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[82] Bei der Mönchenlagerstätte war ein Hirt, der in seinem Herzen noch katholisch war, und betete noch einen Rosenkranz her. Da kam der Bischof mit einer goldnen Krone und ganz mit Diamanten geschmückt. »Gelobt sei Jesus Christus!« sagte er. In Ewigkeit, Amen, antwortete der Hirt. Der Bischof ließ sich von ihm das Versprechen der Verschwiegenheit geben, und trug ihm auf, in der Himmelpforte nach einer Schieferplatte zu suchen. Er solle Stiegen herunter gehn, mehrere Eingänge vorbei, bis er an's Ende des Ganges käme. Da würde er einen Schlüssel über der Thür hängen sehn, die Thür solle er aufmachen, dann würde er einen Tisch in der Mitte stehen sehn, darauf ein Buch mit Goldschnitt, dabei Juwelen, Gold und Silber. Der Hirt mit seinem Sohne geht hin, sie sehn Laternen, als sie in das Zimmer kommen ist da ein prächtiger Glanz. »Vater, laß uns die gluhen Dinger nehmen!« sagte der Junge. Sie nahmen Juwelen und die Tafel, gingen hinaus und gleich war Alles wieder überwachsen mit Gras. Am andern Tage brachten sie dem Bischof die Tafel. Der Bischof sagte: »du hast Juwelen genommen, [er hatte sollen nur Gold nehmen] und du wirst mich doch verrathen, dich wird dein Kind verrathen: vergrabt lieber die Juwelen!« Der Bischof sang nun an der Tafel eine Litanei; 100 Pfaffen standen um ihn her, der Bischof gab ihnen das Abendmahl und besprengte sie mit Weihwasser. Die Mönche legten ihn in seinem Schmucke wieder in's Grab und deckten den Sargdeckel wieder drüber. Alles war verschwunden.[82] Der Hirt durfte aber sein Mittagslager dort nicht wieder halten. Er kaufte sich noch ein paar Kühe. Der Bischof hatte ihm auch gesagt: von allem Vieh würde seins das fetteste sein. Er erregte aber durch seinen Wohlstand Verdacht und wurde als Hirt abgedankt. Es kam ein Hirt aus Wernigerode an seine Stelle, da ist viel Vieh verreckt, andres ward krank. Das hat der Bischof gemacht. Der andre wird wieder Hirt und das Vieh befindet sich im besten Zustande. Er hat zuletzt 20 Kühe und kommt deshalb in Untersuchung, die Diamanten werden dabei gefunden. Er gesteht alles auf der Tortur. Als der Schulze erfuhr, woher er seine Reichthümer hatte, ging er auch an die Stelle, gelangte auch richtig hinein, dann aber schlug sie hinter ihm zu.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 82-83.
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