XI

[332] Doch als er Tanjas Brief gelesen,

War Freund Onegin ernst bewegt,

Von dieses Kindes reinem Wesen

Im tiefsten Innern aufgeregt.

Er sah die kummerbleichen Wangen,

Ihr bittend Auge, florumfangen –

Und fühlte, wie ein süßer Bann

In seiner Seele Macht gewann.

Vielleicht war alte Sinnenliebe

Vorübergehend mit im Spiel –

Doch sträubte sich sein Ehrgefühl

Vor Mißbrauch keuscher Unschuldstriebe.

Nun schnell zum Garten, wo das Paar

Sich unverhofft begegnet war.
[332]

Quelle:
Puschkin, Alexander Sergejewitsch: Eugen Onegin. In: Gedichte, Poeme, Eugen Onegin, Berlin 1947, S. 332-333.
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