Rübezahl ůberwindet einen unterirrdischen König.

[23] Man wil ingemein wenig davon halten / daß es auch unter der Erden solle Leute geben; welche ebenmässig ihre Regimentsarten[23] haben: Doch überzeiget folgende Geschichte die Zweiffelmütigen / und will die Sage /mit der Erfahrung bekräfftigen. Nemlich / es soll vormaln ein Handwercks Bursch über das Gebürge gewandert seyn / da es unter Wegens sich begeben / daß der Rübezahl in einer unbekandten Gestalt zu ihm gekommen / oder auff einen grossen Ochsen oder Brümmer zu ihn geritten; davon er balde herunter gestiegen / und sie mit einander unversehens / bey ein unerhörtes tieffes Erdenloch zu stehen gekommen; welches der Rübezahl vorher außgegraben gehabt. Hierbey hat er den Reise Gesellen mit sampt dem Ochsen stille stehen heissen; sagende: Halt mir hie meinen Brümmer / und weiche nicht von dannen: Denn ich habe allhier unter der Erde mit einem grausamen Erden-Könige zuthun / welcher mir eines Theils vor meiner Refier unlängsten hat wollen einnehmen; dafür ich ihn ietzt / oder er mich / lohnen will. Unterdessen[24] bleib du allhier behalten; und wenn du vermerckest / daß eine Ganß heraus stenget / so ist die Sache bald gut /und habe ich gewonnen Spiel: Wirstu aber inne wer den / daß eine Eule aus dem Abgrund hervor kompt /so nimb reiß aus / und reite mit dem Ochsen immer vor dich weg / so weit als du kanst / denn ich werde alsdenn das Feld verlohren haben: Und hierauff hatte der Gesell dem Rübezahl die Hand geben müssen /welcher darnach in den greulichen Abgrund gesprungen ist; Daraus er mit Verwunderung ein schreckliches Geschrey gehöret von Trommeln und Trompeten / also / daß dem guten Kerl die Haare zu Berge gestanden; wie er denn auch hierbey neben seines Lebens nicht sicher gewesen / in dem der Ochse so tyrannisch außgesehen / gebrüllet / mit den Hörnern in die Erde gestutzt / und mit den Pfoten in das außgegrabene Erdreich dermassen gescharret / daß er schier innerhalb[25] zwo Stunden die gantze Grube erfüllet / und wann es noch hätte länger sollen wären / alle Erde zu ihrem vorigen Ort gebracht hätte. Doch war es endlich geschehen / daß die Ganß hervor gefladdert gekommen / und darauff der Blutrüstige Rübezahl erfolgt; sprechende: Nun ist die Sache richtig / und habe ich meinen Widersacher in tausend Stücken zerhauen. Du aber / weil du mir so lange auffgewartet / und meine Küpper gehalten; so nimb das eine Ochsen Horn zu dir / und in deme hat er seinem Brümmer das eine Horn aus dem Kopffe gezogen / und dem Handwercks-Gesellen gegeben / welcher damit in Eyle weglauffen muste / Aber mercke / daß solches Horn sich eine Stunde oder etliche zutragen / der Mühe noch wohl verlohnet gehabt; weil der Bursche befunden / daß es hin und wieder mit Golde außgeleget / und ein köstlich Trinck-Geschirr gewesen / welches vielleicht die[26] alten Teutschen gebrauchet / und der Rübezahl von sie geerbet gehabt. Solches Hörnern Gefäß soll hernach auff eine vornehme Kunst-Kammer gekommen seyn / da dem Gesellen funfftzig Reichsthaler darvor gegeben worden. Und also hat sich dieses Horntragen noch wohl bezahlet gemacht / und der Ochsen-Dienst sich der Mühe ziemlich verlohnet.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 23-27.
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