Nr. 119. Herzog Heinrich der Löwe und die Bergleute von Goslar.

[85] Es wütete im Jahre 1166 durch ganz Sachsenland ein groß Gewitter und Aufruhr, indem alle Fürsten wider Herzog Heinrichen von Braunschweig sich auflehneten und seine gar große Macht auf alle Weise zu mindern suchten. Und es wurden viel Soldaten gefangen, verstümmelt und viel Städte und Häuser zerstöret und verbrannt. Goslar hielt es mit den Fürsten, deswegen ließ der Herzog die Stadt blockieren, daß ihnen kein Proviant konnte zugeführt werden, und sie litten zu Goslar große Hungersnot.

Im Jahre 1168 wurde Herzog Heinrich durch Vermittelung des Kaisers Friedrich I., der insgemein Barbarossa oder der Rotbart genannt wird, mit seinen Feinden wieder[85] vereiniget und nur Witekind von Dasseburg allein blieb sein Feind. Wie die übrigen alle befriediget (beruhigt) waren, belagert er den Witekind in seinem Schloß Dasseburg. Weil aber der hohe Burgberg alle Bemühungen und Kriegswerke vergeblich machte, berief der Herzog arbeitsame Männer vom Rammelsberge, die ein schwer und bisher unerhört Werk anfingen und durchgruben den Dasseberg, und zu dem Innersten des Schlosses kommend, fanden sie einen Brunnen, daraus die Dasseberger ihr Wasser schöpften. Wie sie den verstopften, fehlte es den Schloßleuten am Wasser und ward der Witekind gezwungen, sich und das Schloß in des Herzogs Gewalt zu geben. Der übrigen Besatzung wurde frei gegeben, in ihr Land zu ziehen.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 85-86.
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