Nr. 261. Geisterkirche zu Stolberg.

[244] In Stolberg wird die Christmette zu Weihnachten am Christmorgen um halb sechs Uhr sehr feierlich gehalten. Eine alte Frau stand des nachts um zwölf Uhr auf und meinete schon die Zeit verschlafen zu haben, um zur Christmette zu gehen. Sie machte sich also mitten in der Nacht auf, sah auch schon die Kirche erleuchtet, die unter dem Schlosse am Berge lieget. Die Thüre stand offen, sie ging hinein und setzete sich in ihren Stuhl. Nach einer Weile drehete sie sich um, da sahe sie mehrere Bekannte als Geister um sich sitzen, die vor kurzem gestorben waren. Daran merkte sie erst, daß sie unter lauter Geistern saß und eilete aus der Kirche. Indem sie aus der Thüre ging, wurde diese hinter ihr zugeschlagen. Die Thür faßte ein großes Stück von ihrem Mantel, der wurde sogleich durchgerissen und das Stück vom Mantel am anderen Morgen auf dem Altare gefunden.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 244.
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