daran. Er hält ihr das dicke Buch vor und sagt ihr, daß so viele ihm sich schon verschrieben hätten, so viel Namen darin ständen, nun solle sie sich entscheiden und sich mit ihrem Blute[103] unterschreiben. Ja, sagte die Frau, der schon übel zu Mute wird, das könne sie so für sich nicht thun, da wolle sie erst ihren Mann einmal fragen, was der dazu sagte; er solle mittlerweile das Buch dalassen und morgen um diese Zeit wiederkommen. Darauf macht sich der Teufel fort und lässet auch gutmütig das Buch da. Abends spät, als der Mann zu Hause kommt, erzählt ihm seine Frau dies Stückchen mit dem Teufel. »Nein,« sagt der Mann, »daraus wird nichts. Morgen gehst du zum Pastor, der wird dir wohl Rat und That geben, wie wir uns zu verhalten haben.« Am andern Tage geht die Frau mit dem Buche hin zum Pastor, erzählt ihm ihre Angelegenheit und fragt ihn, wie sie sich dabei zu verhalten habe. Dabei giebt sie dem Pastor das Buch hin, das der Teufel dagelassen, und sagt zu ihm, daß sie sich darin unterschreiben solle, aber sie thäte es auf keinen Fall. Da nahm der Pastor eine Feder und schrieb in das Buch unter die Namen:


»Christi Blut und Gerechtigkeit

Ist mein Schmuck und Ehrenkleid.«


»Heute Abend,« sagte der Pastor, »wird nun wohl der Teufel um die Zeit wiederkommen. Legen Sie nur das Buch aufgeschlagen in die Küche und verhalten Sie sich ganz ruhig, Sie werden dann schon sehen was sich begiebt; thun kann Ihnen der Teufel nichts, der hat keine Macht an Ihnen.« Die Frau thut auch wie ihr geheißen ist und legt das Buch aufgeschlagen in die Küche. Abends zu der bestimmten Zeit kommt auch der Teufel wieder im Schornsteine herunter, aber schon ganz wütend. Als er das Buch sieht und das Geschriebene liest, thut's auf einmal einen Krach und ist zum Küchenfenster hinaus und mit ihm auch das Küchenfenster fort. Das Buch aber lieget noch auf der nämlichen Stelle und als die Frau es verbrennet, werden die übrigen Weiber, deren Namen darin mit Blut geschrieben ist, vom Teufel frei. Das Küchenfenster hat nicht wieder eingesetzt werden können und das Fensterfeld steht heute noch offen.[104]

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 101-105.
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